Lotta Liebich

Von Nacktschnecken und anderen Katastrophen


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ohne Moos war bekanntlich nix … naja, lassen wir das besser.

      Auch wenn sie sich auf das bevorstehende Gespräch freute, war sie nervös und sie hoffte sehr darauf, dass sie einen überzeugend selbstsicheren und guten Eindruck hinterlassen würde, schließlich war sie nicht die Einzige, die sich auf diesen ausgesprochen attraktiven Job beworben hatte, davon war zumindest auszugehen.

      Kapitel 4:

      Was ist richtig und was falsch? Kann oder sollten wir in puncto sexueller Begegnungen alle dieselben Verhaltensmuster an den Tag legen? Obwohl doch jeder seine eigenen moralischen Vorstellungen hegt und nur nach seinen Regeln vorzugehen bereit ist. Nämlich nach denen, die ihm als vertretbar erscheinen, als gesellschaftlich geboten.

      Allein schon durch die Erziehung, Mentalität und Kultur sind die Vorstellungen darüber, wie die Sexualität ausgelebt werden sollte, von klein auf in der Persönlichkeit manifestiert. Eine einhellige Meinung kann es demnach nicht geben und damit ist zwangsläufig vorprogrammiert, dass so manch gebrochenes Herz auf der Strecke bleibt.

      Zu raten brauchen wir nun nicht, welches der beiden Geschlechter häufiger leidtragend ist oder sich vielleicht auch nur gern in der Opferrolle sieht.

      ***

      Das Dolce war heute zur Mittagszeit wieder recht gut besucht, was sicherlich den besonders leckeren Salaten und tollen Pastagerichten geschuldet war.

      Leni, Isabelle, Emma, und Jezna hatten einen Platz an einem der kleinen Fenster gewählt, was zumindest den Blick auf die vorübereilenden Füße irgendwelcher Passanten zuließ, die mit großen Schritten versuchten, dem Regen zu entkommen. Immerhin lag kein Schnee mehr auf den Straßen und Wegen, trotzdem drückte das typisch nasse Aprilwetter allgemein die Stimmung.

      Emma jedoch konnte auch das keinen Abbruch tun. Verträumt lächelnd saß sie mit am Tisch und verrührte den Milchschaum mit ihrem Kaffee, was sie sonst nie tat. Sie hasste es, wenn sie ihn nicht mit dem Löffel genüsslich abschöpfen und herunterschlürfen durfte.

      »Im Ernst jetzt Jezzy, dazu bin ich echt nicht fähig! Also so ganz ohne verliebt zu sein Sex mit jemandem zu haben, das funktioniert bei mir nicht«, Isabelle griff nach dem Zuckerstreuer und süßte ihren Tee: »Ich hab es zwar schon versucht, ich kam dabei aber nicht.«

      »Bist trocken geblieben oder was?« Jezna legte das Kinn in die Handfläche und stützte den Ellbogen auf der Tischplatte ab.

      »Nein, soweit hat es ja geklappt. Dann aber war ich plötzlich hellwach, konnte mich nicht fallenlassen, dachte an alles Mögliche, nur nicht an das, was ich hier grad tat. Ich war halt nicht verknallt in ihn. Nichts regte sich mehr und ich wollte nur, dass er ihn wieder aus mir rauszieht.«

      Alle am Tisch sahen Isabelle an. Der kurze Moment der Stille wurde unterbrochen, als der Kellner das Essen vor ihren Nasen abstellte.

      Jeznas Augenbrauen zuckten heftig beim Anblick dieses ansehnlichen Mannes und Leni schaffte es gerade noch die Hand ihrer Freundin zur Seite zu schlagen, bevor sie klatschend auf der apfelförmigen Rückenverlängerung des jungen Kerls landete. Unbeschadet ging er weiter und die Freundinnen kicherten hinter vorgehaltenen Händen. Mit Ausnahme von Isabelle, die die Situation nicht mitbekommen hatte und die Aufmerksamkeit ihrer Mädels gleich wieder auf das eigentliche Thema zurücklenkte: »Deswegen hab ich ihm dann was vorgestöhnt, damit er schneller fertig wird.«

      »Wann und mit wem war das?« Leni wurde neugierig.

      »Ach, vor einiger Zeit eben mit irgendeinem Typ, den ich mal kennengelernt habe.«

      »Etwa der, der sich hier im Dolce bei der `Best of Music´ Veranstaltung an dich rangemacht hat?«

      Isabelle antwortete zunächst nicht, als sie die fragenden Blicke der Freundinnen jedoch nicht abschütteln konnte, da nickte sie.

      »Hey, das darf doch nicht wahr sein. Wieso hast du dem was vorgemacht? Den hätte ich einfach aus dem Bett rausgeschmissen.« Jezna schüttelte ungläubig den Kopf. »Wenn es der Kerl nicht bringt, bin ich kurz angebunden.«

      »Ich konnte ihn nicht aus seinem eigenen Bett schmeißen«, sagte Isabelle kleinlaut.

