Margarithe W. Mann

Stalking


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sprach vorhin wieder nur von der Rosi, dass sie morgen kommen würde, aber von der Katrin war erneut keine Rede. Ich nehme die Teller, hole Besteck und bringe es nach Draußen.Während wir warten bis es soweit ist, um die Bratwürste auf den Rost zu legen, sitzen wir vor seiner Hütte an einem runden Gartentisch. Von hier aus kann man bis zur Bootsanlegestelle am See schauen. „Hier ist im Sommer jetzt immer allerhand los seit der Bootsanleger unmittelbar hier vorne ist. Zu DDR – Zeiten war es ein ganzes Stück bis man zur Anlegestelle kam. Um den See herum musste man laufen, fast bis auf die andere Seite, aber das weißt du ja sicher noch, wenn du früher hier gewohnt hast“, erinnert sich Jacob. „ Ja, das weiß ich noch, das alte Bootshaus da hinten ist ja noch am alten Fleck, eigentlich könnte man es nun auch abreißen, es ist halb zerfallen und erfüllt so seinen Sinn nicht mehr, es ist eher ein Schandfleck geworden im Laufe der Zeit. Das hier vorne ist ganz neu mit der großen Ausleihstation auch zum Tretboot fahren wie ich sehe. Ein neuer Kiosk gehört jetzt auch dazu“. „Ja, da hast du recht, entweder abreißen, oder man hätte es neu aufbauen und modernisieren können, dann hätten wir den ganzen Betrieb jetzt nicht vor der Nase. Gut ist es, dass es nicht mehr so weit ist bis zum Imbiss,der gehört einem Italiener, wenn die Rosi morgen kommt, dann kann sie für uns alle dort Pizza holen, die schmeckt am besten hier. Weit und breit gibt es keine bessere zu kaufen, man kann sich aussuchen, was man als Belag haben möchte. Jede wird ganz frisch und so belegt, wie es jeder haben möchte“. Er steht auf und legt die Bratwürste auf den Grill. „Es ist schön, dass außer meinen Kumpels und der Rosi jetzt noch jemand da ist, ... und dazu auch noch jemand, der so nett ist wie du“, raunt er schmeichelhaft. Ich sage nichts und lächele nur zu ihm hinüber. Während er sich mit den Bratwürsten beschäftigt habe ich einen Augenblick Gelegenheit, ihn etwas genauer in Augenschein zu nehmen. Ich muss gestehen, dass er für sein Alter noch recht passabel aussieht, auch wenn er ein wenig untersetzt ist und ein stattliches Bäuchlein aufweist. Seine markanten Gesichtszüge und ein jugendlicher Haarschnitt lassen ihn zumindest interessant wirken. Dennoch habe ich ehrlich gesagt keine Ambitionen mich auf eine nähere Beziehung einzulassen, auf die der Jacob offensichtlich hinsteuert. Natürlich liegt es mir daran, eine nette und hilfsbereite Nachbarschaft mit gelegentlicher Hilfe, die auf Gegenseitigkeit beruht zu unterhalten. Ich freue mich, dass ich dieses Seegrundstück bekommen hatte und meinen Garten, sowie die kleine Behausung auf Vordermann bringen konnte. Ich weiche seiner schmeichelhaften Feststellung bewusst aus, indem ich mich nach Katrin erkundige. „Die Rosi ist morgen wieder da sagtest du vorhin, kommt die Katrin auch ?“. „Nee, die Katrin hat wie ich schon sagte keinerlei Interesse für den Garten, die hockt lieber zu Hause, ich verstehe es auch nicht, aber das ist schon die ganzen Jahre so. Ich habe dir doch schon gesagt,dass ich fast immer alleine im Garten bin und nur zum Rasieren und Duschen mit dem Moped nach Hause fahre. Da bringe ich mir auch immer einen Kanister Wasser mit, wenn ich mal einen Kaffee machen will. Bei der Gelegenheit schaue ich dann immer, ob alles klar ist, ich habe dir doch erzählt, dass man die Katrin nicht völlig ohne Aufsicht lassen kann und dass ich ihr ständig sagen muss, was sie zu machen hat. Ja, ein Zusammenleben ist es nicht, aber ich fühle mich verantwortlich für sie, schon wegen meiner Tochter Lara“, antwortet er. Die Bratwürste sind indessen fertig. Jacob nimmt sie vom Rost und legt sie auf einen großen Teller. Dann geht er in die Laube, bringt Senf und stellt fragend fest: „Zum Essen trinkst du doch sicher noch ein Bier mit, da schmeckt kein Wasser, ich stelle Dein Wasser solange in den Kühlschrank, es ist schon ganz warm geworden?!“. Ich erkläre mich damit einverstanden und wir essen gemeinsam, nachdem ich von Jacob bedient wurde, indem er mir persönlich den Teller vollpackte und Bier einschenkte. Ich kannte es ja wie erwähnt überhaupt nicht, dass ich von einem Mann bedient wurde und gewohnt war ich es schon gar nicht. Es kam mir so neu und fast unglaubhaft vor, dass mir alles vorgesetzt wurde und ich nur noch zu essen brauchte. Aber ich würde lügen, wenn ich sage, es hat mir nicht gefallen. Nur gab mir das alles Rätsel auf, warum verzichtet die Katrin auf das, was man durchaus schon als Fürsorge bezeichnen kann. Ich fand keine Antwort darauf, jedenfalls zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Als wir gegessen hatten steht er auf und räumt den Tisch ab. „Kann ich Dir nun auch noch einen Schnaps anbieten, zur Verdauung?, die Arbeit ist doch fertig für heute, oder?“, fragt er. Ich sehe keinen Grund es abzulehnen, ich lasse mir ein Gläschen nachkippen und meine dann: „Ich danke dir für die nette Bewirtung Jacob, aber ich bin müde, es war ein langer Tag, nehme es mir nicht übel, aber ich glaube, ich gehe für heute in mein Bett“, bedanke ich mich bei meinem Gastgeber. Mein Hund, der sofort mitbekommt, dass ich mich zum Gehen rüste, steht gleich auf und läuft vorneweg. „Dann geh` nur, aber ich wollte dich noch etwas fragen Marli“. Er begleitet mich zum neuen Türchen. „Ja,und das wäre?“. „Ich habe am Freitag Geburtstag, ich wollte fragen, ob du kommen würdest, ich möchte dich gerne dazu einladen?“. „Ja, warum denn nicht, ich komme gerne“. „Das ist schön, da freue ich mich, wenn du dabei bist“,meint er. „Dann gute Nacht und nochmals vielen Dank für das Abendessen“, verabschiede ich mich. „Gute Nacht, dann bis morgen, schlaf` gut“, ruft er noch, als ich bereits die Tür meiner kleinen Hütte erreicht habe. Ich krabbele unter meine Decke, momentan ist es warm genug und ich brauche den Schlafsack nicht. Auch meine Betty nimmt ihren Platz ein und ich bin so müde, dass ich keine Gelegenheit mehr habe, weder über Jacob noch über Katrin oder die Rosi nachzudenken, weil ich gleich einschlafe. Am nächsten Morgen werden Betty und ich von der Sonne geweckt, das schöne Wetter setzt sich fort. Nebenan ist es noch still, ich ziehe meinen Bademantel über und schlüpfe durch das Verbindungstürchen in Richtung Toilettenhäuschen. Ganz in Ruhe genieße ich nach einer Katzenwäsche einen köstlichen frischen Kaffee und backe mir auf dem Toaster Brötchen auf. Ich kann bereits vor meiner Hütte auf der Bank sitzen und frühstücken. Die Sonne scheint und ich habe freien Blick auf einen Teil des Sees. Den neuen Anleger kann ich von meinem Garten aus nicht sehen, das geht nur von Jacobs Seite aus. Aber ich habe einen schönen Blick auch auf das andere Ufer des Sees mit, an dem sich sicher bald wieder ein paar Angler aus den umliegenden Gärten einfinden werden. Ich sitze da und nehme mir Zeit, ich werde noch eine Weile hier sein. Ich will mich während meines Aufenthaltes in der alten Heimat noch einmal wegen einer Wohnung kundig machen, damit ich anfangen kann, meinen Umzug zu planen. Noch diese Woche werde ich erneut bei der Wohnungsverwaltung vorsprechen und nach meinem Antrag fragen.

