Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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W u n d e r h o r n II., 232.

       Albert Graf von Nürnberg spricht:

       »Herzogin ich liebe nicht;

       Bin ein Kind von achtzehn Jahren

       Und im Lieben unerfahren,

       Würde dich zum Weib ich nehmen,

       Doch vier Augen mich beschämen;

       Wenn nicht hier vier Augen wären,

       Die das Herze mein beschweren.«

       Orlamündens Herzogin

       Spricht zu sich in ihrem Sinn:

       »Wittwe bin ich schön vor allen,

       Aller Fürsten Wohlgefallen;

       Wenn nicht hier vier Augen wären,

       Würde seine Lieb' mich ehren.

       Kinder ihr vom schlechten Mann,

       Der mich hielt im strengen Bann.

       Weil ihr meine Land ererbet

       Wenn ihr nicht unmündig sterbet.«

       Also Oel in Flammen wüthet,

       Das statt Wasser aufgeschüttet.

       Also deutet sie die Rede

       Auf zwei eigen Kinder schnöde,

       Die im Saal zum Spiel abzählen

       Unter sich den Engel wählen.

       »Engel, Bengel, laß mich leben

       Ich will dir den Vogel geben.«

       Nadeln aus dem Wittibschleier

       Zieht sie, daß er falle freier,

       Zu dem wilden Hager spricht:

       »Nimm die Nadeln und verricht,

       Schwarzer Hager, du mein Freier

       Fürchtest nicht den schwarzen Schleier,

       Fürchtest du nicht auch vier Augen,

       Die zum Zusehn auch nicht taugen,

       Setz' dich mit zu ihren Spielen,

       Daß sie keine Schmerzen fühlen,

       Daß die Wunden niemals sprechen,

       Mußt du in das Hirn sie stechen.«

       Herkules zum Hager spricht,

       Eh' der ihm das Hirn einsticht:

       »Lieber Hager, laß mich leben,

       Will dir Orlamünde geben1,

       Auch die Plassenburg, die neue,

       Und es soll mich nicht gereuen.«

       Herula zum Hager spricht,

       Eh' er ihr das Hirn einsticht:

       »Lieber Hager, laß mich leben,

       Will dir meine Docken geben,

       Engel, Bengel, laß mich leben,

       Will dir meinen Vogel geben.«

       Hager sich als Mörder nennt,

       Eh' er sich das Hirn einrennt.

       »Gott, ach Gott, wo werd' ich ruhen,

       Höre schon den Vogel rufen,

       Gott, ach Gott, wo soll ich fliehen,

       Sehe schon den Vogel ziehen.«

       Albert spricht zur Herzogin,

       »Das war nicht der Rede Sinn,

       Meinte unsre eignen Augen,

       Wie wir nicht zusammentaugen.«

       Beide Kinder unverweset

       Liegen noch im Marmorsarge,

       Als wär' heut der Mord gewesen,

       Recht zum Trotze allen Argen.

       Fußnoten

       1 Var: Will dir Norden und Nisden geben.

       189. Marienweiher.

       J . A . E i s e n m a n n , geograph. Beschreibung des

       Erzbisthums Bamberg. S. 443.

       Vor Zeiten war die Gegend um Marienweiher mit

       dichten Wäldern bedeckt, und an der Straße, welche

       durch dieselbe von Franken nach Sachsen führte,

       standen in verschiedenen Entfernungen von einander

       sogenannte Nothwirthshäuser. Im zwölften Jahrhunderte

       befuhr einmal auch ein sächsischer Fuhrmann,

       welcher ein Marienbild in Franken hatte fertigen lassen,

       um solches mit nach Hause zu bringen, die

       Straße, und nahm in dem Wirthshause an diesem

       Orte, damals Vordersee genannt, sein Nachtquartier.

       In derselben Nacht wurde das Haus von Räubern

       überfallen; der Fuhrmann aber mit seiner ganzen

       Habe entkam glücklich den gierigen Händen der Räuber.

       Aus Dankbarkeit gegen Gott und Maria, welche

       er in dieser großen Gefahr um Hülfe angefleht hatte,

       ließ er hierauf das mitgeführte Marienbild an dem

       nämlichen Orte aufrichten und eine Kapelle von Holz

       darüber bauen; auch soll er sich daselbst später, nachdem

       er seine Güter in Sachsen verkauft hatte, angesiedelt

       haben. Bald wurde diese Kapelle von Pilgern und

       andern Andächtigen, nah und fern, häufig besucht.

       Als dieselbe, aus nicht benannter Ursache, in Brand

       gerieth, warfen die dortigen Bewohner, deren Zahl inzwischen

       sich sehr vermehrt hatte, das Bild, um es

       vor den Flammen zu retten, in den nahen Weiher: entdeckten

       aber an demselben, als sie es wieder herauszogen,

       eine Beschädigung in dessen Gesichte neben

       der Nase, welche jetzt noch zu sehen ist. Nachher

       wurde daselbst eine große Kirche von Stein, wahrscheinlich

       vom Bischofe Otto II. erbaut und darinnen

       das berühmte Marienbild, dessen Verehrung je länger

       desto mehr sich verbreitete, aufgestellt.

       190. Der Geist zu Lichtenfels.

       J. H e l l e r , in: Das Königreich Bayern in seinen

       Schönheiten III., 20. L. B r a u n f e l s die Mainufer S.

       87.

       Noch sieht man im Städchen Lichtenfels die Mauerreste

       einiger Burgen, in welchen es, der Volkssage

       nach, nicht geheuer ist; denn es geht dort der Geist

       des edlen Fräuleins Podica von Schaumberg um, welche

       vor Kummer starb, als ihr Bräutigam aus der

       Fehde bei Scheßlitz nicht wieder zurückkehrte. Nun

       hört man nächtlicher Weile ihr leises Rufen: »Kömmt

       mein Kunimund noch nicht?« Und so lange muß das

       Fräulein rufen und auf Erlösung warten, bis ihr eine

       barmherzige Stimme antwortet: »Längst fiel dein Kunimund

       bei Scheßlitz.« Warum ihr bis heute Niemand

       den Liebesdienst erwiesen, verschweigt die Sage.

       191. Alberada zu Banz.

       Von F r a n z S c h m i d t . – H e n r i c i origg.

       Banz. ap. L u d e w i