Margarithe W. Mann

Stalking


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berichtet Jacob und wischt mit der Hand eine verschüttete kleine Schnapspfütze vom Tisch. Dann fügt er hinzu: „Ich habe ihr nämlich schon gesagt, dass sie wieder mithelfen kann bei dir da drüben, jetzt im Frühjahr gibt es genug Arbeit und allerhand Pflanzen hast du von deinem alten Garten auch mitgebracht die eingesetzt werden müssen, … ich komme natürlich auch, das ist doch klar“. „Ja, das ist ja wirklich schon fast eine halbe Gärtnerei, ich kann mir gar nicht vorstellen, wo du das alles hinpflanzen willst Mutti“, schaltet sich Niklas in das Gespräch ein. „Sicher gibt es viel zu tun, aber ich habe mindestens zwei Wochen eingeplant und mir auch schon Gedanken gemacht, wo ich welche Staude hinpflanzen möchte. Hauptsache das Wetter hält sich einigermaßen, wenn es so schön bleibt, wie es gerade ist, dann gibt es keine Probleme“. „Du willst doch nicht etwa heute noch mit der Arbeit anfangen?“, erkundigt sich mein Sohn weiter. Ich komme nicht gleich zu Wort, weil Jacob meint, für mich antworten zu müssen. „Nein, heute wird nichts mehr gemacht, ich habe doch gesagt, die Rosi kommt morgen auch wieder, die hat sowieso ansonsten bloß Langeweile zu Hause“. Er gießt noch einen Korn nach und dreht sich eine Zigarette. „Ja, siehst`e Mutti, da hast du doch Hilfe, das ist doch schön, wenn du nicht alles alleine zu machen brauchst“, stellt Niklas fest und untermauert damit Jacobs Worte. „Nein, heute räume ich nur noch das Auto aus und wässere die Pflanzen ein, der Tag war lang genug“, antworte ich und lehne einen weiteren Schnaps ab, den Jacob gerade eingießen wollte. Er zögert nicht, sich sein Glas erneut zu füllen und meint zu Niklas, der ein weiteres Bier ablehnt: „Und du willst heute noch wieder abhauen, hast du gesagt?“. „Du kannst auch bei mir in der Hütte übernachten, es ist platz genug, eingekauft habe ich auch ausreichend zum Abendessen und zum Frühstück“, biete ich meinem Sohn an. „Nein, nein, Mutti, das ist gut gemeint, aber ich muss zurückfahren. Der Transporter muss morgen Früh abgegeben werden und ich muss dann noch in die Nachtschicht, … das wird zu spät, … na ja und die Anne wartet auch auf mich“, antwortet Niklas und verabschiedet sich mit den Worten: „Ich möchte noch ein paar Freunde besuchen bevor ich nach Hause fahre, … dann mach` s gut Mutti, … und melde dich, wenn du wieder da bist“. Er reicht Jacob die Hand und umarmt mich anschließen flüchtig. „Und du melde dich, wenn du zu Hause angekommen bist und fahre bitte vorsichtig Niklas, … und vielen Dank, dass du mir den ganzen Krempel hier her gefahren hast“. „Ja, ist schon gut Mutti, das ist doch klar, das habe ich doch gern für dich getan“, sagt er und meint noch zu Jacob: „Tschüss dann, man sieht sich“, während er von Betty begleitet zum Gartenausgang geht. Ich stehe auf und folge den Beiden zur Gartenpforte und verabschiede meinen Sohn, der den Transporter ein paar Schritte vor meinem Garten geparkt hatte. Ich gehe in meinen Garten zurück, dessen Eingang nur ein paar Meter von Jacobs Gartentor entfernt ist. „Marli!, kommst du noch einmal zu mir herüber, ich möchte dich noch etwas fragen!?“, ruft Jacob zu mir herüber. „Ja, o.k. ich komme gleich, ich will nur noch meine Pflanzen wässern, sie sind ziemlich trocken geworden!“, rufe ich ihm zu. Gleichzeitig ärgere ich mich wieder über mich selber, wie schon einmal, weil ich mein Handeln vor ihm erklärt habe. Das ist eine ganz dumme Angewohnheit von mir, die ich mir bislang nicht abgewöhnen konnte.Auch wenn ich einem Patienten einen anderen Termin geben oder absagen musste, habe ich es immer begründet warum ich es tue oder tun muss. Es sind doch Fremde gewesen so wie Jacob es auch derzeit war und ich war und bin doch niemanden Rechenschaft schuldig. Vielleicht kommt es auch ein wenig daher, weil meine Mutter immer, egal wie alt ich gewesen bin von mir genau wissen wollte wo ich war, wo ich hingehe, warum ich es tue und wann ich wieder komme. Ich nehme ein paar große Schüsseln und Eimer die ich zur Verfügung habe und stelle meine mitgebrachten Pflanzen ins Wasser. Wir haben Mitte April und es ist für die Jahreszeit außergewöhnlich warm, sodass man am Abend noch eine ganze Weile draußen sitzen kann. Trotzdem habe ich meinen Radiator von zu Hause mitgenommen. Ich komme der Aufforderung nach. Ich gehe noch einmal zu Jacob hinüber und nehme mir eine Flasche Wasser mit. Auf dem Weg dahin überlege ich mir, dass es vorteilhaft wäre, gleich morgen früh zum Baumarkt zu fahren, um eine Biotoilette zu besorgen, damit ich nicht immer die Sträucher aufsuchen muss, denn bei dem schönen Wetter sind garantiert mehr Leute unterwegs als im Herbst, es wäre mir peinlich, wenn … naja. Jacob steht auf, als er mich kommen sieht. Er wischt sich mit einem Taschentuch ein paar Schweißperlen von der Stirn und fragt: „ Hast du inzwischen schon eine Toilette?