Margarithe W. Mann

Stalking


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gestern vom Thema abgekommen, wann genau kommst du nächstes Jahr wieder?“. „Ich denke, es wird so etwa Mitte April werden, ich muss dann gleichzeitig wegen einer Wohnung ernsthaft etwas unternehmen, ich möchte spätestens im Herbst nächsten Jahres umgezogen sein“. Jacobs Telefon klingelt „Ich bin noch hier, hier im Garten, wo soll ich denn sonst sein?, … jaaa, Rosi, ich hab` dir doch gesagt, ich bin morgen auch da“, … gibt er nicht gerade sehr freundlich von sich „Ja, is` gut, ich bin da, … tschüüüüß, tschüß“, stöhnt er und legt das Handy beiseite. „Das war die Rosi“, gibt er genervt von sich. „Die weiß doch ganz genau, dass ich im Garten bin, ich bin so gut wie immer hier, außerdem hat sie mich das gestern schon gefragt“. Er steht auf und öffnet die Tür, weil mir so wie gestern die Augen vom Zigarettenrauch brennen und ich mir mit einem Taschentuch im Gesicht herumwirtschafte. Er gießt mir ein zweites Glas Wein ein und fragt: „Schmeckt dir der Wein?, ich habe noch eine Flasche geholt, soll ich sie aufmachen?“. „Nein, es genügt, aber er schmeckt gut, vielen Dank, … du schläfst um diese Jahreszeit auch noch im Garten?, du hast zwar eine Heizung hier, aber ist das nicht trotzdem auf die Dauer zu kalt?“, erkundige ich mich und greife damit das eben notgedrungen mitgehörte kurze Telefongespräch auf. „Ich schlafe auch im Winter hier, sehr oft jedenfalls, ich gehe nur zum Duschen und Rasieren nach Hause. Meine Kumpels wissen alle, dass sie mich hier im Garten finden. Zu mir nach Hause kommen sie erst gar nicht, weil sie mich dort meistens sowieso nicht antreffen“. „Und deine Lebensgefährtin?, die Katrin meine ich, sagt die da nichts dazu?“. Er schüttelt nur den Kopf, schließt die Tür, holt sich noch ein Bier und dreht sich eine neue Zigarette. „Die kommt morgen vielleicht kurz vorbei, mal sehen“, meint er nur recht kurz angebunden und ich frage nicht weiter nach und verfolge genau wie Jacob eine Weile das Unterhaltungsprogramm im Fernsehen. Ich trinke den Wein aus und meine zu Jacob: „Es wird Zeit, ich werde langsam müde, die Arbeit den ganzen Tag an der frischen Luft ist doch ganz schön anstrengend“. Ich stehe auf und sofort erhebt sich auch Betty, so als befürchte sie, den Anschluss zu verpassen. „Na, o.k., wann fährst du morgen ab?“. „Ich werde am späten Vormittag losfahren, damit ich nicht so spät zu Hause ankomme“. „Dann sehen wir uns ja morgen noch, es wäre gut, wenn du mir deine Handynummer da lässt, damit ich dich anrufen kann, wenn etwas besonderes sein sollte“. „Ja, das ist vielleicht nicht verkehrt, ich kann dann auch anrufen bevor ich wieder komme, ... du weißt schon, wegen dem Hauptschalter vom Strom, es ist sicher besser du schaltest den Strom auf meiner Seite ab, solange ich ich weg bin, also dann tschüss bis morgen, … und gute Nacht“. „So machen wir das, alles klar, gute Nacht und schlaf` gut, … bis morgen dann!“. Ich hätte noch fragen sollen, was und wo der Jacob eigentlich arbeitet, überlege ich mir während ich meine Schlafsäcke aufsuche. Wenn er fast immer im Garten schläft, kann es ja eigentlich nur ein spezieller Schichtbetrieb sein und wie ein EU – Rentner sieht er nicht aus. Ich nehme mir vor, mir diese Frage bis zum nächsten Jahr aufzuheben, aber stellen werde ich sie, denn über mich weiß er dahingehend ja auch Bescheid. Am nächsten Morgen nach dem Frühstück räume ich alles auf und packe meinen Kram zusammen. Betty spürt gleich, dass wir aufbrechen wollen und bleibt vor dem Gartentor sitzen. Sie beobachtet mich ganz genau und sobald sie mitbekommt, dass ich ihre Decke und die Futternäpfe im Auto verstaue, dann weiß sie, jetzt geht es gleich los und auch sie darf mitfahren. Ich mache noch eine kleine Runde durch meinen Garten und bin zufrieden mit dem, was ich geschafft habe. „Guten Morgen, na alles startklar?“, fragt Jacob, der mit noch etwas zerzausten Haaren auf meine Gartentür zukommt. „Denkst du noch an Deine Handynummer bitte?“, fragt er und reicht mir einen Zettel mit seiner Telefonnummer. „Ja, klar, hier ist die Nummer von meinem Handy, ich hoffe ja nicht, dass etwas schlimmes vorkommt, wenn ich nicht da bin, ich meine wegen Einbrechern oder so etwas“. „Da passe ich schon auf, ich bin ja fast immer hier, … oder auch der Franz, … oder die Rosi, einer von uns ist immer da, … wenn man vom Teufel spricht … , sagt er und deutet in den Garten nebenan. Die Rosi kommt, sie steuert sogleich auf uns zu und wird von Betty begrüßt. „Na, geht es wieder heim?“, fragt sie und wird von Jacob gleich angemault: „Was fragst denn du so blöd?, das siehst du doch und ich habe dir auch gesagt, die Marli kommt im April erst wieder“. „Jaaa, ich meine ja nur“, grummelt sie zurück und verschwindet mit einem Beutel, der offensichtlich verschiedene Einkäufe enthält in der Hütte. Fast zeitgleich kommt eine große, schlanke, nicht unbedingt sehr hübsche Frau auf uns zu und sagt zurückhaltend aber freundlich: „Ich bin Katrin und Sie sind bestimmt die neue Nachbarin“. Ich bestätige ihre Vermutung. „Ja, genau, … schön, dass ich Sie auch noch kennenlerne bevor ich nach Hause fahre, … aber nun muss ich mich sputen und den Rest meiner Sachen packen, ich möchte möglichst noch daheim ankommen bevor es dunkel wird, schönen Gruß auch noch an die Rosi“. Ich reiche ihr und Jacob die Hand . „So dann tschüss bis nächstes Jahr! Ich melde mich, bevor ich komme“. „Alles klar, tu` das“. Jacob wünscht noch eine gute Fahrt und geht mit Katrin in Richtung Gartenhütte, in die vorher die Rosi verschwand. Kurze Zeit später bin ich startklar und fahre los. Ich bin noch nicht weit gekommen, als ich die Katrin auf der anderen Straßenseite gehen sehe. Ich hupe leise, sie hebt kurz den Arm und winkt zurück. Eine eigenartige Dreierbeziehung ist das, denke ich bei mir während ich auf die Autobahn auffahre. Der Jacob scheint ganz in Ordnung zu sein, auf alle Fälle ist er sehr hilfsbereit und recht nett.

