Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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der Veste ein kleines, freundliches Männchen,

       das ihn durch Geberden ersuchte, einen Ziegelstein

       mit nach Hause zu tragen. Der Holzhauer nahm und

       betrachtete den Ziegel und wollte eben fragen, zu welchem

       Behufe er ihn mitnehmen solle, als sich das

       Männchen schon wieder entfernt hatte; er glaubte nun,

       man wolle ihn zum Besten haben, und warf den Ziegel

       weg. Zu Hause angekommen, fragte seine Frau,

       warum seine Hände und verschiedene Stellen seiner

       Kleider so glänzten? Nun sah er, daß der Ziegelstaub,

       welcher, während er den Ziegel betrachtete, an seinen

       Händen und Kleidern geblieben war, purer Goldstaub

       geworden sei. Jetzt erst wurde ihm klar, welches

       Glück ihm die Erscheinung zugedacht hatte; er lief in

       größter Eile zurück, um den weggeworfenen Ziegel zu

       holen; allein – er war und blieb verschwunden.

      Kapitel 9

      161. Goldsagen vom Epprechtstein.

       Der E p p r e c h t s t e i n oberhalb

       K i r c h e n l a m i t z , 3 Stunden von

       W u n s i e d e l . – K. Z a p f Wanderungen S. 57 ff.

       Alle Jahre einmal, jedoch an keinem bestimmten

       Tage, während der Pfarrer zu Kirchenlamitz das

       »Vater Unser« auf der Kanzel betet, hebt sich ein Fels

       und zeigt bis zum Schlusse des Gebets große Haufen

       Goldes. Mit dem Worte »Amen« senkt er sich nieder

       und verschlossen auf ein Jahr sind wieder die unermeßlichen

       Schätze. War nun auch bis jetzt noch Niemand

       auserkoren, diesen glücklichen Augenblick zu

       treffen und etwas zu erhaschen, so erhielten doch Einige

       vor langer Zeit auf folgende Weise mehreres von

       den Reichthümern: Ein Hirte weidete einst unfern der

       Ruinen seine Heerde und streckte sich sorglos auf den

       weichen Rasen. Plötzlich vernahm er ein Geräusch in

       seiner Nähe. Er blickte auf und gewahrte ein in sonderbare

       Kleidung gehülltes Mädchen, emsig beschäftigt,

       abgefallenes Laub mit seinem Rechen umzuwenden.

       Sie winkte dem Hirten freundlich. Als sich dieser

       schüchtern genaht hatte, steckte sie ihm alle Taschen

       voll Laub und verschwand. Ein unheimliches Grauen

       befiel den Hirten; er wandte sich zu seiner Heerde und

       trieb dieselbe eiligst nach Hause. Bei den Seinigen

       angekommen, erzählte er den seltsamen Vorgang und

       griff dabei in die Tasche, um das Laub vorzuzeigen.

       Aber – wer beschreibt sein Erstaunen! – Aus jedem

       Blatt war ein großes blankes Goldstück geworden! –

       Wäre nicht bereits die Nacht vor der Thüre gewesen,

       so wäre er schnurstraks wieder auf den Berg geeilt,

       um alles Laub, das er tragen könnte, zu holen. Diese

       Nacht ward ihm zur längsten seines Lebens, er konnte

       kein Auge schließen. Kaum graute der Morgen, so lief

       er, versehen mit einem großen Sacke, den Berg hinan

       und nahte sich mit klopfendem Herzen den Ruinen;

       aber – Alles war verschwunden und nie in seinem

       Leben erschien ihm wieder die goldspendende Frauengestalt.

       162. Die Goldkapelle am Epprechtstein.

       Von H e r m a n n Z a p f . – K. Z a p f , Wanderungen

       S. 58 u. J. Ch. H o l t z m a n n in B. G ö r w i t z

       Sagenschatz S. 123.

       Es ging ein Weib in den tiefen Wald

       Nach Beeren im Gebüsch und Felsenspalt,

       Sie hatt' auf dem Arme ein schönes Kind,

       Das koste sie oft, sie beide der Wind. –

       O Mutter, wie fliehet dein Glück geschwind!

       Und wie sie pflücket, da glänzt heraus

       Im Dickicht ein offenes Gotteshaus,

       Und viele Goldhaufen und Edelstein'

       Locken sie schimmernd zu sich hinein. –

       O traue, folge nicht falschem Schein!

       Da stürzte hinein das thörichte Weib

       Und that ihr Kleinod von ihrem Leib,

       Und raffte mit Schätzen die Schürze voll,

       Und lief durch den Wald nach Haus wie toll –

       Wo hast du dein Kindlein, so schönheitsvoll?

       Und freudetrunken wirft sie zu Haus

       Gold und Demanten zu Haufen heraus,

       Und labt die Augen an dieser Pracht,

       Schön, wie Sterngefunkel zu Nacht. –

       Der schönste Demant dir wohl nimmer lacht!

       Da dämmerts in ihrem Herzen alsbald,

       Sie rast zurück in den düstern Wald,

       Da war zu finden kein Gotteshaus,

       Da lachte kein lallendes Kind heraus –

       Tröste dich bei deinem Golde zu Haus!

       Seit schallet im Walde ihr Jammerton:

       Gebt mir meines Lebens Lust und Kron',

       Was kann mir ersetzen mein Kind in der Welt

       Da mir sind meine Tage vergällt?

       Und spottend antwortet der Wald ihr: Geld!

       Am Johannistage öffnete sich die geheime Thüre

       dieser Kirche. Als nun der nächste Johannistag kam,

       erzählt H o l t z m a n n weiter, da eilte die arme Mutter

       abermals der Goldkapelle zu; sie überschreitet die

       Schwelle und ein Freudenschrei entfährt ihrer Brust:

       ihr Knäblein, lebend und wohlgenährt, lacht ihr vom

       Altar der Kirche, auf welchen sie es vor einem Jahre

       gesetzt hatte, entgegen. Hastig ergreift sie die theure

       Last und eilt hinaus, ohne weiter nach Gold zu fragen.

       163. Das Goldlaiblein.

       Erzählt v. J. Ch. H o l t z m a n n in B. G ö r w i t z

       Sagenschatz S. 125.

       Einst hüteten am Ochsenkopfe zwei Knaben und ein

       Mädchen. Die Knaben waren Kinder wohlhabender

       Landleute; des Mädchens Aeltern aber waren arm.

       Die kleinen Gefährten erzählten sich allerlei Märlein,

       die sie von den Geistern des Ochsenkopfes wußten.

       Da gesellte sich zu ihnen ein graues Männchen, welches

       aufmerksam ihren kindlichen Gesprächen zuhörte.