      »In dem Fall hättest du ja aufstehen, dich anziehen und gehen können.« Jezna mischte energisch ihren Salat durch und verwandelte die schön drapierten roten und grünen Blattsalate, Gurken, Mais mit Putenstreifen und Croutons in einen unansehnlichen Wulst. »Jetzt mal nüchtern betrachtet, Mädels, ist die Anfangszeit nicht die beste? Da muss man ja nicht einmal verknallt sein. Die Phase, wenn wir einen Kerl mit echter Leidenschaft anschauen. Dann, wenn uns schon fast was abgeht, sobald wir nur die Beule in der Hose sehen? In der Zeit wirkt sein Lächeln noch erotisch. Die Lippen machen uns an und wir denken daran, wie er uns damit immer mal wieder bearbeitet hat. Später verlieren sie ihre Wirkung, erinnern nur an eine Öffnungsklappe für Burger und Döner.« Jezna redete ganz beiläufig weiter und steckte sich zwischendurch ein Stück Baguette zwischen die Zähne. »Irgendwann hat man doch alle Stellungen an verschiedenen Plätzen ausprobiert, spätestens zu dem Zeitpunkt ist der Reiz endgültig verflogen. Und was bleibt noch übrig? Gar nichts, oder?« Jezna sah in die nachdenklichen Gesichter: »Oder nicht? «, setzte sie hart nach.

      »Aber da fängt es doch erst an, schön zu werden. Sobald ich Vertrauen zu meinem Partner habe, kann ich mich richtig gehenlassen.« Leni lächelte verlegen.

      »Ach was! Wenn du einen Kerl abschleppst, von dem du weißt, dass du ihm wohl kaum nochmals über den Weg laufen wirst, bist du erst recht bereit dich hemmungslos zu geben. Du kannst schreien, kreischen, ihn beißen und zerkratzen, weil es dich nicht scheren muss, was er von dir denkt. Mehr Freiheit und Offenheit beim Ficken gibt’s gar nicht mehr!« Jezna sah in die Runde und betrachtete Leni belustigt, die lautstark und offensichtlich pikiert über die Wortwahl ihrer Freundin die Gabel in den Teller fallengelassen hatte. Mit einer Serviette rieb sie nun den Griff des Bestecks wieder sauber und stocherte peinlich berührt in ihrem Salat.

      »Ohne Prickeln geht aber auch bei mir nichts!« Emma schob sich ein Gurkenstück in den Mund.

      »Darauf musst du doch nicht verzichten«, gab Jezna kauend zurück. »So ein Prickeln hab ich immer, das hat wohl kaum was mit Gefühlen zu tun, nur mit meinen Hormonen und fühlt sich nicht weniger gut an.«

      Leni rutschte unbehaglich auf ihrem Stuhl hin und her. Als sie nach dem Salz greifen wollte, stieß sie die Essigflasche um und die braune Flüssigkeit ergoss sich über Jeznas Salat. Diese mischte nochmals beherzt ihr Essen durch und aß einfach weiter.

      Leni überlegte kurz, bevor sie erneut ansetzte: »Ich war ja ewig mit Tom zusammen und hatte nach ihm noch keinen. In den ganzen zwei Jahren nicht. Darum weiß ich nicht, ob mir ein One-Night-Stand gefallen könnte. Ich kann das überhaupt nicht abschätzen, wie ich auf einen völlig Fremden reagieren würde.«

      »Hey, das ist jetzt aber nicht dein ernst? Wie hältst du das aus?« Jezna riss entsetzt die Augen auf. »Ich bin davon ausgegangen, dass du zwischendurch immer mal wieder jemanden hast, dass du eben nur nicht darüber reden möchtest.«

      Ein Schulterzucken war alles, was sie darauf zur Antwort bekam.

      »Was ist nun eigentlich mit diesem Kerl vom letzten Sommer? Den kennst du ja auch nicht richtig, mit ihm würdest du es aber sicher tun wollen, wenn du die Gelegenheit hättest, oder Leni?« Isabelle sah ihre Freundin verschmitzt an.

      Leni mochte es nicht besonders, darüber zu reden und doch kam ihr kleines Geheimnis unweigerlich zur Sprache, als sich die Freundin nach Oliver erkundigte. Nach dem Mann, den sie im vergangenen Juli zusammen mit Jezna und Sofi auf einem Rockfestival in Düsseldorf kennen gelernt hatte.

      Auch wenn er das Gegenteil von dem war, was Leni sonst gefiel, konnte sie gar nicht anders, als sich sofort Hals über Kopf in ihn zu verlieben. Erst recht, nachdem sie sich miteinander unterhalten hatten und er trotz seines sehr männlichen Erscheinungsbildes eine gewisse Verletzlichkeit preisgab.

      Leni zeigte