Ingo M. Schaefer

Kein Zurück Ohne Dich


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starke Frau ein Prachtexemplar.

      „Guten Abend?“, grüßte John Taylor fragend

      „Entschuldigung. Mein Name ist Emma McIntyre. Ist Misses White zu sprechen? Es ist dringend.“

      John Taylor spürte Elenas beruhigende Hand auf seinen Rücken.

      „Miss McIntyre?“ Sie schob sich an ihm vorbei.

      „Es tut mir leid, dass ich sie störe. Ich wusste nicht wohin“, sprudelte es aus Emma heraus. „Es ist meine Schuld. Ich wollte...“

      „Kommen Sie doch rein. John, das ist Miss McIntyre, eine meiner Lehrerinnen. John Taylor“, stellte sie ihn vor und machte eine kleine Pause. „Mein Mann!“

      Der Polizist war baff und glücklich.

      „Ich mach mal Kaffee.“ Er entwischte in die Küche und schloss die Tür. Die Frauen brauchten Kaffee und nicht ihn.

      Elena führte die junge Frau ins Wohnzimmer

      „Ich weiß nicht mal, warum ich durcheinander bin.“ Emma redete drauflos. Die auf der Arbeit so fast perfekte Frau, scheiterte an Beziehungen, die den Namen nicht verdienten, bekam Elena mit.

      „Ich bin hierher gezogen, um neu anzufangen. Heute läuft er mir über den Weg. Der Junge, der mich im Herzen ein Leben lang begleitete. Ausgerechnet er will mich nicht kennen. Dabei hatte ich mit ihm den schönsten Urlaub in meinem Leben. Ich weiß, sie müssen mich für bescheuert halten. Jugendliebe im Urlaub. Aber das war so tief mit ihm. Sowas habe ich nie wieder erlebt. Ich kann das nicht beschreiben. Es war....“

      „Magisch?“, fragte Elena sanft.

      „Ja, magisch. Heute treffe ich ihn beim Einkaufen. Ich sprach ihn an. Aber er behauptete, mich nicht zu kennen, nie in Brisbane gewesen zu sein. Aber er ist es, ganz sicher. Gesicht, Statur, nur als Mann. Immer war ich überzeugt, dass er irgendwo war. Jetzt treffe ich ihn und verliere den Boden unter den Füßen, weil er mich nicht kennt. Ich reagierte wie eine dumme Pute, stritt und bin abgehauen, weil er mich nicht wiedererkannte.“ Sie berichtete, was im Kaffeehaus geschehen war und ihre Angst, das auch dieser Mann ein Stalker wäre. Er würde ja ihre Wohnung kennen.

      „Emma, darf ich Sie Emma nennen?“, unterbrach Elena sanft und ungeduldig.

      Die junge Frau nickte.

      „Ich verstehe nicht, warum Sie zu mir kommen.“

      „Sie sind die einzige, zu der ich Vertrauen habe und, weil ich hoffte, dass Sie diesen Mann kennen.“

      „Ich?“, fragte Elena verdutzt.

      „Derselbe Name. White. Da dachte ich ...“

      „Wie heißt der Mann?“, fragte Elena ahnungsvoll. Ein Schauer breitete sich über ihren Rücken aus.

      „Louis White. Ich glaube, er ist Arzt oder Wissenschaftler.“

      Kaffeebecher zerbrachen laut am Boden. Das Tablett klapperte und der Kaffee verteilte sich über die Kacheln.

      Emma sah zwei zu Stein erstarrte Menschen.

       Fremantle

      Vergeblich klingelte er bei seinem Vater. Zu seiner Mutter wollte er nicht. Er brauchte jemanden zum Reden, wie damals. Seine beiden Freunde bereiteten ihre Urlaube mit ihren Familien vor, packten und fuhren heute los. Sie hatten keine Zeit. Klar, Ferien begannen. Das Krankenhaus bedeutete für ihn Sperrgebiet. In sein Appartement zog ihn nichts.

      Er wusste nicht, an wen er sich wenden sollte.

      Emma, wie sie aus dem MINI sprang, voller Leben, voller Tatendrang. Wie Wut und Zorn ihr Kinn vorstreckten, ihr Gesicht hart machten, reizte ihn. Sie war wunderschön, attraktiv. Der Zorn machte sie begehrenswerter.

      Sein Handy klingelte. Mutter. Er drückte sie weg.

      Emma, wie sie davon rauschte, wie ihre Augen funkelten.

      Sie war die begehrenswerteste Frau, die er jemals kennengelernt hatte und er wollte nicht wie ein Bittsteller oder Schlimmeres vor ihrer Tür lungern.

