null Guamo

Gruselige Kurzgeschichten - ein Band mit 8 Erzählungen


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an und wir konnten auch sogleich einen Termin für denselben Tag vereinbaren. Die Arbeit verging wie im Fluge und der ersehnte Termin rückte in greifbare Nähe. Dann war es soweit, ich brauste mit meinem kleinen Auto dorthin und…begegnete zahlreichen Handwerken. Nach einigen Fragen kämpfte ich mich vor und erreichte auch bald den Vermieter und meinen zukünftigen Mitbewohner. Die Wohnung wurde gerade renoviert und das was man sehen konnte, sah schon sehr einladend aus und das, was vielleicht nicht meinen Geschmack entsprach, malte ich mir nach der Renovierung als wunderschön aus. Soweit so gut, aus Angst diesen ungeschliffenen Diamanten in Form einer 58qm-Wohnung zu verlieren, sagte ich sofort zu. Der Vermieter schien auch einverstanden sein, da ich wie ein zahlungskräftiger Kunde wirkte. Nach dem Besichtigungstermin fuhr ich meinen Mitbewohner zu seiner Uni und wir quatschten noch eine Weile, dabei viel mir auf, dass er viel zu sagen hatte. Punkt um, er redete sehr viel. Na ja aber nichtsdestotrotz lieber ein freundlich sprechender Mitbewohner als eine mürrische Kalkleiste. Bei meiner Tante angekommen, verkündete ich sogleich die erfreuliche Nachricht und sie wurde mit einem überschwänglichen Entgegenkommen ihrerseits und ihres Freundes begrüßt. Ja ja, ich wusste was ihr dachtet, aber es ist okay, schließlich durfte ich knapp 2 Monate bei ihr kostenlos wohnen und habe obendrein immer abends noch was leckeres zu Essen bekommen, worüber sich mein Körper mit dem Aufbau von zahlreichen Fettzellen bedankte.

      Es war soweit. In München kauften meine Eltern noch ein Bett für mich und die Möbel suchten wir aus vorhandenen und gebrauchten zusammen. Dann fuhren mein Vater, mein jüngerer Bruder und ich in einem Lieferwagen gen Bremen. Dort angekommen, bekamen wir den Schlüssel vom Vermieter. Mein Bruder und mein Vater waren begeistert von der Wohnung, meine Erwartungen wurden mal wieder nicht erfüllt, aber scheiß drauf, warum habe ich auch nur solch hohe Erwartungen. Hier und da mussten noch ein paar Schönheitskorrekturen an der Wohnung gemacht werden, dann war es perfekt. Natürlich war überall noch oberflächlicher Dreck von den Arbeiten, aber ich hatte mein Zimmer in dieser Wohnung, da machte mir auch der strenge Lackgeruch nicht mehr so viel aus. Fenster auf und gut ist, dachte ich anfangs. Nachdem wir alles aufgestellt, grob geputzt hatten, gingen wir zum Vermieter und ich unterschrieb den Vertrag. Immer im Hintergedanken das ich auf Arbeit auch noch in der Probezeit gekündigt werden konnte. Aber es gäbe bestimmt auch hierfür eine Lösung.

      Nun war es soweit. Die Wohnung war „eingerichtet“, halbwegs sauber und alles, was man zum Überleben braucht, hatte ich auch. Die Arbeit war getan und mein Vater und mein Bruder machten sich daran zu gehen. Ich winkte selbstsicher aus dem frisch geputzten Fenster und wünschte den beiden noch eine gute Heimfahrt. Dann fuhren sie von dannen.

      Ich war allein. Allein und getrennt von allem, was ich liebte. Ein paar Tränen rollten mir über die Wangen, aber kein Grund in einen langen Heulkrampf überzugehen. Schnell wischte ich mir die salzhaltige Flüssigkeit weg und lief ein wenig durch die Wohnung. Hübsch hier dachte ich. Von der Küche aus konnte man direkt in die Küche in das gegenüberliegende Haus schauen. Wie es der Zufall manchmal will, standen beide, Frau und Mann Mitte 40iger da und schauten mich an, ich hob meinen Arm und winkte ihnen zu. Anstatt einer freundlichen Antwort, schauten beide demonstrativ weg und gingen dann aus ihrer Küche. Nett, meine Nachbarn, dachte ich mir, aber das wird bestimmt noch und wenn nicht, kann ich ja immer noch mein Hinterteil blank ziehen und es ihnen entgegenstrecken. Auf diese Gesichter wäre ich dann sehr gespannt. Ein flüchtiges Lächeln huschte über mein Gesicht und ich ging wieder in mein Zimmer zurück. Ist mir das schon vorher aufgefallen oder riecht es jetzt plötzlich noch stärker nach Lack und ähnlichen Mitteln? Ich machte das Fenster zu beiden Seiten sperrangelweit auf. Draußen war es warm und ein laues Lüftchen schenkte mir eine frische Brise für mein Zimmer. Ich erschrak auf einmal, da sich mein Handy zu Wort meldete. Sicher hatten sich mein Bruder und mein Vater verfahren, ich ging also ran und meldete mich mit einem freundlichen, fast wissendem was-jetzt-kommt Hallo. Wie sich schnell herausstellte, war es mein neuer Mitbewohner, der mir mitteilte, dass er erst in 3 Wochen einziehen würde, da er noch in seiner alten Wohnung einiges zu klären hatte. Informationen, die man in einer reichlichen Minute abwickeln konnte. Aber nein, nach endlosen 20min, indem die Wohnung ausführlichst beschrieben, Mängel genannt, über Persönliches gesprochen und letztendlich auch noch das Wetter durchgenommen wurde, sagte ich ihm, dass ich noch einiges auspacken musste, was ja nicht so abwegig war und ich beendete das Gespräch. Langsam kamen mir Zweifel, ob ich dir richtige Wahl getroffen hatte. Nun musste ich die nächsten 3 Wochen alleine verbringen, wo ich mich doch insgeheim darauf gefreut hatte, nicht so sehr allein in der Wohnung zu hocken. Leider bin ich auch nicht der kommunikativste und offenherzigste Mensch, was die Sache erschwerte, schnell neue Freunde zu finden. Aber wohin mit dem ganzen Jammer und die Sorgen die sich auftaten? Schnell unters Bett damit, sagte ich zu mir selber, denn morgen ging die Arbeit los und sicher werde ich nach dem ersten Tag halbtot ins Bett fallen. Nix mit Freunde finden, jetzt ist arbeiten angesagt.

