Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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Augenblick, als jener Königin der Städte durch einen

       Einfall heidnischer Seeräuber das fürchterlichste Unglück

       drohte. Da erhoben sich die gottbetrauten Männer,

       angeflammt durch die Rede des Hirtens der Christen,

       und erschüttert durch das Bedrängniß der Kirche,

       noch einmal zu Uebung ihrer Ritterpflicht; stellten

       sich an die Spitze der Römer, überwanden und

       züchtigten die Frevler, und kehrten mit Sieges-Trophäen

       zum Grab der Fürstenapostel zurück. Zum

       Lohne so herrlicher That erbaten sich die frommen

       Helden nun den Leib St. Quirins vom heiligen Vater

       zum Geschenke. Quirinus, ein Sohn Kaiser Philipps,

       hatte durch seine Mutter Severa zur christlichen Lehre

       hingewendet, durch Papst Fabian in die Kirche aufgenommen,

       den Umgang ihrer trefflichsten Bekenner

       durch zwanzig Jahre genossen. In ihrer Mitte blühte

       der heilige Jüngling, bis Claudius den Thron der Cäsaren

       bestieg, und die Verfolgung der Christen mit

       neuer Wuth begann. Da ward denn auch Quirin gewürdigt,

       ein Blutzeuge Christi zu werden. Der Kaiser

       ließ ihn ergreifen, peinigen, enthaupten und seinen

       Körper in die Tiber versenken. Doch ward der Leichnam

       durch einen Priester gefunden und in dem Kirchhof

       St. Pontiani bestattet. Aber bald verbreitete sich

       der Ruf der diesem Grabe entströmenden Wunder

       durch Rom und die Welt. Ja das Zutrauen der Römer

       zu St. Quirin war nun so hoch gestiegen, daß der

       Papst Bedenken nehmen mußte, in Adalberts und Otkars

       Bitte geradehin und öffentlich zu willigen. Doch

       versprach er den erbetenen Schatz einem Boten, den

       sie später senden sollten, unter dem Siegel des Geheimnisses

       zu übergeben. Beruhigt durch diese Zusage

       kehrten die frommen Brüder mit dem Segen des

       Papstes über die Alpen zurück. Und während sie nun

       hier beschäftigt waren, Alles für den Empfang des erwählten

       Patrons ihrer Stiftung zu bereiten, eilte ihr

       Schwestersohn Uto nach Rom, um das zugesagte

       Kleinod in der Stille zu erheben und über die Alpen

       zu geleiten. Dort, wo das Heiligthum den letzten

       Abend geruht, unfern des Sees, entsprang eine Quelle

       voll Heilkraft. So war denn schon die erste Stunde der

       Ankunft des Patrones segenbringend für die Gegend,

       alle Bewohner strömten im Festkleide dem Zuge entgegen,

       und geleiteten den Sarg mit Gebeten und Hymnen

       zur Salvatorskirche, wo er ruhen sollte, bis das

       neue Gotteshaus vollendet.

       Endlich, im siebenhundert vier und fünfzigsten

       Jahre der Geburt des Erlösers, ward die feierliche

       Weihe der Klosterkirche vollzogen. Die Bischöfe von

       Salzburg, Regensburg und Freising verherrlichten das

       Fest, und geleiteten an der Spitze der Priester, das

       Heiligthum aus dem Kirchlein in die Gruft des neuen

       Tempels. In dieser Stunde vollzogen auch die Stifter

       ihr Gelübde, der Welt für immer zu entsagen, vertauschten

       ihre Waffen mit dem Ordenskleide Benedikts,

       und legten den Stiftungsbrief nieder auf St.

       Quirins Altar. Der Papst, der König und der Fürst des

       Landes genehmigten die heilige Handlung, und nicht

       minder bestätigten sie den unter Leitung des Bischofs

       von den Mönchen einstimmig zum Abte gewählten

       Graf Adalbert, in dieser seiner neuen wohlverdienten

       Würde.

       67. Der Traam.

       Von F . v . K o b e l l . – Sage vom B i r k e n s t e i n ,

       Wallfahrt bei F i s c h b a c h a u i n O b e r b .

       Es hat amal an' Diendl traamt,

       Sie hätt' si' in an' Wald verganga,

       Und is ihr da, hat nie g'wißt wie,

       A Graus'n kemma und a Banga;

       Und wie se si' so g'forcht'n hat,

       Da hört s' in Laabern 'was rebell'n,

       Und kimmt a Wolf nett auf sie her,

       Als wollt er ihr n' Weg verstell'n.

       Und in der Angst da hat sie g'lobt,

       Zu'n Birkastoa' a Wallfahrt z'macha,

       Da is der Wolf gar g'schwind davo'

       Sie hat scho' gmoa't, er hätt' s' in Racha', –

       Und wacht na' auf und hat wohl g'schnauft

       Und hat lang denkt an ihra Traama

       Und an den Wolf, und wie's wohl waar,

       Wann s' ebber amal so 'zammakaama.

       Und ob s' die Wallfahrt macha sollt',

       Hätt s' freili grad in Traam versprocha,

       In selli Sach'n aber moant s',

       Da waar halt leichtli' 'was verbrocha.

       Sie fragt an' Holzknecht, der hat oft

       Sein Retsl1 kocht in ihra Hütt'n,

       Der ab'r is gwest a Teufisstrick

       Koa Freund von Bett'n und von' Bitt'n.

       »Jetzt roas' mit deiner Wallfahrt da,

       So sagt er, is da' ja nix g'schegn,

       Was werst denn bett'n weg'n an Wolf,

       Hast deiner Lebta' no' koan g'segn. –«

       Dees Diendl aber, woltern frumm,

       Hat denkt, es kunnt' ja nie nix schad'n,

       Wann s' ebber gaang, sie kaam so mehr

       Bei unsrer lieb'n Frau in Gnad'n.

       So geht s' halt hi' gon Birkastoa'

       Und thuat ihr Andacht wohl verricht'n,

       Und fröhli' na' geht s' wieder hoam,

       Hat denkt an manchi Wunderg'schicht'n.

       Und wie s' am Kuhzack auffi kimmt,

       Da thuat der Holzknecht Baam ausstocka,

       Der lacht s' wohl aus und sagt dazu:

       »Host oan dawischt an' Wunderbrocka? –«

       Kaam aber, daß dees Wort heraus,

       So rühr'n si' die nächst'n Bosch'n,

       Und wüethi' rumpit her a Wolf,

       Da ist den oan der Mueth verlosch'n,

       Da san s' wohl g'loffa alli zwee,

       A Wolf kann aber besser laaffa,

       Den kimmst nit aus, wann er grad mag,

       Hilft a koa' Wihr'n und koa Raaffa.