Christian Schuetz

CYTO-X


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      Emma hatte den besorgten Blick offensichtlich bemerkt. Sie löste sich aus der Umarmung, stieg schnell die Leiter hoch, schloss die Luke und verriegelte von innen. Atomschlagsicher waren sie nicht, aber zumindest ungestört.

      Erik schluckte als sie auf ihn zukam. Sie wollte ihn, das war klar. Erik hatte Bedenken, wegen der doch etwas dummen Gesamtsituation, aber so, wie Emma sich ihm gerade anbot, konnte er nicht Nein sagen. Ihr Mund fand seinen so abrupt, dass sie kurz mit den Zähnen aneinanderstießen.

      Die Lust besiegte die Logik und Erik legte seine Hand auf ihre Brust. Emma stöhnte und schob ihre Hand in seinen Schritt. Sie begannen, sich gegenseitig die Kleider vom Leib zu zerren. Er küsste ihren Körper und sie den seinen. Der Raum bot keine Annehmlichkeiten also mussten sie im Stehen zueinander finden.

      Emma zog ihn ein paar Schritt mit sich, bis sie mit dem Rücken an der Wand stand. Erik spürte, wie sie ein Bein anhob und es um seine Hüfte legte, sich so für ihn öffnete. Die Sorgen um die Zukunft einer solchen Beziehung waren im Rausch der Begierde untergetaucht und Erik drang in sie ein.

      Erik war kein Kind von Traurigkeit. Er hatte viele Affären genossen, aber das hier war etwas anderes. Erfüllender und gleichzeitig beängstigend. Emma schien von innen heraus zu glühen. Spielte die Wahrnehmung ihm einen Streich? Er ertappte sich dabei, dass er kurz an seinen Kopf fasste und prüfte, ob er das Neuro nicht doch aufhatte.

      Er konnte spüren, dass auch Emma zerrissen war zwischen Vernunft und Verlangen. Sie wand sich, stöhnte und zerkratze ihm leicht den Rücken. Dann schrie sie ihre Lust heraus und Erik kam in ihr, bis sie beide erschöpft auf den Boden sanken.

      Der Raum hatte sich durch ihren Akt richtiggehend aufgeheizt und so war es nicht unangenehm auf dem kühlen Boden zu sitzen. Emma schaute ihn an, spielte mit einer Hand an ihren Haaren und mit der anderen berührte sie ihn immer wieder im Gesicht, an Armen und Beinen. Sie sah glücklich aus, aber Erik war schnell wieder am Grübeln.

      Er hatte sich nie verlieben wollen. Wenn er Lust auf Gesellschaft hatte, dann besuchte Erik eine der vielen Partys voller oberflächlicher Menschen. Ein Sammelsurium an Eitelkeiten und Dummheit. Die meisten Frauen dort sorgten sich zwölf Stunden pro Tag um ihr Aussehen. Die Männer frönten dem „Schwanzvergleich“, indem sie sich gegenseitig mit der Größe ihrer Autos und Yachten imponieren wollten.

      Erik verachtete diese Leute nicht, aber da er durch seine berufliche Tätigkeit zum Einzelgängertum verdammt war, umgab er sich lieber mit Menschen, mit denen er eigentlich nichts zu tun haben wollte. Eben in diesem Umfeld hatte er sich auch immer seine Kurzzeit-Freundinnen gesucht. Intelligenz bei Frauen scheute er, denn das stellte in seinen Augen wahre Attraktivität dar und war deshalb gefährlich. Ideal waren für ihn Models mit dem IQ eines Schnitzels.

      Kennenlernen, Spaß haben und abservieren! Vielleicht nicht gerade edel, aber Erik heuchelte auch nie große Gefühle vor. Derzeit wartete ein südafrikanisches Model darauf, dass er sich mal wieder für ein paar heiße Stunden bei ihr meldete. Die Telefonnummer konnte er wohl nun löschen.

      „Willst du noch immer reisen?“, unterbrach Emma seine Gedanken, während sie seinen Kopf nun sanft gegen ihre Brüste drückte.

      Erik keuchte fast, weil ihm die Antwort wehtat. „Emma, jetzt noch mehr als zuvor. Du würdest sonst garantiert zum Ziel werden.“

      Er spürte förmlich den Schauer, der bei seinen Worten durch ihren Körper ging. „Ich verstehe! War es falsch, was wir gemacht haben?“

      „Hat sich nicht falsch angefühlt!“, sagte er spontan, obwohl das ein wenig geschummelt war, bei all den Sorgen die sich Erik auch während des Akts gemacht hatte.

      „Das war dann wohl der gefährlichste Sex, den ich bisher in meinem Leben hatte!“, sagte Emma mit gespielt verruchter Stimme. Oder doch nicht so gespielt? Erik spürte ihre Hände nun wieder etwas aggressiver.

