Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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Und der Ritter zieht ab mit der langen Nas'

       Und macht sich behend aus dem Staube,

       »Ha! wart' nur du Alter, dir nehm' ich den Spaß,

       Der Geier holt dennoch die Taube.«

       Und sein zärtlich Wort

       Find't ein gutes Ort,

       Sie folgt dem verkleideten Knappen,

       Der sie holt mit gesatteltem Rappen.

       Dieß macht nun die Nürnberger Herren gar wild,

       Sie können's nicht länger ertragen,

       Sie ziehen hinaus mit Lanze und Schild,

       Den Dieb auf die Finger zu schlagen,

       Und gefangen im Streit

       Kriegt Eppelin Zeit,

       Im tiefsten Verließe bescheiden

       Zum Galgen sich vorzubereiten.

       Schon ist zum Tode die Stunde bereit',

       Doch Epplin sollte noch nützen;

       Sein Rößlein gar flink und gar tüchtig im Streit,

       Mocht' gerne der Burgherr besitzen.

       Doch das Roß trägt den Herrn

       Und sonst Niemanden gern,

       Drum sollt' es erst Epplin besteigen,

       Dem Burgherrn die Führung zu zeigen.

       Man bringt ihn zum Walle, er schwingt sich auf's Roß

       Und tummelt's in mächtigen Kreisen,

       Und lenkt es so zierlich, daß Ritter und Roß

       Hoch Gaul und Reiter wohl preisen;

       Da kocht ihm das Blut,

       Es durchblitzt ihn der Muth,

       Und im Nu ist die Rettung gelungen,

       Der Graben der Burg übersprungen.

       Nun lachet sich Epplin die Haut erst recht voll,

       Den Nürnberger Herren zum Spotte,

       Und treibt er sein Wesen erst ernstlich und toll

       Mit seiner verwegenen Rotte.

       Kein Eimerchen Wein

       Kam nach Nürnberg hinein

       Vom Leisten und Stein und Randsacker,

       Den er nicht gezehntet, der Racker!

       Die Nürnberger Herren, die stehen und schau'n:

       »Ha, das ist des Teufels Genosse!«

       Doch eh' sie dem eigenen Auge noch trau'n,

       Ist längst er staubaus mit dem Rosse.

       Und von der Stund

       Ist das Sprüchwort kund:

       In Nürnberg wird keiner gehangen,

       Es sei denn er wäre gefangen.

       151. Eppelein von Gailingen.

       3.

       Von G e o r g N e u m a n n .

       Was braust mit Staubgewölke herab in's enge Thal?

       Voran ein hoher Ritter in rauhen Panzers Stahl,

       Sein Blick so siegesmuthig, die Schaar so keck und

       kühn,

       Als wollten sie zur Schlacht nicht, nur zum Bankette

       zieh'n.

       Der Tag ist heiß und schwüle, es lechzet Mann und

       Roß;

       Noch ist es Zeit zum Fange, die Schenke winkt dem

       Troß;

       Es lohnt sich zu verweilen, dann gilt's dem

       Waarenzug,

       Von welchem ein Verräther die falsche Kunde trug.

       Der Ritter, sommermüde, schläft in der Schenke

       Gemach,

       Der ausgesandte Späher macht ihn wohl zeitig wach.

       Doch hat am hellen Tage umsponnen ihn Verrath,

       Schon ruft, da er noch schlummert, blutfordernd

       rasche That.

       »Hie Eppelein!« – »Hie Nürnberg!« – erklingt das

       Feldgeschrei,

       Trompetenstoß, Schwertklirren ruft jeden Mann

       herbei.

       Ha! das ist nicht die Beute, das ist der Reichsstadt

       Heer,

       Heran stürmt ihr Geschwader, wie Windsbraut über's

       Meer.

       Der Ritter greift die Waffen. Hei! wie sein starker

       Arm

       Gleich einem Blitzstrahl schmettert auf dichten

       Söldnerschwarm,

       Die Seinen zittern nimmer, so lang sein Zuruf klingt,

       Und wallend hoch zu Rosse sein rother Helmbusch

       winkt.

       Wild rasseln Schild und Kolbe, das Schwert nach

       Blute lechzt,

       Daß unter seinen Streichen der Feinde mancher ächzt;

       Bezeichnet ist am Boden mit Blut ein jeder Schritt,

       Da sinkt mit jedem Städter ein Gailinger auch mit.

       Und ob auch Zornesflammen von Epplein's Augen

       sprüh'n,

       Und heiß, sich durchzuhauen, die Eisenarme glüh'n,

       Die Feinde, übermächtig, steh'n um ihn dicht geballt,

       Der Speere scharfe Spitzen gebieten höhnisch: Halt!

       O weh! wo sind die Treuen? – Was Flucht nicht trieb

       voraus,

       Das haucht in Todesröcheln die Räuberseele aus.

       Die Städter schlugen tapfer; nun muß Herr Eppelein,

       Gefangen und gebunden, auch ihr Triumphzug sein.

       Auf einem dürren Klepper nimmt ihn der ganze Troß

       Entwaffnet in die Mitte und hinter ihm sein Roß.

       Im Fluge geht's zur Reichsstadt, es freu'n sich Alle

       jetzt

       Des Preises, den die Ratsherrn auf seinen Kopf

       gesetzt.

       In's enge Thurmgefängniß sogleich der Ritter kam,

       Dieweil der Bürgermeister vom Fange Kunde nahm.

       »Der Vogel sitzt im Garne, nun wohl, ich will ihn

       seh'n,

       Ich eile gleich zum Thurme, laßt ihn heruntergeh'n!«

       »Willkommen, edler Ritter! Ihr seid nun Nürnbergs

       Gast,

       Gönnt euch von schweren Thaten die ungewohnte

       Rast:

       Ihr nahmt mir meine Tochter, ich nehme ihr jetzt

       euch,

       Weil ihr wollt euern Adel dem meinen machen

       gleich.«

       »Ihr habt der Stadt gesendet manch' stolzen

       Fehdebrief,

       Der sie mit einem Räuber zu schlechtem Kampfe rief;

       Doch gönnt euch meine Gnade ein besseres Quartier,

       Will's Gott, so sollt ihr bleiben die längste Zeit

       allhier.«

       »Habt Dank für eure Güte,« entgegnet jener kalt,