Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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Horch! da kams durch Busch und Zweige.

       'S ist der Feind! – Empfiehl die Seele! –

       Daß der Haß in Blut sich neige,

       Schmiegt zur Sehne sich der Pfeil.

       Und es trat aus dunklem Laube

       Hell hervor im Himmelsglanze,

       »Wie? das sind des Feindes Züge?!

       Schläft der Haß in diesem Blick?

       Ja! sie sind's die Augensterne,

       Rache flammend aufgegangen

       Wie? das Sternbild strahlet heute

       Mild im liebevollem Glanz?

       Ja! sie sind's die dunklen Locken,

       Die mein Unglück arg umrankten,

       Wie? in die verwünschten Banden

       Jagt mich jetzo süße Lust?

       Ist der Schmerz denn in die Freude,

       Ist die Rach' verkehrt in Sehnen,

       Ist der Trotz verthaut in Thränen

       Und der Haß gelöst in Lieb'?

       Weib in deiner Zauberschöne

       Ob du lächelst, weinest, tödtest, –

       Jagdbewehret, kampfgerüstet,

       Gleich der Heidengöttin dort. –

       Cunos Tochter, Adelheide

       Wärst du? Ja! das sind die Züge!

       Rollt nicht in der Jungfrau Busen

       Auch des Vaters böses Blut?!

       Sind nicht ihre Blicke Pfeile,

       Die den Weg zum Herzen finden,

       Die die Rache kühn bezwingen

       Und ertödten allen Haß?

       Weh! was ich im Vater hasse,

       Liebend tritt mir's hier entgegen,

       Lieb' ich, was ich sollte hassen,

       Haß ich, was mir liebend naht?«

       Schönheit hat die schärfste Waffe;

       Diesen Blicken stirbt sich's selig; –

       Senk den Speer und brich die Pfeile

       Ernster Jäger tief im Wald!

       2.

       »Niemals ruh'n will ich, noch rasten,

       Bis der Feind, der Nachbarritter,

       Flüchtig geht', der ärmste Bettler

       In der Bayern reichem Land.«

       »Feindlich stehn die beiden Burgen,

       Hoch auf Felsen hie und drüben,

       Starrt dieß unversöhnte Herz.

       Feindlich wie der Bau der Felsen.«

       Also sprach auf hoher Veste

       Cuno ernst, die finstern Brauen

       Runzelnd und mit scharfen Blicken

       Spähend nach dem fernen Forst.

       »Kehrt die Tochter noch nicht wieder,

       Die mit mir zum Wald geritten

       Auf dem blüthenweißen Zelter

       In das heitre Spiel der Jagd?«

       »Hat der Knapp' sie nicht gefunden,

       Der da naht, der altergraue,

       Trüben Blicks gesenkten Hauptes

       Vor das Thor der Mögling-Burg?«

       »Zäume frisch den schnellsten Rappen

       Rasch zurück zum düstern Walde; –

       Bricht mir doch das Herz vor Grauen

       Um mein einzig, theures Kind!«

       3.

       »Wehe! daß ich Vater heiße

       Und die Tochter schnöd' verloren,

       Weh! die mürbe Kraft zerschmettert',

       Weh! in Schand erbleicht dieß Haar!

       Kind! wie hab' ich dieß verschuldet,

       Daß du flohst vom lieben Vater

       Und dem Todfeind, dem verhaßten,

       Am Altar gereicht die Hand?

       Hab' dich, als du warst geboren

       Freudevoll an's Herz gehoben,

       Meine Lieb' war deine Wiege,

       Deine Untreu' wird mein Sarg.

       Alle Liebe hab' ich wuchernd

       Dir allein nur zugewendet,

       Daß kein Deut mir überblieben

       Für die große, weite Welt.

       Fluch dem Wahn, der mich betrogen,

       Dem geliebten, süßen Wahne,

       Daß an meinem Sterbebette

       Trauernd stünd' ein liebend Kind.

       Einsam in der öden Halle

       Werd ich mich zur Ruhe legen,

       Keine Thräne rinnt mir labend,

       Und sie brechen unsern Schild.

       Denn wenn sie zur Gruft mich senken,

       Wird mein Stamm mit mir begraben;

       Nur der Haß, der wechsellose,

       Sitzt dann treu an meinem Sarg.«

       4.

       In der Kammer eng und traulich

       Koset Marquard mit der Lieben,

       Kurze Stunden, kurze Monden

       Auf dem festen Marquardstein.

       Sind die Liebenden gefangen,

       Daß sie nie in's Freie wandeln,

       Liegt wohl in des Schlosses Mauern

       Eng in Grenzen ihre Welt?

       Nur die Lieb hält sie gefangen

       Nur das Glück schlägt sie in Fesseln,

       Nur die Wonne ist ihr Kerker,

       Und ihr Himmel ist das Herz.

       Aber in der Rose Kelche

       Schläft der Haß, die gift'ge Schlange,

       Harrend, bis der helle Morgen

       Froh der Blume Brust erschließt.

       Auf der Rose liegt von Thränen

       Schwerer Thau, der eisig lastet,

       Vaterfluch zehrt an den Keimen,

       Vaterschmerz beugt tief den Kelch.

       Zweier Monde barg sie heimlich

       Marquardstein, die Burg des Ritters;

       Schläft wohl jetzt des Vaters Rache,

       Hat der Fluch noch immer Kraft?

       Und es zieht sie mächt'ges Sehnen

       Aus dem Schloß zu Lenzesauen,

       Einmal wieder dort zu wandeln,

       Wo sie sich zuerst gesehen,

       Wo der Pfeil mit süßen Schmerzen

       Schütz und Opfer sanft getroffen,

       Wo auf Zwei beglückte Herzen

       E i n e Liebessonne schien.

       Das ist Blühen! das ist Duften

       In der schönen Zeit des Maien,

       Spiegelt nicht die klare Welle

       Sonn' und Glück im reinen Blau?!

       Doch im Westen fern und drohend