Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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er heut auf der Alm sie

       beschützen, damit ihr kein Leid geschehe. Aber Kathei

       lachte und meinte, sie brauche ihn nicht zum Beschützer,

       und bestand darauf, daß er ihr das Edelweiß

       hole.

       Der gute Lenzei bestieg die Berghöhe des Göhl, wo

       das Edelweiß gedeiht, und je größer er Blüthen sah,

       desto mehr pochte sein Herz vor Freude. Schon

       glaubte er sich im Besitz manch' schöner Blüthe, die

       er an gefahrvoller Felswand gepflückt und womit er

       Kathei zu überraschen gedachte, da sah er am äußersten

       Felsrand ein ungewöhnlich großes Edelweiß. Das

       mußte ihm, wie er wähnte, das Herz der geliebten

       Aelpnerin sicher wieder ganz zuwenden. Nicht sah er

       die Gefahr, nur die Blüthe erblickte sein Auge. Er

       nahte dem Edelweiß, brach die schöne Blüthe, aber

       der einstürzende Felsenrand nahm ihn mit sich hinab

       und zerschmettert an den unzählig hervorstehenden

       Felsspitzen stürzte er todt in den Abgrund.

       Als er zur Sennhütte nicht wiederkehrte, da ahnte

       die treulose Aelpnerin, was geschehen, und schloß

       sich furchtsam in des lachenden Jägers Arme.

       Und wie schon die Nacht düster und dunkel wurde,

       da wurde es geräuschvoll um die Sennhütte und von

       Herzog Friedrichs von Bayern Soldaten drang eine

       Schaar, die den Weg über die Mordau genommen,

       herein, stießen den Jäger und die Sennerin nieder und

       thaten sich wohl im Milchkeller des Kasers. Sterbend

       errinnerte sich noch Kathei, wie Lenzei sie zu retten

       gekommen war, und reuevoll erkannte sie des Himmels

       heilige Rache. Ihre letzten Worte waren noch ein

       reuevoll Gebet; des Jägers letzter Laut aber war – ein

       Fluch.

       Seitdem aber heißt die Alpe M o r d a u und behält

       den Namen wohl auch für immer.

       Fußnoten

       1 Das Edelweiß ist eine der Lieblingsblumen der Gebirgsbewohner,

       und bildet ihre schöne, weiße Sammtblüthe,

       welche sich Jahre lang hält, die Hauptzierde

       auf dem Hute der Gebirgsbäuerinnen.

       64. Der König Wazmann.

       Erzählt von F. E n g l e r t . – Vgl. M a ß m a n n a.a.O.

       L. B e c h s t e i n , die Volkss. Oesterreichs, I., 67.

       A u e r b a c h e r Volksbüchlein I., 123.

       Es herrschte einmal vor alter Zeit im Berchtesgadener

       Lande ein König, Namens Wazmann. Derselbe liebte

       weder Menschen noch Thiere, und süße Lust war es

       seinem grausamen Herzen, die Menschen zu quälen

       und die Thiere zu martern. Darum war auch die wilde

       Jagd seine höchste Freude, wo ihn Rüdengeheul und

       Hörnerschall umgab, daß die Wälder davon widertönten.

       Doch nicht allein er, auch Weib und Kind fanden

       hohe Lust an der wilden Hetzjagd, wenn die dampfenden

       Rosse unter ihnen zusammenstürzten, und das

       todtgehetzte Wild von den Hunden zerfleischt wurde.

       So ging es Tag und Nacht, sonder Ruh und Rast, über

       Stock und Stein, bergauf und ab, der Saat des Landmannes

       spottend. Lange Zeit trieb er es so, aber Gottes

       strenges Strafgericht ereilte den Gottlosen.

       »Halloh, hinaus zur wilden Jagd!« tönte es einst

       wieder durch den Schloßhof; die Hörner schallten, die

       Rüden heulten, und bald ging es mit Weib und Kindern

       wieder dahin in wildem Zug. Im Dämmerlicht

       sieht der König ein Mütterlein, die Enkelin auf dem

       Schooß, und lenkt sein Pferd vor die Hütte hin, daß

       Reiter und Roß sie zerstampfte. Und wie der Bauersmann

       und sein Weib aus der Hütte trostlos traten, um

       die sterbende Mutter im Hause zu betten, da hetzt der

       König die schnaubenden Rüden auf sie, daß auch sie

       unter den Zähnen der Bestien verscheiden. Lachenden

       Blicks sieht der König zu, und mit ihm die Gattin und

       Kinder, wie sterbend im Blute Menschen sich winden.

       Da hebt das Mütterlein mit gebrochenem Blick

       empor die zerfleischte Rechte und flucht fürchterlich

       im Sterben dem König und der Königin mit ihren sieben

       Kindern, daß sie die Strafe der Gottheit erreiche

       und in Felsen verwandle. Und die Erde erbebt, der

       Sturmwind braust, als ob das Weltende gekommen;

       Feuer sprüht aus dem Schooße der Erde und wandelt

       Vater, Gattin und Kinder zu riesigen Felsen um.

       So steht Wazmann mit Gattin und sieben Kindern

       in riesige Felsen verwandelt, und blickt als ewiges

       Wahrzeichen herab in's Berchtesgadener Land.

       65. Der Ritter vom Marquardstein.

       Von E d u a r d D u l l e r . – M a r q u a r d s t e i n

       über dem Dorfe gl. N. südlich vom C h i e m s e e

       gelegen – H u n d metrop. III., 81. F a l k e n s t e i n ,

       Geschichten des Herz. Bayern, II., 481. u.A.

       1.

       Tief im Wald mit Pfeil und Bogen

       Sitzt der Ritter finster lauernd,

       Spähend nach dem blut'gen Ziele

       Von dem Morgen bis zur Nacht.

       »Hei! das ist ein seltsam Jagen

       (Ruft er) – nach dem Edelhirschen;

       S e l b s t g e h e t z t in bösen Tagen

       Lüstet's mich nach sichrem Ziel.«

       »Cuno! Cuno! böser Waidmann,

       Sag', warum du mich befehdet,

       Aus dem Eigen schnöd vertrieben; –

       Arger Nachbar! sieh dich vor! –

       Hast du mir doch nichts gelassen

       Als den Wald, das Haus der Eule,

       Als den Bogen und die Pfeile

       Und den nimmersatten Haß.

       Diesen Forst wirst du durchjagen,

       Komm! ich harre – laß nicht warten!

       Sieh! die Rache spannt den Bogen

       Und der Haß wetzt diesen Pfeil.« –

       Ritter Marquard sprach's im Forste

       Schärfend seines Pfeiles Spitze,

       Lauerd nach des Feindes