Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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zwei Tellerchen und neun Messerchen. Weiter hat er

       eine schwarze Henne genommen und sie über einer

       Kohlpfanne zerrissen, so daß das Blut in das Essen

       hineingetropft ist. Hernach hat er davon ein Stück

       gegen Morgen, das andere gegen Abend geworfen und

       seine Verschwörung begonnen. Wie dies geschehen,

       ist er hinter einen grünen Baum gelaufen und hat gesehen,

       daß zwei Bergmännlein sich aus der Erde hervorgefunden,

       zu Tisch gesetzt und bei dem kostbaren

       Rauchwerke, das auch vorhanden gewesen, gleichsam

       gegessen. Nun hat er ihnen Fragen vorgelegt, worauf

       sie geantwortet; ja, wenn er das oft gethan, sind die

       kleinen Geschöpfe so vertraut geworden, daß sie auch

       zu ihm ins Haus zu Gast gekommen. Hat er nicht

       recht aufgewartet, so sind sie entweder nicht erschienen

       oder doch bald wieder verschwunden. Er hat auch

       endlich ihren König zu Wege gebracht, der dann al-

       lein gekommen in einem rothen Scharlachmäntelein,

       darunter er ein Buch gehabt, das er auf den Tisch geworfen

       und seinem Banner erlaubt hat, so viel und so

       lange er wollte drinnen zu lesen. Davon hat sich der

       Mensch große Weisheit und Geheimnisse eingebildet.

       140. Weißer Geist zu Nürnberg.

       H a p p e l . rell. cur. IV., 316. D e V r i e s , de

       Satan I., 418. J . W . W o l f , deutsche Märchen und

       Sagen S. 328.

       Gegen das Jahr 1672 lebte in Nürnberg ein Goldschmied

       mit seiner Frau und sechs Kindern. Diese

       Frau hatte einen Familiargeist, der immer um sie war

       und ihr vorhersagte, was ihr begegnen würde. Er zeigte

       sich ihr in Gestalt eines weißgekleideten Kindes,

       welches eine Sanduhr in der Hand trug. Einmal

       sprach er zu ihr: »Frau, ihr wäret todt gewesen, hätte

       nicht ein Sandkörnchen, welches ein Loch in diesem

       Gläschen gestopft hat, euch geholfen.« Eine Woche

       darnach fiel sie in ein gefährlich Fieber, entkam demselben

       aber glücklich. Auf ein ander Mal warnte er

       sie, nicht aus dem Hause zu gehen, denn sonst stürze

       sie sich in große Gefahr. Gern hätte sie dem Rathe gefolgt,

       doch drängten ihre häuslichen Geschäfte zu sehr

       und sie hatte in der That ein großes Unglück.

       Bei Nacht sprach sie häufig mit dem Geiste, sang

       mit ihm sehr schöne andächtige Lieder und Psalmen,

       was ihr Mann am Tage nie an ihr bemerkte. Einmal

       bekam sie Lust, den Geist, der gewöhnlich unsichtbar

       um sie war, zu sehen, und sie bat ihn so lange darum,

       bis er es ihr zugestand, doch warnte er sie dabei und

       sprach, ihre Neugier werde sie zu spät bereuen. Als

       sie nun wenige Tage später in ihrer Kammer etwas zu

       thun hatte, sah sie an der Mauer, wie im Schatten ein

       Kind von derselben Gestalt, wie oben vermeldet, welches

       aber gleich darauf verschwand. Kurz darauf fiel

       sie in eine schwere Krankheit und – der Geist hatte

       sie verlassen.

      Kapitel 8

      141. Wie Kaiser Ludwig Pillenreuth errichtet.

       A d l z r e i t e r P. II., l. 3., p. 61. B r u s c h chron.

       mon. Geam. p. 361. F r a n k o n i a . Ansbach 1813, II.,

       2.

       Als Kaiser Ludwig der Bayer sich im Jahre 1345 mit

       seiner Gemahlin zu Nürnberg befand, befanden sich

       unter den Hoffräulein der Kaiserin etliche, welche den

       Beschluß faßten, in's Kloster zu gehen. Also baten sie

       den Kaiser, ihnen in der Stille des Nürnberger Waldes

       ein Klösterlein zu erbauen, allwo sie ihr Leben gottselig

       verbringen könnten. Da ließ sich der Kaiser ein

       Pferd vorführen und ritt hinaus in den Wald, um einen

       bequemen Platz für das Klösterlein ausfindig zu machen.

       Wie er nun so eine Weile im Walde umherritt,

       hörte er einen überaus schönen Gesang, nach welchem

       er hinlenkte, und als er dahin gekommen, sah er

       auf einer Eiche das Bildniß des gekreuzigten Erlösers.

       Darin erkannte er einen Fingerzeig Gottes, stieg vom

       Rosse, zeichnete eigenhändig mit dem Beile den

       Baum und befahl, daß an dieser Stelle das Kloster errichtet

       würde, welches von dem aufgefundenen Bilde

       und dem ausgereuteten Hain den Namen Bildenreuth

       davontrug.

       142. Sankt Hiltegund zu Münchaurach.

       L a d i s l . S u n t h e m . monast. Franc. ap.

       O e f e l e script. rer. Boic. II., 605. Vita S. Hilteg. ap.

       O e f e l e I., 625. usw.

       Sankt Hiltegund ward mit sechs Schwestern von ihren

       Eltern adelich und in Gottesfurcht auferzogen. Als

       aber ihr Vater und Mutter starben, gelobte sie Gott,

       Keuschheit ihres Leibes zu bewahren. Hierauf nahm

       sie Graf Göswein von Höchstat, der ihr Freund war,

       zu sich und hielt sie als seiner Töchter eine. Da ward

       Sankt Hiltegund durch Graf Herman von Höchstat,

       Pfalzgrafen bei Rhein, an einen bayrischen Herrn verlobet,

       der mit großem Volk zu Höchstat lag. Als nun

       Graf Herman mit dem Bräutigam gen Aurach kam,

       das zu der selbigen Zeit nur ein Schloß war mit einer

       Kapelle geweiht St. Peter, ging Sankt Hiltegund früh

       in die Kapelle, beichtet und empfängt den Fronleichnam

       unsers Herrn Jesu Christi. Der Bräutigam aber

       und seine Leute aßen und tranken und wollten darnach

       gen Bayern auf die Hochzeit reiten. Wie das

       Sankt Hiltegund vernahm, ging sie abermals in die

       Kapelle und bat Gott, daß er sie eh ihren Geist aufgeben,

       als ihre Reinigkeit verlieren lasse. Da verschied

       Sankt Hiltegund vor dem Altar und ihre Seel ward

       von den Engeln geführt zu den ewigen Freuden. Dar-

       nach wollt sie der Bräutigam todt heim gen Bayern

       führen, aber Niemand konnte den Leichnam bewegen,

       also ward