null Guamo

Gruselige Kurzgeschichten - ein Band mit 8 Erzählungen


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des Mitbewohners jetzt zu war. Der Schatten in meinem Zimmer war natürlich auch weg. Aber der Zusammenhang fiel mir erst auf Arbeit auf. Denn in der Nacht habe ich besseres zu tun, als mein Gehirn anzuschalten und über irgendwelche Türen und Schatten nachzudenken. Wäre es möglich, dass mein Mitbewohner in meinem Zimmer war. Wenn ja, was wollte er dort und das mitten in der Nacht? Ein kalter Schauer lief mir bei diesem Gedanken den Rücken hinunter, aber die Klimaanlage die auf 18°C gestellt war, tat ihr übriges. Ich verschob den Gedanken und machte mich wieder an die Arbeit.

      Auch wenn ich die nächsten Nächte etwas unruhiger schlief, um ab und an aufzuwachen und in meinem Zimmer nach verdächtigen Schatten Ausschau zu halten, passierte die Sache nicht mehr, bis um die gleiche Zeit in 7 Tagen. Natürlich hatte ich es schon verdrängt, aber als ich wieder den Schatten sah und dann die offene Tür meines Mitbewohners war es mir klar. Da ich dringend auf Toilette musste, ging ich ersteinmal dorthin, um dann nach dem Rechten zu sehen. Leider war danach die Sache schon wieder vorbei. Seine Tür war zu und ich konnte nichts beweisen. Unverrichteter Dinge ging ich wieder in mein Zimmer und blieb den Rest der Nacht wach. Die einzigen Handfesten Gedanken waren, dass er mir etwas Böses, mich ausspionieren oder einfach nur ein Pyscho-Spiel durchziehen will. Natürlich passten mir keins der gedachten Möglichkeiten. Der Tag verging wie im Flug, wenn man von Deutschland nach Australien will. Soll heißen, ich quälte mich von Minute zu Minute und nutzte jede Möglichkeit der Pause, um kurz meine Augen zu schließen. Dementsprechend plumpste ich abends in mein Bett und war sofort weg. Irgendein Geräusch, wenn man aufwacht, weiß man da war was, kann es aber nicht näher identifizieren, hatte mich aufgeweckt. Als erstes stellte ich „schockiert“, langsam gewöhnte ich mich auch daran, den Schatten in der Ecke fest. Ich ging, ohne mir etwas anzumerken, auf direktem Wege in sein Zimmer und fand es natürlich…leer vor. Kein Mitbewohner weit und breit. Dann schaute ich in der Küche nach. Niemand. Dann ging ich ins Bad. Niemand. Und wenn ich schon mal dort war… Als ich wieder heraus kam, war die Zimmertür meines Mitbewohners verschlossen. Dies hinderte mich aber nicht daran, sie zu öffnen. Wie süß, dachte ich, da liegt er und schläft. Was für ein scheinfrommes Arschloch. Am liebsten hätte ich meinen Fotoapparat herausgeholt und ihn fotographiert, aber der lag zu Hause. Wütend knallte ich die Tür zu, denn ich wusste ja, dass er nicht schläft. Für mich kam nur eins in Frage. Ich musste mir ein Schloss für meine Tür besorgen, um endlich ungestört schlafen zu können. Ich konnte ihn ja auch nicht drauf ansprechen, sicher hätte er mich für verrückt erklärt und sich ins Fäustchen gelacht. Diese Schmach wollte ich mir ersparen. Zum Glück war es bereits Donnerstag, auch wenn es 2Uhr in der früh war, aber morgen wollte ich in die Heimat fahren und einiges zu meinem Schutz besorgen. Hätte ich gedacht, dass wieder eine anstrengende Nacht auf mich wartet, hätte ich schon am Donnerstag ein Schloss besorgt.

      Wie immer lang ich schlafend und nichts ahnend in meinem Bett, als mich irgendwas weckte, ich riss die Augen auf und bekam sogleich einen grellen Blitz zu spüren. Völlig blind und desorientiert, machte sich meine schützende Decke auf Abwegen. Mit voller Kraft und Körpereinsatz kämpfte ich blind um meine Decke, bis die undefinierbare Kraft, anders ausgedrückt, Earl, aufgab und ich sie wieder hatte. Blind richtete ich mich in meinem Bett auf und wartete bis ich wieder etwas sehen konnte. Aber da war nichts, ich hörte noch nicht einmal ein Geräusch und in der Dunkelheit, auch mit wieder normalen Augen, konnte ich nichts Auffälliges erkennen. Unspektakulär würde man sagen, das war ein Alptraum. Aber das lies ich mir nicht bieten und stürmte in das Zimmer meines Mitbewohners, der, wie es nicht anders zu erwarten war, schlafend in seinem Bett lag. Am liebsten hätte ich ihn angebrüllt, was der Scheiß soll, aber solange noch ein Fünkchen einer Alternative loderte, konnte ich ihm nichts anprangern. Und schon gar nicht ohne Beweise. Völlig sauer und auch ein wenig angsterfüllt ging ich in mein Zimmer zurück und stellte einen Stuhl vor meiner Tür. Verhakte die Lehne so unter die Türklinke, dass nur mit roher Gewalt und einigem Lärm der Stuhl nachgeben würde. Warum ich nicht schon früher auf den Gedanken kam, war mir bis dato völlig unklar. Aber weder der Stuhl, noch mein gestörter Mitbewohner gaben die weitere Nacht Geräusche von sich. Ich überlegte mir schon, ob mein Mitbewohner vielleicht schizophren war und sein absurdes Handeln gar nicht bewusst war. Von den Gemeinheiten und unterschwelligen Tonlagen her, schloss ich diese Möglichkeit schnell aus und schlief letztendlich ein. Am nächsten morgen packte ich meine sieben Sachen und fuhr zur Arbeit. Die Zeit war schön und entspannend, da meine Gedanken mich schon auf der heimischen Terrasse auf dem Liegestuhl sahen, erzählte ich dann was vorgefallen war, sehr zur Verwunderung meiner Eltern. Erst beim dritten Anlauf konnte man den Glauben an meine Erzählungen auf den Gesichtern ablesen. Sie dachten schon, ich würde wieder übertreiben, aber anhand meiner Augenringe lenkten sie dann doch ein. Noch am gleichen Tag fuhr ich mit meinem Vater in einen Baumarkt und besorgte mir ein Sicherheitsschloss. Der Verkäufer meinte, dass man dafür schon sehr geschickte Hände bräuchte, um das gute Schloss aufzubekommen. Zufrieden und ein wenig Zeit mit meinem Vater verbracht, verließen wir wieder schnell den großen Baummarkt, um Mutters Auflauf zu genießen.

