Jasmin Koch

Dämonenfluch


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Abgemacht. Du sagst mir, wo du meine Sachen hast. Bevor du mich befreist, hol dir die kleinen Messer mit Scheiden, aber nur für die Füße. Die anderen werde ich noch brauchen.“ kapitulierte Evie.

      „Das hat mein Vater auch gesagt!“ schmollte der Kleine.

      Darf doch nicht wahr sein, murmelte Evie leise, damit er es nicht hörte. Der zockte sie ab und das mit Einverständnis seines Vaters. Sie schüttelte den Kopf.

      „Hinter der Scheune geht es ein ganzes Stück durch dichtes Gestrüpp. Wenn du da durch bist, kommt ein kleiner Wasserlauf, an dem ich eigentlich nichts spielen darf. Aber da ist so ein lustiger Felsen, im der Mitte. Der sieht aus wie ein Gablio. Da steckt dein Bündel drin.“ erklärte der Dämon.

      „Was ist ein Gablio? Das kenne ich nicht.“ sagte sie leise.

      „Was echt nicht? Das ist ein Tier, das schwimmt im Wasser. Man kann es essen.“

      Ein Fisch? Oder was sonst? fragte sich Evie. Es schien hier alles ein wenig anders zu sein, als zu Hause.

      „Muss los.“ kicherte der Dämon. Dann war er weg und Evie hörte wieder nichts. Das war zum ausrasten.

      Limera sah Naron herablassend an. Sie war ein ganzes Stück kleiner als er, beinahe noch kleiner als Evie, aber keineswegs ungefährlicher. Wie dieses winzige Weib mit Helion zu Recht kam, konnte sich Naron nicht vorstellen.

      Sie trug wie immer ihren Brustpanzer und einen aufreizend kurzen Rock, der nicht für andere Dämonenaugen als Einladung galt, sondern das kämpfen erleichterte. Sie war mit Abstand die blutrünstigste der Rador, wenn man Evie außer Acht ließ. Sie hatte blonde Haar, die sie immer hoch band und dunkle braune Augen. Diese fixierten nun Narons Schwertgriff an seinem Rücken.

      „Warum sollte ich dir sagen, wo sich mein Gefährte rumtreibt?“ sie betonte mit Absicht das Wort Gefährte.

      „Wir suchen Salvarius. Helion könnte wissen, wo er ist. Also wäre es sehr nett von dir, wenn du uns hilfst. Gideon verlangt nach ihm.“ Narons Geduld war beinahe am Ende.

      „Gut. Du kennst doch unseren Sitz in Osdarg. Er kümmert sich um die Ernte mit meinem Sohn.“

      Scheiße. Mineas war da.

      „Danke, Limera.“ Naron drehte sich zu Derek und wollte gerade etwas sagen, als Limera ihm zuvor kam.

      „Solltest ihr Salvarius dort finden, sorgt dafür, dass dieser Mistkerl ein für alle Mal die Augen schließt. Er hat genug angerichtet!“ schloss die Dämonin. Naron starrte sie verwundert an.

      „Glaubst du, wir wissen nicht, was hier in Talon schief läuft? Die Sklavinnen tuscheln gern.“ Erklärte Limera und schloss die Tür vor Naron und Derek.

      Derek blickte verunsichert durch die Gegend.

      „Scheint, als wüssten so einige, dass wir auf der Suche nach ihm sind. Mal sehen, ob das gut oder schlecht für uns ist.“

      Naron griff in seine Tasche, die er um den Oberkörper gehängt hatte und holte eine Karte hervor. Die Karte zeigte alle Teile des Königreichs Talon. Er deutete nach kurzem Suchen aus ein großes Stück Land.

      „Dort ist Osdarg. Es verläuft der Tegvo durch diese Ebene. Wahrscheinlich hat Helion in der Nähe des Flusses, oder an einem der Nebenarme seinen Sitz. Ich kann mich aber nicht mehr erinnern, wo genau der ist.“

      „Ich schon.“ sagte Derek. „ Helion war mir vor zwei Jahren behilflich bei der Sache mit dem Henker. Ich war dort. Ich weiß noch, wo der Sitz ist.“

      „Gut gehen wir.“ sagte Naron.

      Die Sonne war nur noch ein kleiner rötlicher Ball am Himmel. Es fiel kaum Licht in den Brunnen. Evies Magen knurrte. Er hatte sie den ganzen Tag über dort hängen lassen. Es wäre nicht verwunderlich, wenn er sie einfach in dem Brunnen verrecken ließe.

      Doch plötzlich legte sich wieder ein Schatten über den Brunnen und Evie Ketten begannen zu klirren. Dann ruckte es kurz und sie wurde wieder an die Oberfläche gezogen. Vor ihren Augen tanzten grüne Punkte, als sie durch den Lichtkreis glitt, der sich als Brunneneingang entpuppte. Sie knurrte, als sich eine Hand um ihren Hals schloss und sie in das Gesicht von Salvarius blickte.