      Louis fühlte sich ausgestoßen aus Fremantle, wie ein Aussätziger.

      Wenn alle Welt meinte, er wäre in Brisbane gewesen, dann war es Zeit, den Pazifik zu sehen. Er fuhr zur Tankstelle, um den Akku zu laden, und kaufte ein Zelt, Schlafsack und Matte.

      Dass er Emma mit der Welt gleichsetzte, fiel ihm nicht auf.

       Elenas Haus, Fremantle

      Eine Ewigkeit schienen Elena und John erstarrt. Emma griff die Hand der älteren Frau, die zuckte und lächelte.

      „Es tut mir .. uns leid!“ Elena drehte sich zu John um, der die Scherben nicht beachtete. Langsam setzte er sich neben seine Liebe, legte den Arm um sie. Elena schmiegte sich an ihn, als ob sie fünfzehn Jahre nachholen müsste.

      „Louis ist unser Sohn“, erklärte sie Emma. Sie bat die junge Frau mit einer Handbewegung den Ausruf zu unterbinden. „Wir haben ihn adoptiert. Haben Sie, hast du ihn vor sechzehn Jahren in Brisbane kennengelernt?“

      Emma nickte, unfähig etwas zu sagen.

      „Mein Gott, du kennst ihn, wie er früher war, bevor...“ Sie brach ab. John übernahm.

      Er erzählte der fassungslosen Emma die mysteriösen Umstände, die dazu führten, dass Louis in einem Rettungsboot gefunden wurde, gab ihr einen Einblick, was mit Louis Gehirn geschehen sein könnte, so dass sein Leben und alle ihm bekannten Menschen aus der Erinnerung löschte.

      „Oh mein Gott, und ich habe ihn stehen gelassen“, schimpfte Emma mit sich.

      „Bitte, mach dir keine Vorwürfe“, warf Elena ein. „Kein Mensch könnte das verstehen. Leider kann er darüber auch nichts wissen. Aber du bist ein Teil seiner Vergangenheit. Seines verlorenen Ichs. Kannst du uns sagen, wie er früher war?“

      Als ob sie einen Stöpsel gezogen hatte, floss es aus der jungen Frau heraus.

      Die wenigen heimlichen Stunden am Strand und im Meer, wohin er sie überall mitnahm, nur mit ihr alles erkunden wollte. Für sie der erste Junge, der sie ernst nahm. Jeden Tag schenkte er ihr Steine, die er im Sand fand. Als er den Jungen schubste, der sie ärgerte, wusste sie, dass er sie mehr mochte, als er zugeben wollte. Sie küsste ihn.

      „Er hielt mich fest, wie ich mir immer wünschte. ,Ein König beschützt seine Königin' sagte er. Meine … Eltern verboten mir jeden Kontakt zu Louis.“ Sie stutzte. „Wenn ich jetzt daran denke, sie haben nie gesagt, warum. Ich habe mich nicht getraut ohne Erlaubnis mitzufahren. Er stand am Heck und winkte mir zu, die ganze Zeit, bis ich das Schiff nicht mehr sah. Am selben Tag zwangen sie mich fort. Ich sah ihn nie wieder. Ich kannte seinen Nachnamen nicht - bis heute. Die Erinnerung an ihn schuf Hürden für meine Beziehungen.“

      „Er sagte wirklich ,Ein König schützt seine Königin'?“, fragte John erstaunt.

      „Ja“, gab Emma zu.

      Das würde der Louis, den John kannte, niemals sagen. Der Satz klang eher nach seinem Schwager und – nach ihm. Das Verhalten eines Gentleman gegenüber Frauen musste John dem Jungen hart anerziehen, kam aber nicht aus Louis Herzen. Der dreizehnjährige Louis dagegen schien den natürlichen Beschützerinstinkt der Männer in sich getragen zu haben.

      „Wir müssen Nora anrufen“, schlug Elena vor, die das gerade Gehörte einordnete. „Emma, nenne mich bitte Elena. Ich kann dir gar nicht sagen, wie dankbar ich dir bin, was es mir bedeutet, dass du hier bist. John, ruf sie an, ob wir kommen können. Ich versuche, ihn anzurufen.“

      Sie nahm ihr Fairphone der vierten Generation. Man hörte nur die Mailbox.

      „Ich schreibe ihm eine Nachricht, dass er mich anrufen soll“, meinte sie und tippte schon.

      John Taylor holte sein Smartphone heraus.

      „Hallo, Nora? Hier ist John Taylor. Ja, ne Weile her. Nein, es geht um Louis. Es ist