Christoph Hoenings

Djihad


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Jahren in Moskau angewandt worden war, aber bevor sie richtig frohlocken konnte, hatte Graf auch ihre Dame geschlagen.

      „Was passiert, wenn es ein Remis wird?“ fragte sie.

      „Dann kriegst du fünfzig Minuten und ich vier Minuten fünfzig Sekunden. Jeder zehn Prozent Abzug.“

      Sabine Sadler nickte ernst. Aus dem Nebenzimmer, in das sich Simone mit Brockert verzogen hatte, erschollen spitze Schreie. Einen Augenblick lang verlor Sabine Sadler die Konzentration und sagte einen Zug an, der ihr den prompten Verlust eines Bauern brachte.

      „Nimm es zurück!“ sagte Graf.

      „Nein. Ich habe gezogen.“

      Graf machte einen Zug, der offensichtlich seinen gewonnenen Vorteil zunichte machen sollte und ihm den Verlust des Mehrbauern einbrachte.

      Wenige Minuten später stand es fest.

      Es war nichts zu machen. Jeder Zug, den Graf oder Sabine hätten machen können, hätte ins Remis geführt. Die Partie endete unentschieden.

      „Klasse!“ sagte Graf. „Endlich einmal eine Frau, die nicht nur schön ist, sondern auch intelligent!“

      Im gleichen Augenblick kamen Brockert und Simone zurück in den Wohnraum. Beide wirkten zerzaust und hatten als Bekleidung lediglich Handtücher um sich geschlungen.

      „Wir gehen noch mal in deine Sauna,“ sagte Brockert und zog Simone mit sich.

      „Du hast eine Sauna?“ fragte Sabine.

      „Jaja,“ antwortete Graf, der plötzlich geistesabwesend wirkte. „Komm!“

      Graf führte Sabine in einen Schlafraum, der durch an den Wänden angebrachte Spiegel erheblich größer wirkte als er tatsächlich war.

      Sabine Sadler musste plötzlich an ihren Verlobten denken, der sicherlich schon längst schlief – es war schon nach vier Uhr morgens – und an ihre kleine Heimatstadt an der Mosel. Egal was Rupert Graf veranstalten würde, sie würde nicht mit ihm schlafen.

      Und trotzdem war sie plötzlich erregt.

      Graf bat sie, ihre Strumpfhose auszuziehen und sich auf das Bett zu legen.

      Sabine Sadler spürte, wie Rupert Graf mit warmer Zunge begann, ihren Knöchel zu liebkosen. Dann wanderte sein Mund mit aufreizender Langsamkeit ihren Unterschenkel hinauf zum Knie. Die warme Feuchtigkeit seines Mundes in ihrer Kniekehle und auf ihrem Oberschenkel fand sie aufregend. Gleichzeitig streichelte er ihr Bein, die Rückseite ihres Oberschenkels. Sie hob ihr Gesäß etwas an, aber er machte mit seiner warmen Hand kehrt und strich ihr Bein wieder hinab. Dafür schob er mit dem Kopf den Saum ihres Rocks nach oben und liebkoste mit der Zunge die Innenseite ihres Schenkels.

      Sie lag ganz still.

      Aber gleichzeitig öffnete sie ihre Beine immer weiter, um ihm Platz zu machen.

      Wie zufällig berührte er mit der Hand, die ihren Schenkel hinauf und hinab strich, ihre Scham.

      Sabine Sadler wusste, es war verrückt, was sie hier tat.

      Liebkosungen geschehen zu lassen von einem Mann, der fast so alt war wie ihr Vater.

      Graf hatte nicht ein einziges Mal ihr Geschlecht berührt, nun gut, ein bisschen, eher zufällig, aber er hatte nicht, obwohl sie es sich gewünscht hätte, seine Finger unter den Rand ihres Slips geführt, wo er ihre Hitze spüren musste!

      Wieder musste sie plötzlich an ihren Verlobten denken, an seine hastigen Bewegungen, an seine Erregung, die ihn immer schnell zum Höhepunkt kommen ließ, schneller, zumindest, als ihr lieb gewesen wäre. Und an den Mann, der jetzt immer noch vollständig angezogen am Fußende des Bettes lag und sie bis aufs äußerste reizte.

      Mit einer hastigen Bewegung zog sie ihren Slip aus.

      „Meine vier Minuten sind um!“ sagte Graf grinsend.

      „Meine fünfzig Minuten fangen gerade erst an!“ antwortete sie heiser und drückte seinen Kopf zurück auf ihr Bein.