“. Als ich seine Frage verneine sagt er: „Komm`, ich will dir etwas zeigen“, er nimmt mich an die Hand und deutet auf einen kleinen Anbau an seinem Schuppen. „Weißt du was das ist?“. Ohne eine Antwort von mir abzuwarten spricht er weiter: „Ich habe eine Toilette gebaut, damit du nicht immer in die Büsche gehen musst, auch für uns hier drüben war das eigentlich schon lange fällig. Es ist doch blöd, wenn man gegebenenfalls auch noch mit dem Spaten losziehen muss, … du weißt doch was ich meine, aber nun habe ich einen vernünftigen Donnerbalken gebaut, … hauptsächlich wegen dir!“. Er öffnet stolz die Tür zur neuen Örtlichkeit und präsentiert seine gelungene Arbeit. Ich bin doch recht überrascht und ich finde nicht gleich die richtigen Worte. Er fragt: „Na, wie findest du das?, der Franzl hat sicher gedacht, nun ist er ganz übergeschnappt, baut extra eine Toilette, aber wie gesagt, so eine hübsche Frau und in die Büsche gehen, das geht gar nicht“. „Das ist ja wirklich toll, so wie du das gemacht hast, das muss ich wirklich sagen, ich staune, das ist eine feine Sache, die du dir da hast einfallen lassen“, antworte ich ehrlich und ergänze: „Na, also, eine Toilette hat noch niemand wegen mir gebaut“. „Das ist aber noch nicht alles, fällt dir nichts auf?“, fragt er. Ich schaue mich um. „Nein, im Moment nicht“. „Na, dann schau mal her, hast du es noch nicht gesehen?, ich habe hier in den Verbindungszaun zwischen unseren beiden Grundstücken ein Türchen eingebaut, damit du im Schlafanzug nicht immer außen um den Garten herum laufen musst, wenn du morgens zur Toilette möchtest. Auch wenn du während des Tages oder am Abend zu mir herüber kommst ist es leichter und angenehmer als immer der Umweg an der Straße entlang“. Ich bin mit diesen Dingen ein wenig überfordert, wenn ich es so bezeichnen kann. Ich habe mit keiner Silbe an so etwas gedacht, geschweige denn erwartet. Ich weiß nicht so recht, was ich eigentlich antworten soll. Das mit der Toilette fand ich ja wirklich als eine gute Idee, für alle Beteiligten, aber einfach ein Türchen einzubauen, damit fühlte ich mich doch ein wenig übergangen, weil man mich darüber nicht um meine Meinung gefragt hatte. So lange kannte ich ja nun den Jacob noch nicht, dass er eigenmächtig darüber entscheidet, denn schließlich kann nicht nur ich jetzt jederzeit zu Jacob hinüber gehen, sondern umgekehrt auch. Eigentlich hätte ich dann doch lieber, wenigstens vorerst, den Umweg an der Straße bis zur Toilette vorgezogen. „Na, da verschlägt es dir die Sprache, was?“, triumphiert Jacob, als er sieht, dass ich ein wenig irritiert über diese Angelegenheit bin. „Ja, doch ein wenig“, gebe ich etwas verlegen zu. Ich bin zu feige, wie es halt meine Art ist, zu sagen, dass man mich hätte auch vorher fragen können und vielleicht auch, weil ich denke, dass diese Veränderungen, die mich erwartet haben, gut gemeint waren von Jacob. Für mich bleibt die Frage offen im Raum stehen: Was eigentlich denkt Jacob?. Warum tut er das?. „Na, das sind ja Überraschungen, ich weiß nicht , was ich sagen soll, Jacob“, äußere ich nach einer längeren Gedankenpause. „Ich habe das gern getan Marli, das ist doch alles viel einfacher, und du gefällst mir eben und ich freue mich, dass du wieder da bist, na komm`, wir trinken noch ein Bierchen zusammen, es ist so schön, wir können noch draußen sitzen. Heute machst du doch sowieso nichts mehr, morgen kommt auch die Rosi, wir helfen dir wieder, dann geht es schneller. Ich werfe den Grill an, dann können wir zum Abendbrot Bratwürste essen, ich habe extra welche besorgt“. „Oh, das ist aber schön, ich muss ehrlich sagen, dass ich Hunger habe“, gestehe ich und füge hinzu: „Warte, ich hole ein paar Teller“. „Die kannst du doch gleich hier bei mir nehmen, wir haben auch Geschirr. Im hinteren Raum steht ein Schrank, da wo der Kühlschrank ist.“ Er, holt Anzünder und Holzkohle und zündet den Grill an. Ich gehe durch den kleinen Raum mit dem Sofa und dem Fernseher. Wie er sagte steht im hinteren Zimmer der Kühlschrank und ein Teil einer alten Wohnwand, sowie auch ein Regal und ein Bett. Hier könnte wirklich einmal Staub gewischt werden, denke ich bei mir und wundere mich nicht nur über die Unordnung die hier herrscht, weil der vordere Raum bis auf ein wenig Staub ganz o. k. war als ich das letzte mal hier gewesen bin und zum Fernsehen eingeladen war. Wenn die Rosi hier fast jeden Tag ein und aus geht, egal was sie nun für eine Rolle spielt, dann könnte sie doch einmal Hand anlegen und ein wenig Ordnung schaffen. Vielleicht fühlt sie sich nicht verantwortlich und denkt sich, dass die Lebensgefährtin von Jacob dafür