      Alles in allem war das Wochenende mal wieder Balsam für meine geschundenen Nerven. Aber nach dem Tage kommt auch irgendwann der Abend und mit ihm das Erwachen.

      Noch konnte ich diesem Abend ausweichen, in dem ich zu einer unmenschlichen Zeit von meiner Heimat losfuhr, um dann pünktlich auf Arbeit in Bremen zu landen. Am gleichen Tag baute ich dann geschickt das Schloss ein und freute mich über die neu gewonnene Sicherheit. Natürlich provozierte ich meinen Mitbewohner nicht, in dem ich auf das Schloss zeigte oder ihm den Stickefinger hinstreckte, so dass er mir in mein Zimmer folgen würde, welches ich dann schnell abschließen würde. Nein, die Zeit würde kommen, an dem er das Schloss schon bemerken würde. Und diese Zeit kam schneller als gedacht. In der selben Nacht hörte ich wie jemand heftig meine Türklinke runter drückte und versuchte die Tür aufzubekommen, in der Annahme sie würde klemmen. Ich erfreute mich über meine erkaufte Privatsphäre und raf laut „HA“, um ihn zu erschrecken. Dann sagte ich etwas leiser: „Geh ins Bett du verrückter Penner.“ Als ob nichts gewesen wäre, hörte ich kein einziges Geräusch mehr. Er musste auf Samtsohlen wieder in sein ausgekühltes Bett gekrochen sein. Diese Nacht schlief ich herrlich, träumte aber apokalyptische Sachen. Was mir am nächsten Tag schon Sorgen machte, denn sie waren immer noch glasklar in meinen Gedanken eingebrannt. Eine nackte Frau oder irgendetwas Schönes vergisst man natürlich sofort wieder, aber so ein Scheiß muss ich mir jetzt den ganzen Tag im Kopf ansehen, dachte ich verärgert.

      Aber an diesem Tag waren das nicht die einzigen Sorgen, die ich haben sollte.

      Irgendwann, ich weiß nicht mehr genau wann es war, denn ich war mit den Kolleginnen auf einem Grillfest, kam ich nach Hause. Es war alles ruhig, was kein gutes Zeichen war. Denn alles was man sieht und hört, kann man auch einschätzen, aber die Ruhe kündigt das Ungewisse an. Ich durchstreifte beiläufig die öffentlichen Räumlichkeiten, entdeckte aber kein Unheil, was nicht schon vorher da war und ging letztendlich zu meinem unberührten Zimmer, da es ja verschlossen ist. Pustekuchen. Die Tür war zwar zu, aber nicht verschlossen. Ich schaute flüchtig in mein Zimmer, erkannte aber nichts. Dann überlegte ich, ob ich nicht vielleicht vergessen hatte, mein Zimmer zuzuschließen. Das konnte aber nicht sein, davon war ich felsenfest überzeugt. Misstrauisch betrat ich mein Zimmer und bemerkte sofort, dass Earl hier drinnen war und wie er das war. Im ersten Augenblick schien alles normal zu sein, aber beim näheren Hinschauen, entpuppte sich die kalte Fassade der Wahrheit. Natürlich bin ich ein ordentlicher Mensch, um nicht zu sagen pedantisch ordentlich, jedenfalls wusste ich, wo bestimmte Gegenstände ihren genauen Platz hatten und da fielen einem die verschobene Tastatur, ein umgekipptes Bild und schiefe Zettel sofort auf. Umso mehr ich sah, umso mehr kam die Erkenntnis. Dieses Arschloch ist doch tatsächlich in mein Zimmer eingedrungen und hat sich weiß ich was angeschaut und mich ausspioniert. Wer weiß, ob er nicht vielleicht ein Mikro oder eine kleine Kamera versteckt hatte. dachte ich, wobei das letztere doch eher eine Spinnerei von mir war. Wieder einmal völlig hemmungslos und wutentbrannt ging ich stapfenden Schrittes zu der Zimmertür meines Mitbewohners. Ich klopfte nicht, sondern drückte energisch die Klinke herunter. Aber sie öffnete sich nicht. Ich pochte heftig dagegen und schrie fast:

      „Das kannst du nicht machen. Ich rufe die Polizei und dann fliegst du hier raus.“

      Keine Antwort.

      Ich pochte nochmals heftig dagegen.