Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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mon. Germ. p. 52 u. 281.

       Frau Alberade herrscht im weiten Banzagau,

       Was Itz und Main umfluthet, war treu der schönen

       Frau,

       Es wiegte sich ein Knäblein auf ihrem Mutterschoos,

       Es herzte sie ein Mägdlein mit kindlichem Gekos.

       Wer ist mir gleich an Ehren, und wer mir gleich an

       Glück?

       Sprach stolz die hohe Gräfin, berufend ihr Geschick.

       Es drehte seinen Kreisel der Junker auf dem Eis,

       Des Maines Spiegeldecke gab ihn den Wellen Preis.

       Und Fräulein Judith blickte zur nahen Burg so gern,

       Die sich zum Raubhorst thürmte dem Katzenburger

       Herrn.

       Sie brach die ersten Veilchen im Forst vor Stegelitz –

       Und vor der Mutter Augen raubt' sie der kecke Fritz.

       Da riß die Gräfin bebend den Handschuh von der

       Hand

       Und rief: »Dir ew'ge Fehde, du feiger Weiberfant!

       Kannst meinen Arm du höhnen, sollst du die Zunge

       flieh'n.

       So lang sie lallt im Munde, soll sie dir Flüche

       sprüh'n«1.

       Sie weihte Banz zum Kloster und sich zur Nonne ein;

       Und ihre Flüche sollten fortan nicht kraftlos sein:

       Es war Herrn Friedrichs Töchtern der Tugend Glanz

       versagt,

       Und seine Söhne wurden der Raubsucht angeklagt.

       Fußnoten

       1 Der Handschuh soll in der Luft verschwunden sein.

       192. Alberada's Born.

       Aldeberade, still und fromm,

       Kehrte zurück vom heil'gen Rom –

       Ihr Gatte, weil mit Muth und Lieb'

       Er treu dem Kaiser Heinrich blieb,

       War jüngst in Gregor's Bann gestorben.

       Sie hatt' beim Papst als Gnad' erworben,

       Daß ehrenvoll, in Bamberg's Dom,

       Die Leich' zu sel'ger Ruhe komm'.

       Mit ihren Dienern fest und treu

       Betrat das Maingau sie auf's Neu.

       Da in Gebirg und dichtem Wald

       Verirrten sich die Pilger bald –

       Verschwunden war der heit're Main,

       Rings schloß sie rauhe Wildniß ein –

       Die Eule schwirrte durch die Zweige –

       Hier modert' die gesunk'ne Eiche,

       Die morsche Tann' sank mit Gekrach,

       Kein Lichtstrahl drang durch's wald'ge Dach,

       Die Rosse konnten nicht mehr weiter –

       Der Wildniß ließen sie die Reiter.

       Jäh ging es nun hinab im Lauf,

       Dann wieder still den Berg hinauf,

       Müd' auf die forstumzog'ne Haide

       Kam die Verirrte und's Geleite.

       Da sank der jüngste Knappe nieder

       Und schloß die matten Augenlider:

       »Ich muß verschmachten!« seufzt er leise,

       Und gleiche Klag' ertönt im Kreise:

       »Wenn nicht ein Labetrunk uns rettet,

       So werden wir in's Grab gebettet

       Hier in der Wildniß schauerlich –

       O Herr und Gott, erbarme dich!«

       Die Gräfin kniet hin zum Gebet

       Und brünstig zu dem Herrn sie fleht:

       »Du Ewiger, deß starke Hand

       Uns schirmte in dem fernen Land,

       Uns über's Alpeneis geleitet,

       Im Schneesturm Hülfe uns bereitet,

       O laß, so nah' der Heimath Höh'n,

       Mich und die Meinen nicht vergeh'n!

       Ich weiß, dein Vaterauge sieht

       Auf uns, die hier der Tod umzieht,

       Du leitest auf dem Lebenspfade,

       Dein ist die Macht, doch auch die Gnade!

       Du, der von Moses kahlen Felsen

       Sich Wasserfluthen hieß entwälzen,

       Kannst diesem Boden kahl und trocken

       Die Rettungsquelle auch entlocken!«

       Sie richtet voll Vertrau'n sich auf,

       Ihr Stab berührt des Sandes Hauf' –

       Rasch quillt hervor ein Wasserstrahl

       Und plätschert über's Moos in's Thal.

       Sie und die Ihrigen erquickt

       Der Trunk, den Himmelsgnade schickt,

       Sie füllen die verdorrten Flaschen,

       Ihr Schleichen wird zum muntern, raschen,

       Belebten Gang und bald und leicht

       Ist froh der gelbe Main erreicht,

       Und herrlich liegt das Stammschloß Banz

       Hoch in der Abendsonne Glanz.

       Das Brünnlein aber rauschte fort,

       Belebend sanft den wilden Ort.

       Die Gräfin faßte es in Stein,

       Führt' nach ihm Wege durch den Hain

       Und bald ward es durch's ganze Land

       Aldeberada's Born genannt.

       193. Das Irrglöcklein von Seßlach.

       Von F r . R ü c k e r t .

       Der Tag verlischt, es senket grausend

       Die Nacht vom schwarzen Himmel sich,

       Und Nebelwinde streichen sausend

       Durch Waldesgründe schauerlich;

       Das Fräulein irrt mit bangem Schweigen

       Allein auf ungebahnten Steigen.

       Sie schreckt das Rauschen jedes Blattes,

       Sie schreckt des eignen Fußes Tritt;

       Es leuchtet aus der Luft kein mattes,

       Kein bleiches Sternlein ihrem Schritt;

       Sie irrt mit jedem neuen Schritte

       Nur tiefer nach des Waldes Mitte.

       Da drehet sich vor ihren Blicken,

       Im leichten Tanz am schwarzen Moor,

       Sie mit Verderben zu bestricken,

       Der Waldesgeister reges Chor;

       Sie lassen düstre Flammen glühen,

       Um täuschend sie hinabzuziehen.

       Sie scheinen Lichter niedrer Hütten,

       Sie scheinen fern, und sind ihr nah;

       Sie treibt sich an mit schnellern Schritten,

       Sie fliegt hinzu, schon ist sie da;

       Schon ist sie da! und freudig sehen

       Die Argen sie am Abgrund stehen.

       Schon will sie in die Tiefe gleiten,

       Da ruft sie's an aus tiefem Wald;

       Ihr ist, als wenn