Christin Thomas

Hope


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wird nicht länger lächerlich anmuten. Ihnen keinen zu geben wird herzlos erscheinen. Ich bin mir ganz sicher, dass wir mit den Erkenntnissen, die wir bei der Herstellung der R2-Serie gesammelt haben, auch das Hauptsystem Coroc weiter ausbauen können.“

      Aufgeregt streichelte er dem Cyborg über die Haut, während er seinem Sohn diese Errungenschaft ans Herz zu legen versuchte.

      „Ist sie 17?“

      Sein Vater begriff schnell, dass Sam mal wieder kaum zugehört hatte. Doch er freute sich, dass er zum ersten Mal mit den Gedanken im Hier und Jetzt war, als er nachfragte. „Ja, ich dachte, es wäre gut dir einen Cyborg zu schenken, der optisch ungefähr deinem Alter entspricht.“

      „Wofür soll sie denn gut sein? Ich habe Freunde, ich brauche keinen Roboter.“

      „Der R2 dient nicht nur als Hilfe, Begleitung, Ratgeber oder ähnliches. Er dient auch der Sicherheit, Sam. Sie ist auch darauf programmiert, dich vor Gefahren zu schützen.“

      Sein Sohn verdrehte genervt die Augen. Eine nicht unbekannte Geste für den Professor.

      „Sie soll mich von Dummheiten abhalten, oder?“

      „Wir werden sehen, wie sie sein wird, Sam. Ich kann sie zu nichts zwingen. Sie ist eine gefühlvolle K.I., vergiss das bitte nicht.“

      „Wenn sie bei Filmen anfängt zu weinen, hört mein Verständnis für den Gefühlskram bei Robotern aber wirklich auf.“ Er lächelte kurz und steckte auch seinen Vater damit an.

      „Jaja, Sam, mach dich nur lustig!“

      Dann ergriff er die Hand seines Sohnes und führte sie zu dem runden Kontrollpunkt unter ihrem Arm. „Du musst fest drücken. Es wird einen Moment dauern, bis sie erwacht und dann können wir nur hoffen, dass sie keine Probleme wie ihre Vorgänger-Version verursacht.“

      Sam presste seine Finger auf ihre durchschimmernde Haut. Sie fühlte sich bereits jetzt warm und dadurch irgendwie lebendig an. Schnell zog er die Hand zurück.

      Sein Vater wandte sich erneut an Verone: „Starten Sie die Aufzeichnung, ich brauche mindestens eine Frontansicht und eine vom Profil des R2.“

      „Aufzeichnungen werden gestartet, Professor.“

      Die Fingerspitzen des Cyborgs zuckten mehrmals, bevor sie sich streckten. Es sah wirklich aus, als würde sie aus einem langen Schlaf erwachen. In ihrem Gesicht konnte man noch die Müdigkeit erkennen. Nur langsam öffneten sich ihre strahlend blauen Augen.

      Kapitel 2

      Der R2 richtete sich langsam auf. Verwunderung lag in ihren Augen und sie bedeckte beschämt ihre Brüste. Sam sah peinlich berührt auf den glänzenden weißen Boden hinab. In ihrem künstlichen Bewusstsein war die Erweckung als Teil ihres bisherigen Wissens eingespeichert. Sie erkannte den Testraum, dessen Bilder man in den Speicherkristallen angelegt hatte. Auch der Mann vor ihr kam ihr bekannt vor. Sie wusste, dass sie im Forschungszentrum war und dennoch fühlte sie sich aufgrund ihrer Nacktheit unwohl.

      Der Professor sprach erneut die K.I. des Forschungszentrums an. „Verone, schicken Sie uns bitte umgehend einen Cyborg, der uns einen der R2-Körperanzüge bringt und legen Sie eine Notiz über ihre Scham-Reaktion ab.“

      Verone antwortete umgehend. „Die Ablage dieser Notiz ist soeben erfolgt. Ein Cyborg macht sich auf den Weg zu Ihnen, Professor.“

      Dann wandte sich sein Vater an das R2 Modell, das ihn unsicher ansah, als er sich einen Schritt näherte. „Du bist im Forschungszentrum in Cyron und wir haben dich soeben aus deinem Erstschlaf erweckt. In Kürze bekommst du Kleidung, damit du deinen Körper bedecken kannst. Danach werden wir einige Tests durchführen müssen, um zu sehen, ob dein System fehlerfrei funktioniert. Nun möchte ich mich aber kurz vorstellen: Mein Name ist Robert James Stanson. Ich bin einer der leitenden Professoren im Bereich der Cyborg- und K.I.-Forschung. Das ist mein Sohn Samuel, er ist hier, weil deine zukünftige Aufgabe darin besteht, durch ihn unsere Welt, sozialen Interaktionen und unsere Geschichte kennenzulernen. Außerdem dienst du seinem Schutz. Er wird also dein Pate sein, dieses Wort sowie sein Name sollten dir bereits ein Begriff sein. Ist dem so, R2?“

