Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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ausgesprochen

       Solches Wort aus seinem Munde,

       Sieh' – da richtet sich Sebaldus

       Plötzlich auf in seiner Truhe.

       Aus den tiefen Augen schießend,

       Grimmer Blicke Zornesgluten

       Rufet er mit dumpfer Stimme:

       »Wehe über dich, Verruchter!« –

       Und im selben Nu verlöschen

       Alle Lichter in der Stube,

       Und, in's Antlitz schwer getroffen,

       Stürzt zur Erde hin der Bruder.

       2.

       Hört ihr's nicht bei'm Todten drinnen

       Weheklagen, Hülferufen?

       Und es eilen hin die Mönche,

       Wo Sebaldus liegt in Ruhe.

       Seht – im Sarge liegt die Leiche,

       Doch der Hüter wimmernd d'runter,

       Bleich voll grimmer Schmerzen heulend,

       Aus den beiden Augen blutend.

       Und er kündet nun voll Jammer,

       Wie gelästert seine Zunge,

       Und ihn d'rauf der Todte strafend,

       Also schmerzlich hab' verwundet.

       Und den Blinden, der verzweifelt,

       Führen sie in seine Stube,

       Gießen Balsam, legen Kräuter,

       Aber fruchtlos, auf die Wunde.

       »Wehe!« ruft er, »weh' mir Armen,

       Daß ich also mich verschuldet;

       Nimmer werd' ich Gnade finden,

       Ew'ge Nacht hält mich umwunden!« –

       3.

       Einsam sitzt der blinde Bruder,

       Stillen Grams, in öder Stube,

       Reue nagt an seinem Herzen

       Ob dem Frevel seiner Zunge.

       Und auf seine Kniee sinkt er,

       Also zu dem Heil'gen rufend:

       »O verzeih', um Jesus Willen,

       Was an dir ich hab' verschuldet!«

       »Sieh zerknirscht im Staub' mich liegen,

       Der in ew'ge Nacht versunken;

       Sieh' mein Herz von bitt'rer Reue

       Ob der schlimmen That durchdrungen.«

       Und er fühlt ein lind' Berühren

       Plötzlich auf den Augen wunde

       Und er hört Sebaldus Stimme:

       »Blicke auf, du bist gesundet!« –

       Und in namenloser Wonne

       Ist des Bruders Herz entzunden,

       Da der Quell des Lichtes wieder

       Wunderthätig ihm entsprungen.

       Wohl erstaunen all' die Mönche

       Ob dem neuen kräft'gen Wunder,

       Preisen laut Sebaldus Milde

       Der verzieh dem reu'gen Bruder.

       136. Burglinde zu Nürnberg.

       Von S c h ö p p n e r . – Eine K u n i g u n d e n l i n d e

       hat auch G r ä f e n b e r g . G . K . A d l e r Gesch. u.

       Beschr. v. Gräfenberg. S. 93.

       Zu Nürnberg saß im Garten die edle Kunigund,

       Mit eigner Hand zu warten der Blümlein zart und

       bunt.

       Da dachte sie mit Schmerzen an ihren lieben Herrn,

       Er war von ihrem Herzen so viele Meilen fern.

       Und sinnend brach die Gute sich einen Lindenzweig

       Und pflanzt mit stillem Mute ihn in das Erdenreich.

       Der war zur selben Stunde gewurzelt und erblüht;

       Da sprach Frau Kunigunde mit fröhlichem Gemüt:

       »So blühe meine Liebe, o Heinerich, zu dir,

       Hinfort mit solchem Triebe, wie dieses Bäumchen

       hier.«

       Das Bäumchen sproßte mächtig und ward ein

       Riesenbaum

       Und grünt noch heute prächtig empor zum

       Himmelsraum.

       137. Kaiser Rudolph und der Freihart zu

       Nürnberg.

       Von K a r l F ö r s t e r . – Zeit der Sage: 1274. M . M .

       M a y e r s kleine Chronik von Nürnberg I., 49.

       Der Kaiser zog zum Münsterthor

       Und viel des Volks ihm nach;

       Da trat ein Freihartsbub' hervor

       Und zupft den Herrn und sprach:

       »Herr Bruder, nicht so stark fürbaß!

       Es ist noch einer hier!«

       Der Kaiser schaut ihn an; der Spaß

       Bedünkt ihm Frevel schier.

       »Was ficht dich an? – Mein Bruder du?

       Ich kenne traun dich nicht!«

       Der Freihart aber lacht dazu

       Und blinzt ihn an und spricht:

       »Ich denke so: der Kaiser stammt,

       Wie ich, von Adam her,

       Und sind wir Brüder allesammt,

       Sind wir's auch, ich und Er.«

       »Drum wollt Ihr – was die Zeit verbrach –

       Ausgleichen baar und blank,

       So theilt mit mir, und tilgt die Schmach,

       Und nehmt dann meinen Dank.«

       Der Kaiser lacht und spricht: »Gesell,

       Jetzt muß ich beten geh'n;

       Schaff einen Sack derweil zur Stell',

       Dann laß uns weiter seh'n!«

       Der Bub' eilt flink und flugs nach Haus

       Und kehrt in vollem Lauf,

       Da tritt der Herr zur Kirch' heraus

       Und ruft: »Nun, Bursch', thu auf!«

       Der zieht den Sack die Läng' und Quer,

       Ihm dünkt er noch zu klein;

       Der Kaiser wirft – es klang nicht schwer –

       Wirft einen Heller drein.

       Und spricht: »Nun weiter Bursch! Durch's Reich;

       Der Brüder sind noch mehr!

       Gibt jeder dir dem ersten gleich,

       Bist du so reich, wie der.«

       138. Henricus Rumel.

       Von J . N . V o g l . – H e n r i c u s R u m e l der erste

       Buchdrucker in N ü r n b e r g , erhielt daselbst

       Bürgerrecht im J. 1463.

       Zu Mainz am grünen Ufer, im Sonntagsmorgenschein,

       Da geht ein züchtig Mädchen, die schönste Blum' am

       Rhein,

       Und ihm zur Seite wandelt ein Mann in Bürgertracht,

       Umwallt den Spitzenkragen von dunkler

       Lockennacht.

       Der spricht: »Es prangt die Erde in ihrem