Kerstin Wagner

Der Funken Liebe


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sah sie entgeistert an. „Meinst Du, ich will mich jeden Tag auch noch an unseren Wänden hängen sehen?“

      Wilks verstand den Satz nicht, aber Rosie lachte. „Ich will es aber. Wilks, machst Du es?“

      „Jetzt sofort?“

      Rosie nickte begeistert. „Was sollen wir tun?“

      Wilks zog einen Stuhl hervor und drückte Rosie darauf. Mick zog er hinter den Stuhl und legte dessen Arme um Rosies Schultern. Dann setzte er sich selbst auf den Küchenbarhocker und begann die Skizze.

      Eine halbe Stunde später schauten dann alle auf das Ergebnis.

      Mick war begeistert. Wilks war in der Tat ein begnadeter Künstler. „Mit sowas verdienst Du hoffentlich viel Geld!“, sagte er zu Wilks.

      Der nickte.

      Rosie sah Wilks dankbar an. „Was kriegst Du dafür?“

      Wilks war entsetzt. „Na nix!“

      „Doch“, widersprich Rosie ihm. „Wenigstens ein Abendessen.“

      Dann fuhren Rosie und Mick mit dem Bild heim.

      Abi hat Geburtstag

      Zwei Wochen später ging Wilks durch die City von London, denn er wollte ein Geburtstagsgeschenk für Abi kaufen. Dafür betrat er einen Mediastore und sah sich um. Nach einer Weile Stöbern hörte er plötzlich seinen Namen.

      Mick war auf ihn zugekommen und sie gaben sich die Hand.

      „Was machst Du hier?“, fragte Mick sichtlich erfreut.

      „Ich suche ein Geburtstagsgeschenk für Abs.“

      „DVDs?“

      Wilks nickte. „Da freut sie sich immer drüber.“

      „Was mag sie denn?“

      Wilks lachte. „Oh je. Am liebsten Filme wo die halbe Erde auseinander fällt, Meteoriten die Welt bedrohen oder zumindest Außerirdische die Menschen alle killen wollen. Oder Jane Austen. Aber die hat sie alle schon.“

      Mick dachte kurz an die Buchfrau von Franklys Show und er musste schmunzeln. „Tja. Frauen lesen und gucken sowas gern. Rosie würdest Du damit nicht kriegen. Mit The Fast & Furious allerdings schon.“

      Mick war vor einem Aufsteller stehen geblieben, der seinen eigenen Film „Forbidden“ anpries. Himmel sei dank war er selbst nicht auf dem Cover drauf, denn er sah sich ständig irgendwo.

      „Hast Du den schon gesehen?“, fragte Wilks Mick und nahm eine der einfolierten DVDs hoch.

      Mick antwortete ehrlich. „Im Kino.“ Bei der Premierenfeier.

      „Ich hab ihn gesehen. Er ist ganz nett.“

      Mick starrte Wilks belustigt an. Nun war ihm wirklich klar, dass Wilks sich nicht für Filme interessierte und ihn, Mick, auch nicht erkannte. Mick fand das schön.

      „Wann hat Abs denn Geburtstag?“, fragte er.

      „Am 20. Mai.“ Wilks sah spontan eine andere DVD, überlegte kurz und hielt sie Mick hin. „Den schenke ich ihr schon mal. Henry James geht immer.“

      Mick blickte auf das Cover und musste innerlich lachen. „Daisy Miller.“ Sein eigner Film mit ihm in der männlichen Hauptrolle.

      „Genevieve Pascal und Michael Huffner“, las Wilks vor. Er tippte auf das Cover. „Sie ist sehr hübsch.“

      „Ja, sie ist hübsch.“ Mick sah Wilks an und fühlte sich plötzlich ein wenig unwohl, dass er Wilks so im Regen stehen ließ. Das hatte der nette Wilks nicht verdient. Er nahm Wilks kurzerhand die DVD aus der Hand und zeigte auf seinen eigenen Namen. Wilks schaute ihn irritiert an und Mick sagte schlicht: „Das bin ich.“

      „Du verarschst mich“, sagte Wilks und sah Mick sofort den Kopf schütteln.

