Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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an, ihr Brautkuß ist das Siegel

       Das ihn in Fesseln schlägt; sein Busen schwillt vor

       Stolz.

       Er schwelgt im höchsten Glück, im seligsten

       Entzücken,

       Er schwört's: es soll mich nichts zur Heimath mehr

       entrücken,

       Zur alten Hütte schlecht von Holz! –

       Doch bald ist er am Gold- und Edelsteine-Schimmer,

       Am reichsten Glanze satt, er reizt und lockt ihn

       nimmer

       Manch unerfüllter Wunsch tritt bitter in sein Glück.

       Mit längst gewohnter Pracht will neue Sehnsucht

       streiten,

       Er mißt in banger Furcht langweil'ge Ewigkeiten,

       Und nie, o nie darf er zurück!

       Des Taumelkelches Schaum ist raschen Zugs

       verflogen,

       Um wahre Seligkeit sein Herz so kalt betrogen,

       Nun düstert sich sein Blick selbst auf dem gold'nen

       Thron,

       Vom vollen Marmortisch, von der Geliebten Seite,

       Von ihrer Elfen Tanz zieht Schwermuth ihn in's

       Weite;

       Doch nie, o nie darf er davon!

       »O laß mich noch einmal die Sonne an dem blauen,

       Am nächt'gen Himmelszelt die gold'nen Sternlein

       schauen,

       Bei lust'gem Hörnerklang im Wald mich jagen früh;

       Und dann im Abendroth umarmen die Geliebte,

       Die mit so heiterm Wort mir jeden Schmerz

       zerstiebte, –

       Sie liebt ich – Königin, dich nie!«

       Ein lauter Todesschrei entringt sich der Getäuschten;

       Indeß die Gnomen all' ihn täppisch roh umkreisten,

       Die Elfen jammernd steh'n, rafft er sich wild empor.

       Rasch rennet er hinaus, ihn graust der bunte Zauber

       Wie Macht der Hölle an, er löst den Bann, denn

       tauber

       Als harter Fels ist nun sein Ohr.

       Da schallt ein Donnerschlag dumpf durch der Erde

       Gründe,

       Es kracht im jähen Sturz der Berg, in seine Schlünde

       Sinkt tief des Schlosses Pracht mit seinem

       Strahlenmeer.

       Ihn jagt die Angst zur Flucht, es packt ihn kalt im

       Nacken,

       Doch endlich sieht er um – da ragen graue Wacken,

       An ihrer Fläche kahl und leer.

       Ist dieß der Wände Glanz, sind dieß die stolzen

       Säulen,

       Wo jetzt in finst'rer Nacht ein schauerliches Heulen

       In engen Spalten tobt und durch die Höhlung braust?

       Es wuchert Farrenkraut am Fels bei braunem Ginster,

       Und des Gewölbes Schlund gähnt schauerlich und

       finster,

       Wo Lieb' und Zauber einst gehaust.

       Der Gnomen Haß verfolgt die Menschen und sie

       locken

       In ihre Nähe sie mit hellen Feuerflocken,

       Scharf lauert ihre List auf den, der fürbaß zieht.

       Denn in der Zaubernäh' trifft ihn bald Regenschauer,

       Bald ein geworf'ner Stein aus sichrer Felsenmauer,

       Daß der Erschreckte ängstlich flieht.

       144. Der Streitberger Ende.

       J. H e l l e r Muggendorf, S. 208. G. N e u m a n n

       Erinnerungen an die fränkische Schweiz, S. 93.

       Der letzte Herr von Streitberg soll nur einen Sohn gehabt

       haben; die Kindswärterin trug ihn einmal an

       einem siedenden Kessel mit Wasser vorbei; das Kind

       sah hinein, wurde durch seinen eigenen Schatten getäuscht,

       wollte nach jenem langen, fiel in den Kessel

       und fand seinen Tod. Kurz darauf kam Streitbergs

       Frau nieder, gebar aber ein Mädchen; zu gleicher Zeit

       wurde die Frau eines Webers zu Veilbrunn von einem

       Knaben entbunden. Der alte Streitberg suchte beide

       Kinder auszutauschen, doch konnte sich der Weber

       nicht dazu verstehen. Streitberg hielt sich einst lange

       zu Bamberg auf, und kehrte des Nachts nach Hause.

       Auf der Höhe bei Burggrund verfehlte der Kutscher

       den Weg, und der Wagen mit den vier Pferden stürzte

       über einen hohen Felsen in das Thal hinab, so daß

       Alles verloren war. Dieß soll auch die Veranlassung

       seyn, daß man den Felsen den T o d t e n s t e i n

       nennt. Das Ereigniß fällt in's Jahr 1690.

       145. Burggeist zu Heilsberg.

       Mitgetheilt von Frhr. von B ö h n e n .

       Auf der Burg zu Heilsberg bei Wiesent sollen vor

       Zeiten Raubritter ihr Unwesen getrieben, die nahen

       Dorfbewohner belästigt und die vorüberziehenden

       Handelsleute ausgeplündert haben. Der Geist eines

       der ruchlosesten dieser Ritter muß zur Strafe noch

       heute um Mitternacht in den Ruinen der Burg umgehen.

       Er kann erst dann erlöset werden, wenn eine aus

       dem Wartthurm entsprießende Tanne so groß wird,

       daß man von ihr Bretter zu einer Wiege sägen kann.

       In diese Wiege wird ein Knabe gelegt, der muß sich

       dem geistlichen Stande weihen und als neugeweihter

       Priester den Burggeist mit seinem Gebete erlösen.

       146. Das Kreuz.

       Von F r a n z S c h m i d t . – Sage der Gegend von

       E b e r m a n n s t a d t in O b e r f r . – Biene, Bamberg

       1837, S. 158.

       Im Schweizerland der Franken trägt eine Felsenwand

       Ein Kreuz von schlichtem Holze, wie's graue Zeit

       schon stand.

       Hat wohl das Kreuz erhöhet die Trauer, war's der

       Dank?

       Es denken Christi Opfer die Herzen froh und krank.

       Von einem Sterbebette eilt einst ein Priester spät,

       Dem Sturm voran zu schreiten, der auf am Himmel

       steht,

       Es stellt dem kühnsten Läufer im Gang der Sturm sich

       gleich,

       Es stand ereilt der Pfarrer bald in der Nächte Reich.

       Des Priesters Silberlocken durchfurcht des Regens

       Guß,

       Und vor dem Abgrund tastet des Greises schwanker

       Fuß.