Margarithe W. Mann

Stalking


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Ich hegte die Hoffnung, eventuell in meinem Beruf vielleicht doch noch einmal Arbeit zu finden, auch wenn es nur ein paar Stunden sein würden. Ich bin nicht mehr jung genug, um es noch einmal mit Selbständigkeit zu versuchen, nein das ist zu spät, das schaffe ich nicht mehr. Du weißt selber, mit knapp sechzig ist der Zug in diese Richtung dann doch abgefahren. Auf dem Weg zum Wohnungsamt begegnete mir Gisela, eine Schulkameradin und Freundin aus der Teenyzeit. Wir hatten uns ewig nicht mehr gesehen. Wir gingen in das Kaffeehaus am Markt und kramten Erinnerungen aus. Als ich ihr von meiner geplanten Rückkehr nach Bergau erzählte und dabei den Wunsch äußerte, dass es schön wäre, wenn ich auch wieder einen Garten irgendwo bekommen könnte, meinte sie, dass sie mir in dieser Beziehung helfen könne. Allerdings wäre es ein Pachtgarten der Stadt und ich müsse mich bei der Liegenschaftsabteilung melden, weil dort auch immer hinterlegt ist, wieviel Ablösegebühr der jeweilige Besitzer bei dessen Abgabe haben möchte. Also ging ich zuerst zum Wohnungsamt,stellte einen entsprechenden Antrag und machte mich anschließend gleich auf den Weg zur Stadtverwaltung. Ich hatte Glück, der Garten war noch nicht vergeben und ich konnte vor meiner vorläufigen Heimfahrt nach Wandelsand noch schauen wo der Garten ist und dann Bescheid sagen, ob ich diesen pachten möchte oder nicht. So machte ich es auch, der Garten befindet sich in einer schönen Lage am Stadtrand, eine kleine Holzhütte steht darauf und er ist sogar eingezäunt. Ein Stückchen hinter dem Zaun ist ein See, hinter diesem See sieht man ebenfalls Gartenanlagen. Natürlich wollte ich diesen Garten haben, auch wenn ich nicht alles sehen konnte, weil ich ja noch keinen Schlüssel hatte. Verwildert war er, deshalb war die Ablösegebühr so niedrig. Aber Du weißt, ich bin schon mit ganz anderen Wüsten fertig geworden und ich habe mich gefreut, auch für meinen Hund Betty, dass es geklappt hatte. Ich rief also wie vereinbart die Stadtverwaltung zurück und bestätigte die Übernahme des Gartens. Es wurde so abgemacht, dass ich, wenn ich im Oktober wieder hier sein würde, die Pachtgebühr entrichte und im gleichen Zuge den Gartenschlüssel ausgehändigt bekomme“, berichtete meine Freundin und fuhr fort: „Im Oktober 2011 fahre ich wie geplant mit Betty in meinen neuen Garten, der gewünschte Wohnungswechsel wurde für das Jahr 2012 geplant. Eigentlich sucht man sich wohl erst eine Wohnung und dann den passenden Garten, aber wie du siehst, ist es bei mir gerade umgekehrt gewesen ...”.

