Christin Thomas

Hope


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haben den Vorfall der R1-Serie wohl noch nicht vergessen, Professor?“

      Sein Vater lächelte. „Den werde ich wohl nie vergessen können. Aber aus solchen Dingen lernt man.“

      „Was ist denn da passiert?“, fragte Sam neugierig, während er seine Aktionsbrille, die er für Spielsimulationen benutzte, in die Öffnung legte.

      „Die ersten Testborgs der R1-Serie waren etwas aggressiver Natur.“

      Dann gab sein Vater Verone den Befehl zum Scannen. Die Vertiefung schloss sich und vor ihnen zog sich die Wand nach oben. Nun gingen sie in den kleinen Raum vor ihnen, in dem sie selbst noch einmal durchleuchtet wurden. Als Verone für sie und ihre Habseligkeiten die Freigabe erteilte, ging es in diesem Raum abwärts. Die nächste Sicherheitstür ließ sich erneut nur durch seinen Vater und die anderen Forscher öffnen. Er legte seine Handfläche auf die vorgesehene Scheibe. Es wurde ein Stimmabgleich gemacht, während der Professor seine Mitarbeiternummer nannte. Doch auch im nächsten Gang waren sie noch immer nicht im Zentrum angekommen. Eine weitere Sicherheitstür trennte sie von den Laboren, IT-, Test- und Lagerräumen.

      Die Öffnung in der Wand lichtete sich und sie konnten ihre Gegenstände wieder an sich nehmen. Alles, was im Forschungszentrum als verbotenes Gut galt, wäre längst zerstört worden – so wie Sams Hologramm-Armband, das nun sicher im Wagen lag. Bild- oder Tonaufzeichnungen waren strengstens verboten, ebenso wie Lebensmittel, Getränke, Waffen, Speichergeräte, Werkzeuge und viele andere Dinge. Alles, was für die Arbeit benötigt wurde, war vor Ort. Verone überwachte jeden Forscher und war für seine Sicherheit, aber auch für die Kontrolle seines Handelns verantwortlich.

      Sie verfügte über ein unglaubliches Arsenal an Verteidigungs- und Angriffsmöglichkeiten.

      „Verone, ich leite jetzt die letzte Sicherheitsstufe ein“, informierte sein Vater die K.I. und gab seinen mehrstelligen Code in das Tastenfeld der letzten Tür ein.

      „Zutritt gewährt“, ertönte Verones Stimme und die letzte Tür glitt beiseite.

      Vor ihnen lag die riesige Eingangshalle des Forschungszentrums. Inmitten des Raumes stand ein Kontrollfeld, über dem Überwachungsbilder der gesamten Anlage schwebten. Die Felder wurden von den Wachleuten bedient, die sämtliche Daten der Forschungsobjekte und der Forscher selbst kontrollierten. Überall eilten Männer und Frauen in ihren Kitteln umher, meist begleitet von einigen Cyborgs, die ihnen zur Sicherheit und als Hilfe dienten.

      „Der Testraum ist für Professor Robert James Stanson freigegeben“, gab Verone den Bedienern des Kontrollfeldes bekannt. Ein weiteres Bild leuchtete auf.

      „Komm mit, Sam“, sagte sein Vater und deutete ihm weiterzugehen. Es war ein weiter Weg durch die Halle bis zu ihrem Ziel. Immer wieder grüßten einige andere Forscher seinen Vater. Nur bei einem blieben sie kurz stehen.

      „Frank, ich hatte dir doch versprochen, dir einmal meinen Sohn vorzustellen.“ Der Mann reichte Sam die Hand. „Das ist Samuel.“

      Oh nein, schoss es Sam durch den Kopf. Er mochte seinen Namen nicht. Wieso musste sein Vater ihn immer ausgerechnet so vorstellen?

      „Guten Tag, junger Mann! Sie werden sicher einmal der nächste Einstein.“ Er lächelte und Sam war schlagartig fasziniert von diesem Mann.

      „Sie kennen Einstein?“, verblüfft sah er ihm in die Augen.

      „Na, es wäre eine Schande einen Mann wie diesen nicht zu kennen. Unsere Geschichte ist doch der Anfang von all dem hier, nicht wahr?“

      Sam nickte sprachlos.

      „Nun wird er dich so schnell nicht vergessen, Frank.“

      Sams Vater lachte. „Mein Sohn ist an Geschichte sehr interessiert.“

      Frank schien erfreut. „Das ist immer eine gute Basis für einen großen Wissenschaftler. Nur, wer Altes kennt, kann Neues entdecken. Es war mir eine Ehre, Samuel.“

      „Mir auch, Sir“, erwiderte Sam kurz, der gar nicht begreifen konnte, wie er in so kurzer Zeit so viel Sympathie für diesen Mann aufbringen konnte.

