Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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Einsam am letzten Pfeiler

       Kniet eine Beterin

       Und wendet zum steinernen Bilde

       Die Augen in Thränen hin.

       »Du heil'ge Mutter Gottes,

       Du Mittlerin bei Gott,

       Wollst gnädig niederschauen

       Auf meine Angst und Noth.

       Daheim im öden Stüblein

       Mein krankes Söhnchen ruht:

       Wenn du nicht rettest, Maria,

       Verzehrt ihn des Fiebers Gluth.

       Der Vater ist gestorben,

       Nimmst du mir auch das Kind,

       So kann ich fürder nicht leben;

       Ach, sei mir gnädig gesinnt!

       Du heilg'e Gottes-Mutter,

       So öffne nur den Mund;

       Und laß mich, laß mich hören:

       Dein Knäblein ist gesund!« –

       Die steinerne Maria

       Beweget nicht den Mund;

       Die arme verlass'ne Mutter

       Ringt sich die Hände wund.

       Doch jetzt – es blitzt ihr Auge,

       Sie geht – o Gott erbarm' –

       Und nimmt der heil'gen Jungfrau

       Das Jesulein vom Arm.

       Und trägt's in einen Winkel

       Und kehret ernst zurück

       Und spricht mit dumpfer Stimme

       Und spricht mit trübem Blick:

       »Du harte Mutter Gottes,

       Jetzt fühle, wie es schmerzt,

       Wenn wir das Kindlein verlieren,

       Das wir so süß geherzt!« –

       Entsetzen erfaßt die Gemeine,

       Sie sammeln sich um das Bild

       Und ergreifen die Frevlerin bebend,

       Der schaut das Auge so wild.

       Doch Wunder, heil'ges Wunder!

       Das Marmorbild sich regt

       Und lächelt, als in die Arme

       Das Jesulein man ihm legt.

       Die arme Mutter betet,

       Maria öffnet den Mund –

       Das Knäblein kommt gesprungen:

       »Lieb' Mutter, ich bin gesund!«

       123. Die Teufelsmauer.

       D ö d e r l e i n Antiqq. in Nordgav.Rom. p. 29.

       F a l k e n s t e i n ant. Nordg. II., 62. Verh. des hist. Ver.

       f.O.u.R. 1838. 2. u. 3. H.S. 198. G r i m m d.S. I., 270.

       Von der Nordgauer Pfahlhecke oder Teufelsmauer erzählen

       die Leute noch heutigen Tages: Der Teufel

       habe von Gott dem Herrn einen Theil der Erde gefordert

       und dieser insoweit dreingewilligt, dasjenige

       Stück Land, das er vor Hahnenkrähe mit Mauer umschlossen

       habe, solle ihm zufallen. Der böse Feind

       habe sich stracks an's Werk gemacht, doch eh' er die

       letzte Hand angelegt und den Schlußstein aufgesetzt,

       der Hahn gekrähet. Vor Zorn nun, daß das Geding

       und seine Hoffnung zunicht geworden, sei er ungestüm

       über das ganze Werk hergefallen und habe alle

       Steine übern Haufen geworfen. Noch jetzt spucke es

       auf dieser Teufelsmauer.

       124. Die Teufelsmauer, der wilde Jäger und

       Frau Holla.

       D ö d e r l e i n Antiqq. in Nordgav. Rom. p. 34 bei

       J . W . W o l f d.M.u. S. S. 578.

       Ich bin von einer sonst wohl resolvirten Person versichert

       worden, daß, als sie zwischen Ober-Hochstatt

       und Burg Salach, auf dasiger ordentlichen Straße, der

       Römer Vallum, die Teufelsmauer insgemein genannt,

       mit einem guten Pferde nächtlicher Weile passirt, so

       habe das Pferd ungemein geschnaubet und geschnarcht

       und ganz ungemeine Posituren und Sätze

       gemacht. Ingleichen erzählet man, also fährt belobter

       Döderlein fort, daß zu gewissen Zeiten in der Gegend

       Theilenhofen und Riedern bei dem dicken Walde,

       Herleshohe genannt, zum öftern ein abscheuliches

       und fürchterliches Jagdgetöse, bellende Hunde, nebst

       einem gräßlichen Geheul, Schreien und Rufen der

       Jäger, und was sonst bei hitzigen, zumal Parforcejagden

       vorgeht, gehört wurde, welches bei einem furieusen

       Trieb bald nahe, bald in der Ferne zu sein erachtet

       wird. Ich selbst bin einst durch diese Gegend gereist,

       und da hat mir ein Bauer erzählt, daß ihm dieses wüthende

       Heer einst bei Tage aufgestoßen sei. Er habe

       nämlich von ferne lauter Schatten auf sich zukommen

       sehen, da sei er nun aus dem Wege getreten, weil den

       Bauern dieses Blendwerk nicht unbekannt und habe

       Pferde, Jagdhunde und Menschen mit Spießen, doch

       aber nur im Schatten und ohne Geschrei wahrgenommen.

       Daher halten die gemeinen Leute dafür, wenn

       eine Weibsperson den Tag vor Weihnachten ihren

       Rocken nicht abspinne, so käme die Frau Holla und

       thäte ihr einen stinkenden Possen darein. Weil sie für

       die heidnische Diana oder Jagdgöttin gehalten wird,

       so gibt man auch von ihr vor, sie durchstreiche das

       Land mit einem wilden oder wüthenden Heer, bei

       welchem man Hunde bellen, Jagdhörner, Jägergeschrei

       u. dgl. m. höre, aber meistentheils nur bloßen

       Schatten sehe.

       125. Der wilde Jäger in Heidenheim.

       M i t t e l f r . – F r . P a n z e r , Beitrag S. 133.

       Der Weber Günther, Zolleinnehmer, wohnte im letzten

       Häuslein zu Heidenheim, gegen Sammenheim hin.

       Als einst das wilde Heer vorbeibrauste, sah er zum

       Fenster hinaus und rief: »Alles zam nei in Markt!« Er

       konnte aber den Kopf nicht zurückziehen, weil ihm

       der wilde Jäger Hörner aufgesetzt hatte; so mußte er

       eine Stunde harren.

       126. Das wilde Heer zu Eichstädt.

       Von J. H e ß .

       Ich weiß ein schmuckes Städtlein dir

       In einem lieben Thal,

       Ein stilles Wasser fließt dafür,

       Sein Bett ist tief und schmal.

       Schon mürb und grau von Wind und Sturm

       Steht an des Wassers Rand