Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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»Ja Wandeln hin und Wandeln her,

       Hat wild der ander gsagt,

       A Gamsbock ischt mer allweil mehr,«

       Und hat sein Stutzn 'packt.

       Und weiter steign s' über 's Eck

       Und schaug'n in Graben 'nei.

       Da steht a starker Gamsbock drinn,

       Der werd bald ihna sey'.

       Da schießt der oa', er fallt no' nit,

       Der ander aa zünd't o',

       Und auf die Schuß, da hat's an Hall,

       Als wie a Dunner tho'.

       Als schlüg a Weterstroach grad ei',

       Was dees bedeut'n soll?

       Die Schützn rumpin in anand,

       'S is ihna nimmer wohl.

       Denn schau der Bock in Grabn drunt'

       Werd zozet wie a Bär,

       Die Krikln werrn großi Horn

       Und feuri' schaugt er her.

       Dees is koa Gamsbock gnad' da Gott,

       Dees muaß der Teufi sey', –

       Da packn gschwind die Jaga 'zamm

       Und laafa woltern fei.

       Auf oamal aber laßn s' aus,

       Es werrn d' Füß so schwaar,

       Und grad als wann der jüngsti Tag

       Auf Erdn komma war,

       So ziegt a Nacht im Weter 'rei.

       Koa Schrittl kinnes geh',

       Und' Blut is worn so kalt und starr,

       Als sollt's auf ewi' steh'.

       Und horch in Weterstum da hallt

       A Schroa weit über's Land, –

       Da war a grausi Wandlung gschegn,

       Verhängt von Gottes Hand. –

       Wohl wieder drunt zum Betn läut't

       Dees Glöckl aus der Fern',

       Die drobn aber warn Stoa',

       Sie kinne's nimmer hör'n.

       Bei Salzburg steht a hocher Berg,

       Der Staufn, wer'n kennt,

       Da san zwoa langi Fels'n obn,

       Die stoanern Jager gnennt.

       Die Fels'n stenga heut no' da,

       Als Zoacha von den G'richt, –

       Der Kruag, schau, geht so lang zum Brunn',

       Bis er amal dabricht.

      Kapitel 4

      61. Das Weidwiesenweiblein bei Reichenhall.

       L. S t e u b aus dem bayr. Hochlande. S. 170.

       In den Jahren 1782 und 1783 ging in hiesiger Gegend

       viel Gerede von dem Weidwiesenweiblein. Es war

       dieß ein ganz winziges Weiblein mit schwarzem Gewande

       und mit einem kleinen Tiegel in der Hand, in

       welchem ein Lämpchen brannte. Das Gesicht sah man

       nicht, man meinte eher, sie hätte keines, denn ein großer

       Hut lag ganz flach auf ihren Schultern. Wenn nun

       die Leute bei Nacht über die Weidwiesen nach Hause

       gingen, so war oft auf einmal, und ohne daß man

       sehen konnte, woher es gekommen, das Weidwiesenweiblein

       da, ging nebenher und leuchtete ihnen. Dieß

       that sie meistens recht getreulich und zuverlässig, zuweilen

       aber, wenn es ihr so ankam, führte sie die

       Leute an ganz abgelegene Oerter, wo sie gar nicht hin

       wollten, ließ sie da stehen, und war nicht mehr zu erschreien.

       Sie sprach nichts und doch hatte Niemand

       einen Schrecken vor ihr, vielmehr kam es allen so vor,

       als wenn es so sein müßte, gab ihr auch Niemand

       einen Dank für ihre Begleitung. Einmal aber zerbrach

       einem Fuhrmann in finsterer Nacht beim Kalkofen ein

       Rad, und da stand plötzlich das Weiblein neben ihm

       und leuchtete mit einem Lämpchen. Dem Fuhrmann

       war dieß ein großer Trost und er sagte deßwegen:

       »tausend Dank!« Darüber sprach das Weiblein voller

       Freuden: »Hätte an einem Dank schon genug gehabt;

       jetzt sieht mich Niemand mehr,« und war verschwunden.

       Hatte auch ganz Recht, denn von dieser Stund'

       an hat sie Niemand mehr gesehen.

       62. Spucksagen von der Wegscheid bei

       Reichenhall.

       L. S t e u b a.a.O. S. 173.

       Ein Schneiderssohn von Unken ging einmal mit seinem

       großen Fanghunde bei Mondenschein über die

       Wegscheid. Da sieht er plötzlich einen schwarzen

       Mann neben sich, der in gleichem Schritt und Tritt

       mit ihm geht, aber kein Wort spricht. Der Fanghund

       voll Schrecken, läuft auf der Stelle davon. Der

       Schneiderssohn zieht Messer und Gabel aus seiner

       Hosentasche und bewehrt sich damit, traut sich aber

       vor Entsetzen nicht, den Schwarzen anzureden. Dieser

       blieb auf der Säumerbrücke stehen, der Schneidersohn

       aber kam todtenbleich, Messer und Gabel noch

       krampfhaft in den Fäusten haltend, in's Wirthshaus zu

       Schnagelreit, und nahm Nachtherberge daselbst, wollte

       auch um tausend Gulden nicht mehr weiter gehen. –

       Etwas anderes Seltsames hat sich vor zehn oder zwölf

       Jahren mit dem Knecht im Kaitl, Lenzl Niederberger

       zugetragen. Dieser war nämlich auf Vorspann gewesen,

       und ritt mit seinen zwei Pferden bei hellem Mittag

       über den Allerseelenbühel, nahe an der Wegscheid,

       heimwärts. Da stürzt auf einmal ein langer,

       dicker Baumstamm, oben und unten abgesägt, aus

       dem Gebüsch heraus auf die Straße, und schickt sich

       an, ihm nachzukugeln. Der Niederberger schlug nun

       kurzen Trab an, aber auch der Baumstamm beeilte

       sich, und als jener hielt oder langsam ritt, that es ihm

       auch der Baumstamm nach, also, daß er immer eine

       Spanne hinter den Pferden daherkollerte. Dieß kam

       dem Lenzl gar zu absichtlich vor, und da er einen

       Spuck vermuthete, auch jählings einen Schrecken

       fühlte, so sprengte er im Galopp den Berg hinab bis

       in's Kaitl, wobei er den Baumstamm noch lange in

       wilder Hatz hinter sich dreinjagen hörte. Gleich darauf

       ging er mit den andern Knechten hinaus, um nachzuspüren,

       konnte aber von dem Baumstamm nichts

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