      Ariel Roth hatte in seinem Mietwagen gedöst.

      Es war bereits hell, als Holger Brockert das Haus verließ, in dem Rupert Graf wohnte.

      Herauszufinden, wer der Besitzer des Jaguar war, war ein Klacks gewesen. Das war Roth innerhalb weniger Minuten über Handy gelungen.

      Roth war erleichtert, dass Brockert von beiden Damen begleitet wurde. Er würde noch am selben Tag wissen, welche von den beiden mit Graf zusammen gewesen war.

      Roth folgte dem Wagen Brockerts in gebührendem Abstand. Um diese Zeit gab es so gut wie keinen Verkehr.

      Zunächst fuhr Brockert in den Stadtteil Benrath, wo unmittelbar an der Uferpromenade eine der beiden Frauen ausstieg und sich innig von Brockert verabschiedete. Roth notierte sich die Anschrift der Villa, deren in eine weiße Mauer eingelassenes Portal sie mit einem Schlüssel öffnete. Die andere Frau wurde von Brockert in den Vorort Eller gefahren und vor einem Apartmentgebäude abgesetzt. Diesmal war die Verabschiedung weniger herzlich.

      Roth wartete, bis Brockert weitergefahren war. Erst dann ging er zu dem Eingang und notierte sich sämtliche auf den Türklingeln aufgeführten Namen einschließlich der nur mit Initialen abgekürzten Vornamen.

      Er fuhr zurück in den Stadtteil, in dem Grafs Wohnung lag.

      Trotz der frühen Stunde klingelte er den Besitzer der Wohnung heraus, von der aus Grafs Wohnung belauscht wurde.

      Nur eine knappe Stunde später wusste er, dass die Frau, mit der Rupert Graf sich vergnügt hatte, Sabine Sadler hieß und aus einem kleinen Ort an der Mosel stammte. Major Ariel Roth schätzte nach einem Blick auf seine Straßenkarte, dass er nicht länger als anderthalb Stunden brauchte, um dorthin zu gelangen. Als er am selben Abend nach Düsseldorf zurückkehrte, kannte er die gesamte Lebensgeschichte von Sabine Sadler.

      Er war sicher, Sabine Sadler würde eine wichtige Informationsquelle werden.

      Es dauerte gute zwei Wochen, bis Graf von Scheich Mahmut hörte.

      Graf befand sich zu diesem Zeitpunkt in Buenos Aires, wo er einen möglichen Auftrag verfolgte.

      Als sein Handy piepte, saß Graf mit einigen Repräsentanten der Argentinischen Marine beim Abendessen in einem Restaurant in La Coleta, einem Viertel der Stadt, in dem sich zahlreiche gute Restaurants befinden.

      Graf, verwundert, wer ihn um diese in Europa tiefer Nachtstunde noch anrufen könnte, nahm das Gespräch an.

      „Wir müssen uns dringend sehen!“

      Keine Begrüßung, keine Nennung des Namens des Anrufers.

      Trotzdem erkannte Graf Mahmuts Stimme.

      Allein schon wegen Mahmuts Unhöflichkeit beschloss Graf, kühl zu bleiben. Kurzfristige Treffen in Europa lehnte er wegen weiterer Verpflichtungen in Südamerika ab. Erst nach einigem Hin und Her stimmte Graf zu, Mahmut vierzehn Tage später in Marbella zu treffen.

      3. Ahmed

      Riad, Königreich Saudi Arabien

      Ahmed Falouf und Majed Akhad saßen in einem der kleinen Cafés in der Nähe des Souks, des alten Basars von Riad. Hier, in den älteren Teilen der Stadt, in der Nähe der Großen Moschee, gibt es noch die engen Gässchen, die außer zur Mittagsstunde, wenn die Sonne senkrecht steht, im Schatten der Häuser liegen. Dennoch waren hier über den Gehwegen Markisen gespannt, unter denen die Kunden an den zahlreichen Ständen und winzigen Geschäften vorbei schlendern konnten. Hier störte keinerlei Autoverkehr die Fußgänger, diese Gassen und ihre Häuser waren gebaut worden, lange, bevor Autos in Riad Einzug gehalten hatten.

      Außer zu den Gebetszeiten herrscht hier stets reger Betrieb bis tief in die Nacht. In den offenen Verkaufsständen werden Lebensmittel, Gewürze, aber auch Textilien und sogar Goldschmuck und teure, aus Europa importierte Armbanduhren feil geboten.