      Die nächsten drei Wochen vergingen wie im Flug. Die Arbeit schaffte mich auch am Anfang, aber mittlerweile hatte ich mich daran gewöhnt. Das letzte Wochenende bin ich wieder in meine alte Heimat zurückgekehrt. Es war verdammt schön. Wenn man erst einmal weg ist, dann merkt man, was man vorher hatte. So kam es, dass mir der kurze Aufenthalt stille Reserven freilegte und mich neu regenerierte. Doch der Abschied war grausam und zerstörerisch. Mit tieftrauriger Miene, Bauchschmerzen und hunderte mal „Ich habe keine Lust“ fuhr ich letztendlich wieder in Richtung Bremen, in Gedanken bald wieder nach München fahren zu können. Die siebenstündige Fahrt brachte meiner Laune auch keine Verbesserung, aber jedenfalls fand ich mich mit dem Gedanken ab, dass die Arbeit auf mich wartete. Unbescholten und ohne groß Nachzudenken schleppte ich mein Krims-Krams die drei Stockwerke nach oben, während die gute alte Laune unten im Keller hauste. Ich schloss die Tür auf, merkte dabei, dass die Tür gar nicht zugeschlossen war, dachte mir dabei aber nichts, schließlich kann ja jeder mal vergessen abzuschließen und dann viel mir gleißender Lichtschein einer 100W-Birne entgegen. Nachdem meine Augen wieder etwas wahr nahmen und ich versteinert auf der Türschwelle stand, sah ich das Unheil. Lauter Kartons und unzählige Sachen verbarrikadierten den Weg zu meinem Zimmer, der Küche und zum Bad. Ich ging kurz wieder raus, wollte auf das Klingelschild schauen, ob ich mich nicht gerade in der Wohnung geirrt hatte. Aber nein, das Schild wurde ja noch gar nicht vom Vermieter angebracht, also war ich hier richtig. Kurz nach dem ich laut polternd meine Sachen im Eingang fallen ließ, ertönt auch schon ein kurzes „Hallo“.

      Ich erwiderte ein fragendes „Hallo?“, immer noch in der Annahme in einer falschen Wohnung zu stehen.

      „Hallo, ich bin dein neuer Mitbewohner. Bin in der Küche.“ sagte er freundlich.

      „Ähh…okay.“ äußerte ich etwas verwirrt, weil ich immer noch nicht wusste, wie ich die ganze Barrikaden überwinden sollte.

      Nach ein paar zaghaften Versuchen die Kartons vorsichtig beiseite zu stellen, riss mir der Geduldsfaden und ich ging einfach ohne Rücksicht auf Verluste da durch. Endlich in der Küche angekommen, schaute mich mein Mitbewohner mürrisch an. Anscheinend war ihm mein brutales Vordringen ins Krisengebiet nicht entgangen und er motzte mich gleich an.

      „Sag mal, kannst du nicht mal auf die Sachen aufpassen? Mit deinem Zeug kannst du es ja ruhig machen.“ sagte er nun nicht mehr so freundlich.

      Ich holte kräftig aus und schlug ihn direkt in sein lächerliches Gesicht. Ein kurzer Blutschwall strömte aus seinem Mund, während er ungeschützt rücklings an den Kühlschrank donnerte. Ja, so hätte es sein können, war es aber nicht. Als hätte ich seine dumme Bemerkung nicht gehört, schließlich hatte er ja alles voll gestellt, gab ich ihm meine Hand und sagte mit dem allerfreundlichsten Ton, der mir zur Verfügung stand: „N’abend.“

      Nach kurzer Pause in der er mich weiter musterte, gab er mir endlich seine Hand. Nur war es dafür zu spät. Wie sagt man doch immer so schön „der erste Eindruck zählt“. Wir haben uns zwar nicht das erste mal gesehen, aber seit langem wieder und das erste mal in unserem gemeinsamen Habitat. So schäbig begrüßt zu werden, während sowieso meine Laune wie erwähnt im Keller war, trug nicht dazu bei, sich Lorbeeren zu verdienen. Meine Zweifel schlugen gegen die Innwand meines Schädels, wie ein vergessenen fliegender Boomerang, der immer zu einem zurückkehrte. Nach diesem zärtlichen Händedruck, nachdem sowieso alles gelaufen war, führten wir einen kleinen Small Talk, über die Wohnungssuche, Möbel, Freundinnen, Vermieter und noch ein