      Den Rest des Jahres denke ich kaum einmal an die neuen Gartennachbarn in der Heimat und stelle auch keine Überlegungen an, in welcher Beziehung sie zueinander stehen. Erst zum Jahreswechsel bekomme ich von Jacob eine SMS mit guten Wünschen für das neue Jahr. Ich erwidere die Nachricht und höre dann nichts mehr von den neuen Nachbarn. Zu Anfang April 2012 rufe ich die Nummer an, die mir Jacob gegeben hat, ich möchte wie vereinbart meine Ankunft melden, damit rechtzeitig der Strom in meiner Hütte eingeschaltet werden kann. „Ach du bist es Marli, schön, dass du bald wieder kommst, die Rosi hat auch schon nach Dir gefragt, ... wann genau kommst du?“, möchte Jacob wissen. „Ich starte in drei Tagen. Mein Sohn fährt mit einem kleinen Transporter meine Pflanzen in den neuen Garten, die ich hier im Schleswig Holsteiner Garten ausgegraben habe. Es ist möglich, dass er noch vor mir ankommt, weil er eher losfährt. Er hat meinen zweiten Gartenschlüssel, also wundere Dich nicht, wenn jemand bei mir im Garten ist“. „Gut, dann weiß ich Bescheid, ich bin da, ich stelle den Strom wieder an, … du kannst ja auch noch eine SMS schicken bevor du losfährst!“. „Das kann ich gerne machen, also dann tschüss, man sieht sich, … bis später!“. Es freut mich, dass alles so klappt, wie es im Herbst zwischen Jacob und mir vereinbart wurde und wenn jemand verlässlich ist, so wie es aussieht. Am Tag meiner Abreise schicke ich wie versprochen eine SMS, steige ins Auto und fahre los. Als ich eine Weile unterwegs bin klingelt meine Handy. Ich fahre rechts an den Straßenrand heran und halte an. Es ist Jacob „Na, bist du schon losgefahren?, wir warten auf dich, die Rosi ist auch da“. Ich bin etwas irritiert über den Anruf, eigentlich weiß man doch, dass man von Schleswig Holstein bis nach Sachsen nicht nur eine Stunde unterwegs ist. Ich antworte aber scherzend: „Ja, sicher bin ich losgefahren, aber ein wenig Flugzeit brauche ich schon noch!“. „Na, dann guten Flug!“, meint man am anderen Ende der Leitung und ich lege auf. Ich schalte das Telefon aus, es stört mich beim Autofahren und zu Hause melde ich mich, wenn ich angekommen bin. Die Fahrt verläuft gut und ohne Zwischenfälle. Als ich mein Ziel erreiche ist mein Sohn Niklas bereits fertig mit dem Abladen der besagten Pflanzen und meiner Gartensitzgruppe. Auch der Radiator steht schon in meiner Hütte. Ich sehe mich um nach Niklas und höre ihn im Garten nebenan mit Jacob sprechen. Ich befreie Betty aus dem Auto und schließe es ab. Ausräumen kann ich später noch. Ich versorge meinen Hund mit frischem Wasser und gehe ebenfalls hinüber in den Nachbargarten. Niklas und Jacob sitzen vor der Hütte an einem Tisch und lassen sich ein Bier schmecken. „Hallo, Marli, schön, dass du wieder da bist, möchtest du auch ein Bier haben?“, werde ich von Jacob begrüßt, der sogleich aufsteht, ein paar Schritte entgegenkommt und mir die Hand reicht. „Ach, ja warum nicht, die Fahrt war lang“, nehme ich das Angebot an. Jacob geht in die Laube, er kommt mit drei Flaschen zurück und stellt sie auf den Tisch. „Komm` setz` dich, trinken wir ein Schnäpschen zur Begrüßung dazu?“, fragt er und geht ohne eine Antwort abzuwarten in die Hütte zurück, holt eine Flasche Korn und drei Schnapsgläser. „Ja, einen trinke ich mit, aber bringe mir für das Bier ein Glas mit bitte, ich kann schlecht aus der Flasche trinken“. Er bringt mir das gewünschte Bierglas mit und gießt dann einen Schnaps ein. Niklas lehnt ab, er will noch am späten