      Ich schloss die etwas klemmende Gartentür auf , Betty stürzte sogleich voraus und begutachtete ebenfalls unsere neue Errungenschaft. Zunächst sah man eigentlich nur Unkraut und die alte Holzhütte, sonst nichts. Ein mächtiges Stück Arbeit wird es werden, bis man das alles hier als Garten bezeichnen kann. Ich nahm mir vor, zuerst die Hütte ein wenig auf Vordermann zu bekommen, damit ich mein Nachtlager am Abend aufschlagen konnte. Ich stelle meine große Reisetasche auf eine kleine Holzbank, die rechter Hand in der Hütte steht. Ich brauche unbedingt heißes Wasser damit ich hier zunächst ordentlich sauber machen kann. Wasser dafür gibt es im nahe liegenden See genug und für Kaffee habe ich ausreichend Wasser mit genommen. Aber Strom, der Kollege aus der Stadtverwaltung meinte, im Nachbargarten sei eigentlich immer jemand da und es gäbe dort einen Hauptschalter, auch für diese kleine Hütte hier. Ich betätigte den Lichtschalter, aber es funktioniert nicht, also ist der Hauptschalter nicht eingeschaltet, nebenan habe ich niemanden gesehen. Ich mache mir eine Flasche Wasser auf, ich möchte mir erst einmal einen schönen Kaffee kochen. Ich habe vorsichtshalber noch den alten Teekessel und einen Spirituskocher mitgenommen, beides hatte ich vor Kurzem auf dem Flohmarkt erstanden. Den alten Wasserkocher kann ich nehmen, wenn ich heißes Wasser zum sauber machen brauche oder auch zur Körperreinigung. Während ich den Kaffee genieße und dabei überlege, in welcher Ecke der Hütte ich am besten beginnen sollte klar Schiff zu machen, vernehme ich Geräusche aus der Nachbarlaube, die unmittelbar neben meinem Domizil gleich jenseits des Zaunes steht. Gefolgt von meiner Hündin Betty versuche ich sogleich mein Glück wegen der Stromeinschaltung, die von besagter Nachbarschaft aus getätigt werden muss. „Hallo?, ist jemand da?”, rufe ich über den etwas schief geratenen Gartenzaun zu meinen bisher unbekannten Nachbarn hinüber. Nachdem ich dreimal recht lautstark gerufen hatte, erscheint ein nicht allzu großer, aber kräftiger Mann, so etwa um die Mitte fünfzig und tritt zu mir jenseits des Zaunes heran. „Hallo, guten Tag, haben Sie nach mir gerufen?, Sie sind wohl meine neue Nachbarin?, kann ich Ihnen helfen?”, fragt er freundlich. „Ja, hallo, guten Tag, … ich hoffe es zumindest, dass Sie mir helfen können. Man sagte mir, dass bei Ihnen der Hauptschalter betätigt werden müsse, damit ich hier auf meiner Seite in der Hütte auch Strom habe”, entgegne ich. „Oh, ja, das ist richtig, da muss ich mal schauen. Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht so genau Bescheid, um diese Dinge kümmert sich immer mein Kompagnon, mit dem ich hier den Garten teile, der ist gerade nicht da, aber ich sehe mal nach, vielleicht schaffe ich es auch, diesen Schalter ausfindig zu machen”, meint er hilfsbereit. „Ach, das wäre schön, schon wegen des Wasserkochers und es ist ja nun auch schon ziemlich früh dunkel, da wäre es schon gut, wenn ich Licht hätte”. „Na dann gehen Sie mal in Ihre Hütte und ich mache mich auf Schaltersuche, Sie rufen dann zu mir herüber, ob das Licht bei Ihnen brennt oder nicht, o.k.?”. Betty, die während des Gespräches stiller Zuhörer war, kommt natürlich wieder mit mir mit als ich zu meiner kleinen Unterkunft zurückgehe, um zu schauen, ob mein Nachbar den richtigen Hauptschalter gefunden hat. Nach ein paar Fehlversuchen seinerseits kann ich dann endlich auf die Frage: „Geht Ihr Licht jetzt an?”, mit ja antworten. „Vielen Dank, ich freue mich, dass ich jetzt auch Strom habe, was bekommen Sie denn von mir?, ich meine, da ist doch sicher irgendwo ein extra Zähler für die Hütte hier auf meiner Seite?”. „Ja, das stimmt schon, ich lese den gegenwärtigen Stand ab und schreibe es auf für Sie, das andere macht wie gesagt der Franzl wenn er kommt, wann das ist, das weiß ich allerdings nicht”, informiert er mich. „Ich bin nur ein paar Tage hier, Herr Nachbar, ich komme erst im nächsten Jahr wieder. Ich gebe Ihnen schon mal 20, - Euro als Abschlagszahlung und dann sehen wir weiter, ist das in Ordnung?”. „Ja, sicher, das ist o.k. … warten Sie!”. Etwas zögerlich steckt er das Geld weg und bringt mir gleich darauf den Zettel mit dem Zählerstand. Ich bedanke mich und gehe an meine Arbeit zurück. Bald darauf hörte ich ein Motorrad aufheulen, dann ist es wieder still nebenan. Ich schaffe es noch am gleichen Tag das Nachtlager für mich und Betty herzurichten, den kleinen Kühlschrank zu säubern und einzuräumen, ich hatte mir genug Proviant für zwei Tage mitgebracht, damit ich nicht gleich zum Einkaufen fahren muss. Auch die kleine Ecke, in der man sitzen kann ist aufgeräumt, sauber und recht gemütlich. Es fehlt nur eine kleine Heizung und es ist am Abend bereits empfindlich kühl. Ich esse eine heiße Suppe und belasse es bei einer sogenannten Katzenwäsche. Mit dem Gedanken, ich muss im Frühjahr unbedingt den kleinen Radiator von zu Hause mitbringen, breite ich über Betty ihre dicke Decke aus und krieche dann selber im Schlafanzug, in Form eines Trainingsanzuges in zwei Schlafsäcke. Am nächsten Morgen, nachdem ich eigentlich recht gut geschlafen und nicht gefroren habe, schlage ich mich zunächst in die Büsche, … es fehlt eine Toilette, na ja die paar Tage wird es schon gehen. Ich werde mir eine Biotoilette besorgen, denke ich bei mir während ich mich am See, mittlerer Weile doch etwas fröstelnd, frisch mache. Auch Betty folgt mir in die Büsche, um dann gleich noch einmal ins Bett zu schlüpfen, … in meine Schlafsäcke, die sind noch schön warm. Ich bereite mir ein ausgiebiges Frühstück mit einem schönen heißen Kaffee. Nun kommt die Sonne heraus und um die Mittagszeit ist es angenehm warm draußen, sodass ich bei der Arbeit meine dicke Jacke ausziehen kann. Der Garten ist nicht unbedingt sehr groß, aber wie gesagt recht verwildert. Umso mehr staune ich, als ich unter dem Unkraut vor der Hütte Terrassenplatten zu Tage fördere, die vollständig zugewuchert waren. Ebenso blieb bisher ein kleiner Teich von mir unentdeckt, der jetzt auch zum Vorschein kommt. Ich lege eine Pause ein, wärme mir eine Büchse Bohneneintopf und fülle auch Bettys Napf mit Futter. Im gleichen Moment ertönt wieder das Motorradgeräusch und mein Nachbar erscheint kurz darauf am Gartenzaun. Diesmal bellt Betty, sicher weil ich nicht dabei bin. Sie bellt sehr selten, meistens nur dann, wenn sie mir sagen will: Komm` mal, da ist jemand. Ich stehe auf und trete an den Zaun heran. „Guten Tag, junge Frau, beißt der Hund eigentlich?, gestern hat er nicht gebellt”, begrüßt mich mein Gegenüber. „Schönen guten Tag!, nein, nein, Betty tut niemanden etwas, sie hat mich nur gerufen, weil Sie gekommen sind”. „Ist alles in Ordnung?, mit dem Strom meine ich, … und der Kühlschrank funktioniert auch?”, erkundigt sich der Mann fast fürsorglich. „Ja, sicher, es ist alles prima, alles gut und alles ist in Ordnung, danke der Nachfrage”. „Na schön, sagen Sie es nur ruhig wenn Sie Hilfe brauchen, ich fahre wieder los, aber vielleicht komme