      Es brauchte einen kurzen Moment bis Wilks begriff und er musste breit grinsen. Er nahm „Forbidden“ noch mal in die Hand und besah sich das Cover. „Warst Du echt nackt in dem Film?“

      „Ja. Oder bist Du beim Sex immer angezogen?“

      Plötzlich machte es erneut klick und Wilks begriff, dass Mick der Michael Huffner war, den Abs im Fernsehstudio kennengelernt hatte. Der Michael Huffner aus Abis Roman. Aber eine Frage war wichtiger. „Ist das nicht total peinlich da nackt vor allen rumzustehen?“

      „Man hat ja zwischendurch einen Bademantel an.“

      Wilks lachte. „Na dann!“

      Er stellte „Forbidden“ wieder zurück und klemmte sich „Daisy Miller“ unter den Arm. „Abs hat Dich auch schon mal getroffen.“

      „Wie – getroffen?“

      „Na, kennengelernt. Bei Frankly im Studio.“

      Mick brauchte einen Moment um zu schalten. Dann hatte er es. „Deine Freundin Abs ist Abigail Audrun?“ Die Überraschung war perfekt.

      „Genau die ist sie!“

      Mit heftig klopfendem Herzen blickte Mick den Kerl vor sich sprachlos an. „Du schreist gleich nicht: „Verarscht!“, oder?“

      „Nein. Wenns um Absi geht verarsche ich niemanden.“

      Mick schnaubte amüsiert auf. „Damals war sie rasend schnell weg. Ich hätte mich gerne noch verabschiedet, aber ich musste dringend pinkeln. Und als ich wieder kam war sie schon verschwunden.“

      Wilks lachte. „Als sie heim kam regte sie sich auch bei mir über Dich auf. Du seist sehr unhöflich gewesen, weil Du Dich nicht mal von ihr verabschiedet hättest. Du seist einfach rausgerannt.“

      „Vielleicht kann ich es ihr ja mal beizeiten persönlich erklären.“ Mick sah auf die DVD. „Ist das das Einzige, was Du ihr schenken willst?“

      „Weiß nicht. Wollte nicht mehr als nen Fünfziger ausgeben.“

      Mick sah auf den Preis. „Dann hast Du noch 40.“

      Wilks überlegte nicht lange. „Sie will einen neuen Roman schreiben, aber hat keine Lust mehr auf Free-Office. Wie teuer wohl richtiges Office ist?“

      „Das kriegst Du nicht für 40 Pfund.“

      Wilks starrte nachdenklich auf die DVD. „Das ist blöd.“

      Die beiden Männer überlegten noch eine Weile herum und da Wilks wusste, das Abs eine, wie sie meinte heimliche, aber eigentlich ziemlich offensichliche, Handtaschen-Fetischistin war, kaufte er einen Gutschein für 40 Pfund in Abs‘ Lieblingsgeschäft. Er ließ ihn schön einpacken und die Verkäuferin war so nett die DVD gleich mitzuverpacken. Wilks war zufrieden.

      Mick grinste. „Komm, ich lad Dich auf nen Kaffee ein.“

      „Gern.“

      „Wie ist Abigail so?“, fragte Mick beiläufig, während die beiden Männer das Geschäft verließen.

      „Abigail mag sie nicht. Nenn sie so bloß nicht!“, griente Wilks. „Nenn sie entweder Abi oder Abs, so wie ich. Gail auch nicht. Gail hasst sie noch mehr als Abigail.“

      Die beiden setzten sich nach draußen in die ersten vorsichtigen Sonnenstrahlen. Sofort kam eine Bedienung an und die beiden bestellten sich Kaffee. Als die Dame wieder weg war, seufzte Wilks. „Abi ist der großartigste Mensch, den ich kenne.“

      Mick blickte ihn beeindruckt an und sah Wilks zu, der mit der Tüte spielte, die Abis Geschenk enthielt. Wilks lächelte. „Ja, sie ist gnadenlos ehrlich, loyal und total lustig. Ich lebe mit ihr jetzt seit 15 Jahren zusammen und zwischen uns hat es nie ein böses Wort gegeben. Außerdem ist sie erfreulich unlaunisch.“

      Mick lachte. „Tja, das Glück habe ich mit Rosie nicht.“