Margarithe W. Mann

Stalking


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bald wieder für immer da bist, ich freue mich schon darauf. Sag` mal, hast du vielleicht Lust am Sonnabend Nachmittag vorbei zu kommen?, mein Enkel hat Jugendweihe, da können wir mal ein bissel quatschen bei der Gelegenheit?!“. „Ach, ja, das ist eine gute Idee. Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen, ich komme sehr gerne!“, antworte ich. „Na prima, alles klar, dann bis Sonnabend, … ich freue mich schon!“. „Ich freue mich auch Johanna, bis Sonnabend dann, … tschüssi!“. Ich stecke mein Handy ein und fordere Betty mit einem Pfiff auf mir zu folgen. „Komm` Betty, wir gehen noch einmal hinüber zu Jacob“. Die Tür zu seiner Hütte steht offen, für April haben wir ungewöhnlich warme Temperaturen. Durch die Verbindungstür, die Jacob in den Gartenzaun eingebaut hat, sind es nur ein paar Schritte bis zu seiner Tür. Sie steht offen, dennoch klopfe ich leise an. „Komm` rein, du brauchst doch nicht immer klopfen, außerdem ist die Tür auf!“,ruft Jacob mit seiner kräftigen, rauen Stimme, die fast schon gewöhnungsbedürftig ist, erst recht, wenn er lauter spricht oder der Rosi sagt, was sie zu tun habe. Ich setze mich wie immer auf das kleine Sofa und Jacob sitzt mir auf seinem Stuhl gegenüber. Auch wie immer befindet sich der Stuhl mit der Lehne zur Wand, sodass er mich, den Fernseher und die Tür gleichermaßen im Auge hat. „Na, Marli, willst du dein Bier noch trinken, oder soll ich eine Flasche Wein aufmachen?, fragt er, nimmt einen kräftigen Schluck Bier aus seiner Flasche und steckt sich eine von seinen selbst gedrehten Zigaretten an. „Ich trinke noch mein Bier aus, dann verziehe ich mich Jacob, ich bin recht müde. Ich will morgen nach dem Frühstück gleich los und mich erkundigen wegen einer Wohnung“.Jacob steht auf, holt mir unaufgefordert meine angefangene Flasche Bier, ein Glas und gießt mir ein. „Hast du eigentlich die gewünschte Farbe im Baumarkt bekommen?“, fragt er. „Ja, das habe ich, … und Teer auch“. „Das ist doch schön, da mache ich mich morgen gleich über das Dach bei dir drüben, wenn du von der Wohnungsverwaltung zurück bist, bin ich fertig, so groß ist es ja nicht“. „Jacob, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, nur, dass es mir wirklich schon peinlich ist, weil du dauernd bei mir arbeitest, … und die Rosi auch! Vielen Dank!“. „Und ich habe gesagt, du sollst dich nicht laufend bedanken, ich helfe gerne und ich habe doch Zeit!. Ist denn das so ungewöhnlich, wenn dir jemand hilft?“. „Zumindest ist es für mich ungewohnt, beide Ehemänner hatten zwei linke Hände und haben sehr viel getrunken, ich war immer auf mich alleine gestellt. Mein Vater ist verstorben, da war ich noch nicht einmal dreißig Jahre alt und Geschwister habe ich keine. Für mich ist das alles irgendwie unwirklich“. „Du kannst dich bei mir bedanken wenn du willst, wenn du am Freitag zu meinem Geburtstag kommst“. „Ja, ich habe doch gesagt, ich komme gerne, … aber jetzt sei mir nicht böse, ich gehe jetzt in mein Häuschen“, verabschiede ich mich und trinke im Stehen noch meinen letzten Schluck Bier aus. „Na, dann gute Nacht bis morgen, … wollen wir vielleicht zusammen frühstücken? Ich mache den Kaffee fertig, wenn ich dich in deinem Bademantel um die Ecke fegen sehe“,schlägt er mit einem gewinnenden Lächeln vor und gibt mir gleichzeitig einen flüchtigen Kuss auf die Wange. „Jaa, … gut, warum nicht, einverstanden, gute Nacht, dann sehen wir uns morgen“, erwidere ich, drehe mich um und gehe meiner Wege. Betty sitzt ein paar Meter entfernt und beobachtet alles. Als sie sieht, dass ich komme, läuft sie mir schwanzwedelnd ein Stück entgegen und dann schnurstracks, wie man sagt zur Tür meiner kleinen Laube. Ich mache das Licht an, ich möchte mich eigentlich noch ein bisschen frisch machen. Ich habe zwei Schüsseln gekauft. Eine für die Körperpflege und eine zum Geschirr abwaschen. Seife, Handtücher, Wasser aus dem See, alles ist da. Ich habe alles da, was man in so einer kleinen Behausung benötigt, aber an eines habe ich nicht gedacht: Ich habe vergessen, die neuen Gardinen, die ich im Winter zu Hause genäht habe, auch gleich anzubringen. Die alten Vorhänge habe ich entsorgt und jetzt habe ich natürlich, für heute Abend, für etwaige Interessenten freie Sicht. Zumindest, wenn ich das Licht eingeschaltet habe. Ein Hüttenfenster zeigt nach Jacobs Seite, ein Fenster weist zur Straße, dort gibt es zudem noch eine Straßenlaterne. Das dritte, kleine Fenster zeigt in Richtung See . Also mache ich das Licht lieber wieder aus und hänge an die beiden größeren Fenster provisorisch ein Handtuch. Ich gieße ein wenig kaltes Wasser in eine Schüssel und belasse es beim Gesicht und Hände waschen. Ganz leise schleiche ich mich