Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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alt.

       Daß ihr mich habt erreichet, half List euch mehr als

       Kraft,

       Im gleichen Waffentanze hätt' ich mich euch entrafft.«

       Und hin zu seinem Rosse ging er mit stolzem Gang,

       Das dem gewohnten Helden das Haupt

       entgegenschwang;

       Hell sprühen seine Augen, die Mähne flattert hoch,

       Es scharret wild im Boden, daß weit der Sand entflog.

       »Ihr seid ein kühner Reiter,« sprach drauf der Herr

       von Stark,

       »Wer solchen Hengst besteiget, darf sein nicht

       schwach von Mark;

       Von uns blieb Keiner oben, so reitet ihn mir vor,

       Ihr werdet nicht entrinnen, verschlossen ist das Thor.«

       Der Alte löst die Zügel. Keck schwingt der Held sich

       auf,

       Es dreht sich rasch im Kreise der Hengst zu

       schnellem Lauf;

       Hoch wirft er seinen Nacken und freut sich seiner

       Last,

       Und rasch hat auch der Reiter den feinsten Plan

       erfaßt.

       In immer weitern Bogen spornt er das edle Roß,

       Daß weit zurück sich wendet der gaffenden Knechte

       Troß.

       Der Alte freut sich weidlich; Eins scheut hier Roß und

       Held,

       Er denkt an die Gestalten der fabelhaften Welt.

       Der Reiter nimmt die Länge des Hofes fest in's Aug',

       Er scheint sich zu gefallen in edler Reitkunst Brauch.

       Doch späht verborg'nen Blickes er über des Grabens

       Rand,

       Sein Herz sehnt rachedurstig sich nach dem freien

       Land.

       Er wagt's! des Thieres Sehnen darf er gewiß vertrau'n,

       Auf seiner Hufe Fliegen den Plan der Freiheit bau'n;

       Jetzt rasch im wilden Sprunge zur Mauer mit Gewalt

       Sprengt er und über den Graben, daß Huf und Stein

       erschallt.

       »Soll's gelten Tod und Leben, so gelt' es dir und

       mir!«

       Es flog wie durch die Lüfte ein Pfeil das edle Thier,

       Und glücklich hat er jenseits des Grabens Rand

       erreicht,

       Als den erstaunten Bürgern der Schreck die Wange

       bleicht.

       »Der Teufel sitzt im Rappen!« – ruft die verblüffte

       Schaar,

       Kaum weiß der Bürgermeister, wie's recht geschehen

       war.

       »Bei Gott! der ist entronnen selbst bei verschloss'nem

       Thor,

       Rasch auf zu Roß, ob einer dem Flüchtling kommt

       zuvor.«

       »Der Rath wird schwer den lohnen, der ihn, wenn todt

       auch, fängt« –

       Und Alles rasch auf Pferden zum Thor hinaus sich

       drängt.

       Wie Donner hallt die Brücke, die Rosse fliegen wild,

       Es jagt die Schaar zerstreuet in's niedere Gefild.

       Der Ritter hört der Rosse und Reisigen Geklirr,

       Ihr Fluchgeschrei umtobet ihn rechts und links so

       wirr.

       Ihm fehlet Schild und Lanze, die Faust vermißt das

       Schwert,

       Nur durch des Renners Eile ist Rettung ihm beschert.

       Er rast mit Windesflügeln den wohlbekannten Pfad,

       Nichts hemmt den kühnen Flüchtling, des Rosses

       Sprung schafft Rath;

       Doch scheint es zu ermatten, es stöhnt in Staub und

       Schweiß,

       Den Ritter packt's mit Grausen, das Blut wird ihm so

       heiß.

       »Greif aus, mein Rapp', mein Retter! – greif aus zum

       letzten Ritt,

       Laß mich nicht elend sterben, der Ruhm mit dir

       erstritt,

       O hauche nicht dein Leben vor meiner Grenze aus! –

       Dort ragen meine Thürme, Glück auf, wir sind zu

       Haus!«

       Und vor der letzten Brücke, mit Schweiß und Blut

       bedeckt,

       Das Roß todtmatt im Grase die starken Glieder

       streckt;

       Doch oben grüßt den Ritter sein sich'res Gailenreuth,

       Man kennt ihn, lautes Jauchzen ihm Gruß

       entgegenbeut.

       Ist es der todt Geglaubte, der längst gesuchte Held? –

       Wie an der Mühle Steinbank er keuchend niederfällt,

       Vermag er kaum zu sprechen: »Sorgt nur für meinen

       Hengst,

       Denn wär' er nicht gewesen, ich wär' gestorben

       längst.«

       Das Roß hebt Kopf und Augen zu seinem Herren auf,

       Der trauernd denkt, hier endet das Thier den letzten

       Lauf;

       Die Nüstern schnauben matter. – »Hab' Dank,«

       spricht Eppelein,

       »Mein Retter, du sollst ruhmvoll allhier begraben

       sein.«

       152. Eppelins Roß.

       G.v. H e e r i n g e n , Franken S. 126.

       Eine schöne, adelig gekleidete Frau mit drei Knaben,

       die sie umsprangen, und einem Mägdlein, welches sie

       an der Hand führte, kam den Burgpfad herab und

       setzte sich auf die Bank vor der Sachsenmühle. Aber

       so schön sie war, tiefer Kummer wohnte in ihrem

       Antlitz und Thränen rieselten, wie sie da saß, über

       ihre Wangen. »Springt nur,« sagte sie zu den Knaben,

       »ihr seid doch arme Waisen. Euer Vater wird nimmer

       zurückkehren aus der Haft, denn den Tod hat ihm die

       Reichsstadt geschworen. Ach, vielleicht lebt er schon

       nicht mehr, denn sie machen gar kurzen Prozeß da

       drinnen gegen gefangene Ritter.« Und kaum hatte sie

       das Wort gesprochen, als aus dem Dickicht ein Mann

       hervorbrach, athemlos und mit verstörten Zügen. Sein

       eilender Gang war nach der Mühle gerichtet, an deren

       kleines Fenster er heftig klopfte. »Brod!« rief er der

       Müllerin entgegen, welche erschrocken heraussah,

       »Brod und Wein! und Linnen zum Verband! Geschwind,

       Weib! eilet euch, es ist kein Augenblick zu