      Sein Vater legte ihm eine Hand auf die Schulter. Er sah ihn voller Stolz an und führte ihn dann weiter durch die Halle. „Hier ist es.“

      Neben dem Eingang hielt, wie bestellt, der Soldat, ein militärischer Cyborg, Wache. Sein Vater legte seine Hände auf eine Scheibe an der Tür und diese öffnete sich.

      „Du wirst fasziniert sein, Sam. Die R2-Reihe sieht uns schon unglaublich ähnlich. Wir planen, sie in sämtlichen Altersgruppen zu liefern. Das wird für Kinder sicher förderlich sein. Sie werden zum ersten Mal in unserer Geschichte ein Cyborg-Kind als realistischen Spiel- und Lerngefährten erhalten.“

      „Du meinst, solange man in einer Familie lebt, in der man sich so etwas leisten kann.“ Sam klang mal wieder skeptisch.

      „Der Preis sinkt mit der Nachfrage, mein Sohn. Wir haben schon so viele Vorbestellungen, dass der Preis dieser Serie schon in den ersten Monaten unglaublich sinken wird.“

      Sam blies die Wangen auf und stieß seinen Atem hervor.

      „Sehen wir uns das einfach mal an“, schlug er vor. Sein Vater war immer begeistert von dem, was sie erschufen. Meist gab es aber kaum erkennbare Unterschiede zwischen den Ziffern der Alphabet-Serien. Mit der A1-Serie hatte das Projekt Cyborg angefangen. Als diese damaligen Modelle ihre ersten Verbesserungen erhielten, entstand daraus der A2. Bei den folgenden B-Modellen wurde das Aussehen weiter optimiert. Doch bislang waren der Wissenschaft zwischen den Serien kaum große Sprünge gelungen. Bis auf den Durchbruch, der mit den ersten K.I.-Cyborgs der Q3-Serie gelungen war, kamen nur langsam weitere Optimierungen hinzu. Die R1 Cyborgs sahen schon sehr menschlich aus, doch viele Änderungen erwartete Sam nicht. Wieso sollte ein R2 gleich um ein Vielfaches besser sein als das Vorgänger-Modell der R1-Serie, die erst im letzten Jahr vorgestellt worden war?

      Sie traten an die Versorgungskapsel heran. Sie war das Gefäß, in dem der Cyborg bis zur Auslieferung lag, eingebettet in ein zähflüssiges Material, das sein Vater Lebenssaft nannte, weil es jeden Teil der Maschine auch über Jahre hinweg im besten Zustand erhielt.

      Bevor der Professor die Kuppel öffnete, packte er seinen Sohn mit beiden Händen fest an den Schultern. „Ich hoffe, dass alles gut laufen wird, denn wenn sie funktioniert, wird sie dein erster eigener Cyborg werden.“

      Sams Augen weiteten sich überrascht. „Ich weiß, dass du nur nett sein willst, aber wozu soll das gut sein?“

      Doch sein Vater ließ sich nicht beirren und schlug mit der Faust auf den Knopf, der die Versorgung beendete und die Kuppel öffnete. Licht strömte durch den zähflüssigen Inhalt nach draußen. Nackt und in Fötus-Stellung lag der weibliche R2-Test-Cyborg dort. Die dunklen Haare waren über dem Kopf zusammengebunden. Unter ihren geschlossenen Augen, an den Brüsten, Beinen und Kniescheiben zogen sich blaue Linien durch die Haut, in denen bläuliches Licht schimmerte. Diese Öffnungen waren nur an den Oberschenkeln sehr breit, ansonsten konnte Sam seinem Vater nur Recht geben. Sie wirkte unglaublich realistisch und sah ziemlich jung aus, in etwa so alt wie Sam selbst.

      „Die Öffnungen sind bei diesem Modell gering gehalten. Die bläuliche Substanz ist ähnlich wie die Haut, nur etwas durchsichtiger. Man erkennt allerdings nichts Technisches, denn dahinter liegen Kontrollpunkte, die während ihrer Laufzeit stets beleuchtet sind. Gibt es ein Problem, dringen wir durch die Öffnungen ein, um der ansonsten perfekten menschlichen Haut nicht zu schaden. Die Substanzen sind leicht und unerkennbar zu verschließen, das macht die R2-Serie bislang einzigartig. Es gibt einige wichtige Kontrollpunkte, das sind die hinter den runden Öffnungen: einer unter dem Arm nahe ihrer Brust, mit dem sie zum ersten Mal gestartet wird und durch den wir an das sogenannte Herz kommen, dann je zwei an jedem Fuß. Diese sind wichtig, weil wir dort einige Speicherkristalle platziert haben, die Daten ihres Körpers aufzeichnen. Das ist wirklich eine ganz neue Technik, Sam. Sie ist mit einer gefühlvollen K.I. ausgestattet, sie empfindet Schmerz, Mitgefühl, Freude