      „Benimm dich, Evangeline.“ Schnurrte Salvarius und gestattete ihr einen Blick auf die Szene vor sich.

      Neben der Scheune stand ein rostiger Käfig, leer. Doch vor der Schmiede stand ein großer Käfig mit einem seltsam hässlichen Tier drin. Es bestand hauptsächlich aus Zähnen, dachte Evie. Es grollte, als einer der Wärter mit einer langen Eisenstange in dessen Seite piekte. Es war sehr groß und behaart, ähnlich wie ein Bär, aber grottenhässlich.

      „Sperrt sie ein. Sie soll sich erst Mal das Schauspiel ansehen.“ grollte Salvarius.

      Evie bekam Panik. Ihre Augen huschten von Seite zu Seite, auf der Suche, nach einer Fluchtmöglichkeit. Helion nahm sie Salvarius ab und führte sie zu dem kleineren Käfig neben der Scheune. Er sah ihr direkt in die Augen, als wolle er ihr etwas mitteilen. Neben ihr tauchte ein schlanker, unruhiger Dämon auf.

      Sein Haar war blond und die Augen sehr dunkel, doch dieses kantige Gesicht, kam ihr bekannt vor. Sie blickte verstohlen zwischen Helion und dem schmalen Dämonen neben ihm hin und her. Durch ein leichtes, verstecktes Nicken teilte Helion ihr mit, wer der Dämon war. Er war fast genauso groß wie sie. Mineas.

      Sie hatte erwarte, ein Kind anzutreffen, doch stattdessen, stand sie neben einem Jungendlichen, halbwüchsigen, der mal genauso riesig werden würde, wie sein Vater.

      Mineas nahm ihr die Metallklammern ab und schubste sie recht kräftig in den Käfig. Dann stellte er sich als Wache genau neben die Türe. Die Arme über Kreuz, stand er dort, wie der Hüne am Brunnen. Sein Blick sollte genauso erbarmungslos sein, doch die Worte, die er Evie zuflüsterte, passten nicht zu dem Bild.

      „Ich hoffe, du entkommst. Wenn’s gleich losgeht musst du mich wegstoßen. Da lang.“ Er deutete hinter sich und blickte dann auf das Schloss vor Evie. Es war nicht verschlossen.

      „Danke.“ hauchte sie.

      Salvarius trat an ihren Käfig und baute sich vor ihr auf.

      „Du glaubst, ich wäre widerlich? Sieh dir an, was widerlich ist.“ Knurrte er leise und zeigte auf den großen Käfig mit dem Vieh drin.

      Das Tier brüllte auf, als die Wächter zu beiden Seiten des Käfigs glühende Lanzen in den Käfig schoben und das Vieh zu beiden Seiten zu piesacken begannen. Vor Wut ging es auf die Wärter los, doch es kam nicht dran, um ihnen den Kopf abzureißen. Verdient hatten sie es, dachte Evie, als sich plötzlich das Vieh aufbäumte und einen der Wärter zupacken bekam. Er war nachsichtig gewesen.

      Evie musste mitansehen, wie das Vieh ihn in der Luft zerriss, obwohl die Gitter dazwischen waren. Salvarius tobte vor Wut, über die Dummheit des Dämonen und bekam gar nicht mit, wie Evie leise aus dem Käfig glitt. Mineas packte sie nicht an, obwohl er sogleich zu Boden stürzte, als sie hinter der Scheune verschwand.

      Der Tumult war unbeschreiblich.

      Einige Dämonen versuchten das Vieh unter Kontrolle zu halten, während andere hinter Evie her eilten, da sie mitangesehen hatten, wie die Dämonin entkam. Salvarius brüllte wütend und schmiss den einen oder anderen Dämonen aus dem Weg, bei der Verfolgung von Evie.

      Die Dämonin war sehr schnell, obwohl sie ausgelaugt und hungrig war. Doch hier ging es ums Überleben. Hastig warf sie sich in das Gestrüpp, das Mineas erwähnt hatte. Ohne darauf zu achten, was mit dem furchtbaren Stück Stoff passierte, das überall hängen blieb, lief sie durch die dichten Dornen. Schnell war der Stoff nur noch Fetzen, die an ihr herunterhingen, da sie es einfach zerriss, wenn sie stoppen musste. Auf die blutigen Striemen achtete sie nicht, da sofort die Wunden, die sie sich riss, heilten.

      Die Verfolger waren zu groß, um ihr direkt zu folgen und teilten sich auf. Nur Salvarius zückte sein Schwert und schlug sich durch die Dornen. Doch er war langsam.

      Evie