Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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dem Thor

       herauswärts zur rechten Hand ist ein alt Gewölbe oder

       Keller in die Erden hinein, dafür liegt ein sehr großer

       Stein, darinnen liegt ein sehr großer eiserner Kasten

       mit einem unglaublichen Schatz von Gold, Silber und

       Kleinodien, dieser stehet auf einem viereckigten kupffernen

       Kessel, der ist voll gemischter Gulden einer

       Elle hoch und breiter dann eine Elle, obenauf stehet

       ein Kupfern Gefäß, darin ist eine güldene Crone und

       schöne Kleinodien von Edelgesteinen, so ehemals die

       Herren von Losburg einem König abgeraubet und

       dahin vergraben, wie das Schloß ist zerstöhret worden.

       Wann du ihn suchen wilst, so suche ihn unter der

       Staffel, da ist ein viereckigt Loch, darinnen der Schatz

       stehet, darum müssen die Staffeln von oben herab bis

       auf den Grund zur untersten abgebrochen werden. Am

       Sonntag Epiphanias ist er am besten zu heben. Probatum

       est. Carnero.«

       Wie bei den Sagen von den goldenen Kirchen und

       Kapellen im Innern der Berge, so ist auch hier der

       Kern der G o l d r e i c h t h u m des Ochsenkopfes

       oder Fichtelberges, der sich in mancherlei Sprüchen

       und Symbolen im Volke ausspricht.

       Eine alte Begebenheit wird erzählt, welche sich an

       diese abenteuerlichen Uebertragungen anknüpft.

       Ein Venetianer, der häufig das Fichtelgebirge besuchte,

       kehrte oft bei einem Landmanne in Wülfersreuth

       ein, welcher ihn gastfreundlich aufnahm und

       ihm bot, was er vermochte. Einstmals nun kam er

       wieder, jedoch um für immer Abschied zu nehmen.

       »Ich kehre jetzt in meine Heimath zurück, um die

       Früchte meiner langjährigen Mühen friedlich zu genießen,

       « sagte er, »und werde wohl nie mehr deine

       gastliche Schwelle überschreiten. Wenn du jedoch

       einst irgend ein Anliegen auf dem Herzen hast, so

       komme zu mir in das ferne Venedig, und ich will dir

       von deinem Kummer helfen. Ich glaube, ich werde

       dich noch bei mir sehen.« Er schied. Und siehe, nach

       Jahren zogen schwere Wolken über das kleine Haus,

       so daß der besorgte Mann keinen Retter mehr wußte

       aus Noth und Sorgen, als seinen alten Freund in

       Welschland. Da machte er sich auf, pilgerte hinab gen

       Süden und erreichte glücklich die große Meerstadt.

       Nun ward ihm aber bange, als er die weiten Straßen

       beschaute; wie wollte er seinen Freund ausfindig machen,

       dessen fremden Namen er längst vergessen? Als

       er jedoch in halber Verzweiflung die köstlichen Paläste

       ringsum anstarrte, da rief es plötzlich aus einem

       derselben: »Hans, Hans!« und ein reichgeschmückter,

       vornehmer Mann stürzte heraus, um den Staunenden

       zu umarmen. War das der Venediger in den schlechten

       schwarzen Kleidern, den er einstens beherbergt? –

       Er war es und hatte ihn in seiner Fichtelberger Tracht

       sogleich wieder erkannt; und er führte ihn hinauf in

       die herrlichen Säle voll Pracht und Reichthum, die

       den armen Waldmann glauben ließen, Alles sei ein

       Traum, und vergalt ihm nun Alles tausendfach, was er

       dem Fremdling einst in seiner Heimath Gutes gethan.

       Reich beschenkt kam er zurück und führte von da an

       ein sorgenfreies Leben. –

       Zur Erzählung dieser Sage von L. Z a p f noch eine

       Bemerkung des B r u s c h i u s . Aus der Wahlensage

       erklärt sich das Sprichwort, das sich dergleichen

       Goldsucher etwan haben hören lassen, nämlich, d a ß

       m a n a n u n d um d e n F i c h t e l b e r g

       e i n e K u h w e r f e m i t e i n e m S t e i n ,

       d e r S t e i n s e i a b e r b e s s e r d e n n d i e

       K u h . Da man jedoch seit Jahrhunderten weder die

       in den Sagen bezeichneten Goldgänge finden, noch

       die Steine zu Gold brennen konnte, so verbreitete sich

       der Glaube, daß das Gebirge verwünscht sei, und

       seine Schätze von Berggeistern verschlossen gehalten

       würden. Daher ist ein mit einer goldenen Kette und

       starkem Schloß verwahrter Berg das Sinnbild des

       Fichtelberges. Doch können nach der Volkssage diese

       Schätze dereinst von frommen und einfältigen Menschen

       erhoben werden. Denn am Sankt Johannistag

       öffnet sich

       157. Die Geisterkirche auf dem Ochsenkopf.

       Von L u d w i g B r a u n f e l s . – Ausf. Beschr. des

       Fichtelberges S. 69. G o l d f u ß u. B i s c h o f a.a.O. I.,

       302. J.v. P l ä n c k n e r Piniferus S. 141.

       Am Sankt Johannismorgen steigt

       Ein Knab' zum Fichtelberge:

       Das ist der Tag, der offen zeigt

       Den goldnen Schacht der Zwerge;

       Und wer da fühlet kecken Muth,

       Mag rauben aus der Geister Hut,

       Weß' ihm das Herz gelüstet.

       Der Knab' erklimmt in Sprung und Lauf

       Die steilsten Bergeshänge;

       Und wie er hört vom Dorf herauf

       Der Glocken Morgenklänge,

       Da fällt des Frühroths erster Schein

       Wohl auf das kalte Felsgestein

       Mit wunderbarem Glänzen.

       Und eine Blum' im Goldgewand

       Steigt auf am steilsten Orte;

       Er pflückt sie; und die Felsenwand

       Zeigt plötzlich eine Pforte.

       Und von der Blume kaum berührt,

       Springt auf das Eisenthor; es führt

       Hinein zur Geisterkirche.

       Auf Silbersäulen dringt empor

       Gewölbe von Rubinen;

       Ein Hochaltar steht dort im Chor,

       Vom Himmelslicht beschienen.

       Aus jeder Nische goldner Glanz!

       Von Säul' zu Säulen schwebt ein Kranz

       Aus Perlen reich geflochten.

       Ein Priester Segensworte spricht

       Zum frommen Volksvereine;

       Doch sieht der Knab' den Priester nicht,