      Vorsichtig nickte sie. Es beruhigte sie zu wissen, dass ihr Pate bereits vor Ort war. Kurz musterte sie ihn, ehe sich ihr Blick wieder auf Robert richtete. „Ist das mein Name?“

      Ihre Frage zauberte dem Professor ein Lächeln ins Gesicht. Ihre Stimme war angenehm sanft und unglaublich klar, ganz anders als die von Jenna. Sie klang so perfekt wie Verones Stimme. Es gab keinen einzigen technischen Klang darin.

      „Nein. Deinen Namen erhältst du von Samuel.“

      Sein Sohn sah auf und blickte in die beiden erwartungsvollen Gesichter, die ihn plötzlich ansahen. Sein Vater hatte ihn schon wieder mit seinem vollen Namen vorgestellt. Eigentlich hätte er das nur zu gern korrigiert, aber ihm war die Situation noch immer unangenehm. „Wie, jetzt sofort?“ Er geriet etwas in Stress.

      „Du bist doch sehr belesen und ideenreich. Es wird doch sicher einen Namen geben, den du in alten Büchern sehr gemocht hast. Vielleicht so etwas wie Gaya oder Helene“, schlug sein Vater vor.

      Sam schüttelte den Kopf. „Das passt doch überhaupt nicht. Sie ist viel zu modern, um ihr einen solchen Namen zu geben.“

      „Gut. Was passt denn deiner Meinung nach?“

      Während die beiden sich unterhielten, wanderte der Blick des R2 aufmerksam zwischen dem Professor und seinem Sohn hin und her. Die Tür glitt plötzlich auf und ein männlicher Cyborg betrat den Raum. In den Händen hielt er einen zusammengelegten weißen Anzug.

      „Sehr gut“, sagte Sams Vater und nahm das Kleidungsstück entgegen. „Sie dürfen nun gehen.“

      Das männliche Modell der R1-Serie bedankte sich und verließ eilig den Raum. Dann legte Sams Vater den Anzug auf dem Boden vor der Versorgungskapsel ab, auf der der R2 nun wesentlich beruhigter aussah.

      „Einfach die vorderste Naht auseinanderziehen, sie schließt sich von allein, wenn du den Anzug anhast und die Naht zusammenstreichst.“

      Sie nickte dankbar.

      Der Professor und Sam drehten sich um und hörten, wie sie den Stoff öffnete. Es dauerte etwas, bis sie mitteilte, dass sie fertig war. Sam und sein Vater drehten sich zu ihr um. Sie stand nun und war etwa zehn Zentimeter kleiner als Sam. Aber das war auch nicht verwunderlich. Er war generell immer ein paar Zentimeter größer als seine Mitschüler oder Freunde. Der Anzug lag ganz eng an ihrer Haut, der weiße Stoff hatte am Dekolleté einen V-Ausschnitt und ging an den Beinen bis knapp unter die Knie. Die Arme waren bis zu den Händen vollständig bedeckt.

      Der Professor versicherte ihr, dass sie Schuhe und eine große Auswahl an Kleidern erhalte, sofern die Tests gut ausfallen würden. Dann dürfe sie in spätestens zwei Tagen das Forschungszentrum mit ihm verlassen und erhalte ein eigenes Zimmer und wie versprochen die alltagstauglichere Kleidung.

      Dann sah er seinen Sohn erneut erwartungsvoll an. „Wir warten noch auf den Namen, Sam.“

      Einen Augenblick lang fühlte er sich völlig ratlos, doch als ihr Blick den seinen traf und er in das helle Blau ihrer Augen versank, gab es keinen Zweifel mehr an dem Namen, den sie tragen sollte.

      „Sky“, sagte er fest entschlossen, „wie der Himmel über der Erde.“

      Sein Vater sah ihn erfreut an. Er schien zufrieden mit der Wahl. „Also gut. Gefällt dir der Name?“ Mit dieser Frage wandte er sich dem R2 zu. Der Cyborg nickte.

      „Sky“, wiederholte sie zufrieden, „wie der Himmel über der Erde.“ Und sie lächelte, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Vorstellung von der Erde hatte. Doch sie empfand den Klang dieses Satzes als schön und war durchaus zufrieden.

      „Wir reichen einander die Hand, wenn wir uns dem anderen vorstellen. Daher würde ich gern noch einmal anfangen. Mein Name ist Robert James Stanson. Und du bist …?“ Er streckte ihr die Hand entgegen.