      Ich räume zuerst die Hütte ein wenig auf, verstaue mitgebrachte Dinge und nehme auch die Reste der alten, hässlichen Gardinen ab.

      Gegen 9.00 Uhr mache ich mich daran, eine Terrasse um meine kleine Behausung zu bauen. Ich habe einen Teil der Bretter mitgenommen, die im letzten Garten als Bonanzazaun ihre Verwendung hatten. Auch mein Hund Betty hat ausgeschlafen und kullert sich im Gras. Nach einer Weile kommt wie erwartet der Jacob durch das neue Türchen zu mir herüber. Ich erschrecke mich dennoch ein wenig, weil er dadurch so von jetzt auf gleich plötzlich vor mir stehen kann. Auch Betty hat schnell mitbekommen, dass es jetzt diese Verbindung zwischen den beiden Gärten gibt, aber sie sieht und hört alles viel schneller als ich. Sie bellt auch nicht mehr, wenn Jacob näher kommt. Aber ich finde mich irgendwie von ihm beobachtet und fast kontrolliert, weil ich mit diesem ungefragten Eingriff nicht gerechnet hatte. Wie schon gesagt, fand ich die Idee mit dem Toilettenhäuschen gut, aber ich hätte lieber den Umweg über die Straße in Kauf genommen. „Du bist doch schon wieder am Werkeln, ich helfe dir doch bei allem, was du machen willst“, sagt er und nimmt mir direkt den Schraubendreher aus der Hand, um sich selber an die Arbeit zu machen. „Das sieht bestimmt gut aus mit der kleinen Terrasse, irgendwie abgeschlossen. Ich würde an deiner Stelle eine Schlingpflanze an die Ecke deines Häuschens setzen, irgendetwas, was schnell wächst, dann sieht man es vom anderen Ufer aus nicht so schnell, die blaue Farbe leuchtet weit“, schlägt er vor. „Genau das hatte ich vor, ich bin morgen sowieso unterwegs weil ich zur Wohnungsverwaltung wollte, da fahre ich am Baumarkt vorbei, außerdem wollte ich die Hütte noch streichen und eine Farbe nehmen, die nicht so schrill bis an das Ende der Welt leuchtet“, meine ich scherzhaft. „Na, du machst das aber alles ganz genau, damit es schön aussehen soll“, antwortet er und schraubt die Bretter für die kleine Terrasse zusammen. „Ich möchte ja auch noch eine Weile die kleine Hütte hier erhalten, … und schön aussehen soll es schließlich auch, wie du sagtest“. „Und was für eine Farbe nimmst du?“, fragt er. „Ich habe gedacht, ich nehme eine grüne Farbe, die fällt zwischen den Bäumen nicht so auf und erinnert mich ein bisschen an die kleine Gartenlaube bei meinen Großeltern als ich noch ein kleines Mädchen war“. „Das ist eine gute Idee,