schnell noch einmal hinaus und putze irgendwo im Gebüsch meine Zähne. Ich eile zurück in meine kleine Bude und krieche wie Betty unter die Decke. Mir ist etwas unbehaglich zumute, überhaupt jetzt, wo noch keine Gardinen an den Fenstern sind. Ich kann meine Hüttentür zwar von innen abschließen, aber die Vorstellung, Jacob könnte ohne Vorankündigung davorstehen oder zum Fenster herein schauen ist ein komisches Gefühl. Die Straßenlaterne wirft ihr geiziges Licht in meinen Garten. Dennoch drängt sich ein Teil davon durch den Spalt, den das Handtuch am Fenster freigelassen hat. Ich denke über Jacob nach. Er ist nett, aber ich weiß nicht, wie ich mich verhalten würde, sollte er den Versuch unternehmen, mir näher zu kommen. Ich fühle mich durch seine Hilfsbereitschaft überfordert. Ich kenne das nicht, dass mir von einem Mann so viel ungefragte Hilfe zu Teil wird. Viele Fragen drängen sich mir auf. Warum schläft der Jacob fast immer hier im Garten, wo er doch unweit von hier eine Wohnung hat und warum lässt sich die Katrin kaum einmal sehen? Warum schätzt sie es nicht, dass der Jacob fürsorglich ist, … oder ist er das zu Hause nicht?. Ist das augenscheinliche Interesse Jacobs an mir echt oder bin ich zu blöd, die Sache richtig einzuordnen?. Warum lässt sich die Rosi diesen nicht gerade freundlichen Ton von Jacob gefallen und tut umgehend das, was er von ihr verlangt?. Ich nehme mir vor, dem Jacob bei der nächsten Gelegenheit diesbezüglich ein paar Fragen zu stellen. Am nächsten Morgen scheint die Sonne, wie am Tag zuvor auch schon. Ich werfe meinen Bademantel über, husche durch das Türchen zur Toilette und steige vorsichtig ein Stückchen in den See hinein. Das Wasser ist kalt, aber weil bereits die Sonne scheint kann man es aushalten. Betty kommt verschlafen hinter mir her und stillt ihren Durst. Ich gehe zurück zu meiner kleinen Laube und ziehe meinen Trainingsanzug über. Ich erschrecke, weil jemand an meine noch immer zugehängte Fensterscheibe klopft. Ich nehme die Handtücher ab und öffne die Tür. „Guten Morgen,du bist ja auch schon in Gange, der Kaffee ist fertig und ich habe noch Brötchen von gestern“, meint Jacob. „O. k, ich habe einen Toaster, da können wir sie aufbacken“, antworte ich. „Das ist eine gute Idee, einen Toaster besitze ich hier im Garten nicht, … der Kaffee ist türkisch, wenn es dir recht ist“. „Ja, das mache ich im Garten auch nicht anders, Zucker brauche ich keinen, nur Milch, die bringe ich mit, wenn du keine hast“. „Nee, Milch habe ich nicht, aber ich nehme Süßstoff“, meint er. Er bringt die Brötchen und wartet bis ich sie aufgebacken habe. „Warum siehst du dich immer noch so ängstlich um, wenn du zur Toilette gehst und huscht dann schnell vorbei?“, grinst er mich an. „Na ja, ich muss mich eben erst daran gewöhnen“, antworte ich. „Ich finde es schön, dass jetzt noch jemand da ist. Wie lange bleibst du eigentlich diesmal?“. „Ich denke so bis Anfang Mai, dann muss ich wieder zurück“. „Oh, schön, das sind ja noch ein paar Tage, wir machen am 30. April immer Walpurgisfeuer, da wärst du ja noch hier!“. „Ja, genau, nach dem 1. Mai werde ich dann sicher abfahren.“ Wir nehmen unser Frühstück und gehen zu ihm hinüber und setzen uns an den runden Tisch vor seiner Laube, es ist ein schöner Morgen für ein ausgiebiges Frühstück. „Auf Frühstück habe ich schon immer viel Wert gelegt, auch als ich noch in meiner Praxis gearbeitet habe, schade, dass sie jetzt weg ist, bis August habe ich nur noch ein paar Hausbesuche, dann ist endgültig Schluss“, erzähle ich, weil ich das Thema Arbeit anschneiden will. „Na dann hau rein, ich frühstücke auch, aber allein ist es nicht so schön, oder?, gemeinsam schmeckt es besser“. Ich wollte erst sagen, dass er es ja eigentlich nicht allein zu tun brauchte, weil er ja mit Katrin frühstücken könnte, aber lasse es dann doch bleiben und sage: „Das stimmt, ich muss jetzt auch immer allein frühstücken, jedenfalls in der Woche, am Wochenende habe ich öfter mal Gesellschaft durch die Kinder. „Wolltest du heute nicht zur Wohnungsbaugesellschaft?“, fragt er nach. „Ja, genau, gleich nach dem Frühstück, ich laufe, es ist nicht weit bis in die Stadt hinein“. Wir sitzen noch eine Weile und ich trinke ausnahmsweise noch eine zweite Tasse Kaffee. Als ich das Geschirr wegräumen will, sagt er: „Nein, lass` nur stehen, das mache ich nachher, ich wasche es ab, ich habe doch Zeit“. Ich bedanke mich, ziehe mich um.und gehe langsam los. Donnerstag, ist immer ein Tag, an dem die meisten Ämter offen haben, an dem man viel erledigen kann und ich habe Zeit. Ich habe Glück, bei der Wobag ist nur eine Person vor mir und es dauert nicht lange, da kann auch ich mein Anliegen vorbringen. Ich sage der anwesenden Mitarbeiterin, dass ich gern im Oktober umziehen würde