      „Emma? Das mit dem Ziel und so, das ist mein Ernst. Ich habe dich hiermit ... wirklich in Gefahr gebracht.“ Er hob den Kopf von ihren Brüsten und schaute sie an, wollte sehen, ob sie das begriffen hatte.

      „Also wenn ich zur Zielscheibe geworden bin, dann will ich mir diesen Status auch richtig verdienen!“, sagte Emma und drückte ihren Mund wieder auf seinen. Dann drückte sie ihn mit dem Rücken auf den Boden.

      „Emma! Ich ...“, schnaufte er. „Ich bin noch ...“

      „Darum kümmere ich mich schon!“

      Und das tat Emma dann auch.

      29 - Neongrün

      Wäre nicht die oberste Geheimhaltungsstufe angesagt gewesen, dann hätte man teuerste Eintrittskarten für das Ereignis im Keller von Doktor Karina Brugger verkaufen können. Emma hatte alle Funktionen dreimal und viermal geprüft, bevor sie Erik das Cyto-X platzieren ließ. Und danach prüfte sie natürlich, ob er nicht irgendetwas verstellt hatte.

      Brugger saß auf einem Klappstuhl, den er sich organisiert hatte und schaute einfach nur zu. Er hatte keine Fragen mehr und helfen konnte er auch nicht. Also begnügte er sich mit der Rolle des Beobachters und Kameramanns. Sie hatten sich darauf geeinigt, die Blutwäsche zu filmen. Sollte irgendetwas schiefgehen, hätten sie alles dokumentiert und könnte vielleicht auf Fehlersuche gehen. Sie würden die Aufzeichnung aber noch vor der Reise wieder löschen.

      Keine Spuren! Keine Beweise! Darauf wollten alle drei achten. Schließlich sollte nicht irgendwann ein Video im Netz kursieren, auf dem zu sehen war, wie jemand einen neongrün leuchtenden Zylinder in ein Dialysegerät einfügte und wie sich dieser Zylinder dabei selbstständig verformte, um sich den Anforderungen des Geräts anzupassen.

      Dass auf dem Dialysegerät ein kleines graues Kästchen lag, das wie eine mobile Festplatte aussah, hätten wohl nur die Aufmerksamsten bemerkt, aber dieses Gerät steuerte tatsächlich die Verformung des seltsamen Containers, der vor dem Einsetzen in die Maschine keinerlei Anschlüsse aufwies.

      Erik nahm auf dem einigermaßen bequemen Behandlungssessel Platz und ließ sich von Emma die zwei Zugänge in den linken Arm legen. Sie erklärte ihm dabei kurz die Funktion des Apparates, hauptsächlich weil das Legen der Zugänge recht unangenehm war. Sie musste etwas größere Kanülen legen, um die Zirkulation des Blutes nicht zu stören.

      Ihr Vater musste ihr dabei kurz assistieren, weil besonders der Zugang in die Arterie etwas Fingerspitzengefühl erforderte, besonders wenn man es sonst nur gewöhnt war, in glitschiger Gehirnmasse herum zu schneiden. Aber Emma war in ihren Abläufen absolute Präzision gewohnt, also schaffte sie auch das relativ problemlos.

      „Die Maschine hat einen doppelten Schutz gegen Bläschenbildung. Einmal beim Einlaufen ins Gerät und dann kurz bevor das Blut wieder in dich zurückläuft. Das Dialysat wird zwischen den beiden Schutzvorrichtungen mit deinem Blut vermengt. Na ja, weniger Dialysat, sondern in deinem Fall das Cyto-X!“ Dabei blickte sie etwas misstrauisch auf das Neuro.

      Den Kommentar, dass das alles natürlich nur klappen würde, falls dieses Ding wusste, wie das Dialysegerät genau funktionierte, ersparte sie sich. Eine befriedigende Antwort war nicht zu erwarten. Man musste wie bei allem Technischen dem Neuro und damit Novalik Staam vertrauen. Eine gute Basis, wenn man wusste, dass Erik ihn für einen Lügner hielt.

      Erik war etwas mürrisch, als ihm Emma sagte, er müsse den linken Arm die ganze Zeit relativ stillhalten und dass sie ihn sicherheitshalber mit einer Manschette an die Armlehne fixieren würde, da er vielleicht müde werden und wegnicken könnte. Eigentlich hätte er gern die Zeit genutzt, um an seinem Laptop ein paar Dinge nachzuholen.

      Sein Power-Book auf dem Schoß zu balancieren und nur mit einer Hand mühsam darauf herum zu hacken, war dann auch keine verlockende Aussicht. Emma hatte ihm angeboten, einen Beistelltisch zu holen und ihm eine Maus zu besorgen, weil es so vielleicht einfacher wäre, aber da hatte er schon keine Lust mehr.

      Emma meinte dann, es wäre vielleicht auch nicht schlecht, wenn er seinen völlig überpowerten Satellitenadapter nicht unbedingt neben dem Dialysegerät betreiben würde. Man könne