M.E. Lee Jonas

Die kuriosen Abenteuer der J.J. Smith 02: Die schwarze Prinzessin


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wirst du ein Buch schreiben, das das Zauberreich verändern wird! So wurde es in der Legende prophezeit.

      Früher dachte ich, dass die schwarze Prinzessin, aus welchem Grund auch immer, von ganz allein das Bedürfnis hat, Vauns Prophezeiung zu vollenden. Viele glaubten, dass allein deine Entscheidung, auf welchem Phad du leben möchtest, einen Hinweis darauf geben würde, wie das Buch endet. Aber das sehe ich inzwischen anders.

      Ich möchte dir einen Rat geben: Warte nicht darauf, dass dir irgendjemand sagt, was du schreiben sollst. Vaun hat nicht gesagt: In eintausend Jahren kommt die kleine Jezabel und erlöst das Zauberreich von Crysaldis Fluch, weil ihr irgendjemand sagt, wie sie das tun soll.

      Vaun hat in seiner letzten Vision gesehen, dass du es tun wirst! Das ist ein gewaltiger Unterschied. Wie oder warum, das weiß niemand außer dir selbst.

      Wir erwarten nur, dass du dich nach deiner Amtseinführung auf deine Berufung konzentrierst. Mehr nicht!

      Nun gut, ich denke, das war genug bürokratisches Geplänkel für heute. Wie ich sehe, wartet Hexe Strada bereits auf uns.«

      Die Kammerwächterin zwinkert dem Mädchen zu und verschwindet kurz ins Badezimmer.

      J.J. legt den Katalog mit den Assistenzbewerbern auf den Tisch und geht zu der Designerin, die stolz lächelnd neben ihrer Schneiderbüste steht und umgehend damit beginnt, das Mädchens zu vermessen. Die ermittelten Zahlen tippt sie direkt in einen kleinen Monitor. Daraufhin beobachtet J.J. ganz fasziniert, wie die Designerin ein paar sehr kompliziert aussehende Berechnungen startet und dabei ab und zu verstohlen zu ihr hinüberschielt, während sie etwas Unverständliches in sich hineinmurmelt. Nach einer Weile nickt sie zufrieden und druckt ein paar Fotos aus, die sie noch einmal mit hochkonzentrierter Miene begutachtet, bevor sie diese dem Mädchen feierlich überreicht.

      J.J. starrt auf die Entwürfe und ist total baff!

      Es sind Ganzkörperfotos von ihr, deren Ursprung sie sich nicht erklären kann. Auf jedem trägt sie ein anderes Outfit und keines davon ist auch nur annähernd so kitschig wie die Hosenanzüge von Oma Vettel. Die Qualität dieser Fotos ist außergewöhnlich.

      »Das ist ja der totale Wahnsinn! Hexe Strada, diese Entwürfe sind grandios. Wie machst du das? Mit den Fotos könnte ich mich bei jeder Modellagentur bewerben.

      Diese Technik musst du mir unbedingt zeigen! Welches Kleid darf ich mir auswählen?«

      J.J. ist so aufgeregt, dass sie für einen Moment vergisst, wo sie sich befindet.

      Übermütig springt sie durch das Büro und seufzt bei jedem Blick auf die Fotos wie ein selbstverliebter Teenager.

      Die Designerin schnalzt mit der Zunge und nimmt ihr die Entwürfe wieder aus der Hand, um sie behutsam in einen Ordner zu legen.

      »Alle natürlich! Das ist ja auch nur eine geringe Auswahl meiner Möglichkeiten. Für deine Amtseinführung werde ich mich besonders gut vorbereiten müssen. Ich hoffe, dass sich deine Maße bis dahin nicht verändern. Es freut mich, dass ich dich nicht enttäuscht habe. Wie ich sehe, hat meine geheime Berechnungsformel sich wieder einmal nicht getäuscht. Und ich betone, geheime Berechnungsformel! Ich wäre ohne Arbeit, wenn ich jedem weiblichen Wesen diese Technik anvertrauen würde. Ich sehe also mit Freude, dass dir meine Kleidervorschläge sehr wohl zusagen?«

      Der Unterton der Designerhexe klingt sarkastisch, während sie J.J. schnippisch fixiert.

      Das Mädchen senkt verlegen den Blick, da sie sich für ihre schroffe Ansage in Bezug auf die Hosenanzüge ihrer Großmutter schämt.

      »Nein. Deine Formel hat sich ganz und gar nicht geirrt. Diese Kleider sind wirklich wunderschön! Ich entschuldige mich für meine Ungeduld und meine Unhöflichkeit! Wann kann ich mit den Kleidern rechnen?«

      Die Designerin sieht auf die Entwürfe und verzieht nachdenklich den Mund.

      »Diesen Stoff muss ich noch nachbestellen. Das verzögert die Anfertigung. Ich hoffe auf dein Verständnis, aber ich befürchte, dass ich nicht vor morgen früh liefern kann«, antwortet Hexe Strada mit leicht betroffener Miene.

      Das Mädchen starrt sie ungläubig an, da sie sich sicher ist, dass die Designerin sie gerade veräppelt hat. Aber so ist es nicht. Hexe Cybill geht freudestrahlend zu Hexe Strada und bedankt sich ausgiebig für ihre Geduld und Mühe, während J.J. sie nur fassungslos anstarrt.

      »Das ist doch nicht möglich!«

      Die Vorzüge der Magie haben sie in den letzten Tagen allerdings schon mehrmals staunen lassen. Zufrieden reicht sie der Designerin die Hand und entschuldigt sich nochmals für ihre anfängliche Unfreundlichkeit.

      Als Hexe Strada das Büro verlassen hat, holt das Mädchen tief Luft.

      »Sind wir für heute fertig? Ich wollte mich nämlich noch ein wenig in Xestha umsehen«, fragt sie müde.

      Die Kammerwächterin sitzt an ihrem Schreibtisch und nickt, ohne aufzublicken.

      »Was denkst du, wie lange sie für das Haus brauchen werden?«, fragt J.J., während sie langsam zur Tür geht.

      Hexe Cybill zuckt mit den Schultern.

      »Da will ich mich nicht festlegen. Ich denke jedoch, dass es in fünf Tagen erledigt sein dürfte. Entschuldige bitte, aber mir fällt da noch etwas ein. Das hätte ich vor lauter modischer Euphorie fast vergessen.

      Du hast heute Abend doch noch einen wichtigen Termin! Zwei Abgesandte des weisen Phads haben sich kurzfristig angekündigt. Wir werden mit ihnen im Eggtower zu Abend essen. Bitte sei pünktlich!«

      J.J. schreckt kurz zusammen und schluckt. Sie dreht sich schnell zur Tür, damit Cybill ihre Unsicherheit nicht bemerkt.

      »Abgesandte von Rosaryon reisen in den dunklen Phad? Kann man diese Angelegenheit nicht über den Spiegel der Tore klären?«, fragt sie verstört.

      Die Kammerwächterin zuckt erneut mit den Schultern.

      »Anscheinend nicht. Wir waren auch verwundert, als das Schreiben ankam. Ich kann dir nicht viel darüber sagen. Aber ich bin mir sicher, dass es um dich geht. Wir haben uns schon gewundert, dass Marla so gar nicht darauf reagiert hat, dass du dich plötzlich doch dem dunklen Phad zugewandt hast. Kennst du ihre Version von der Legende?«

      J.J. seufzt und stammelt gelangweilt die Worte herunter, die sie im Buch über Rosaryon gelesen hat:

      »Im Glanze des Höchsten, der Geburt eines neuen Geschöpfes wird eines Tages ein junges Mädchen geboren, das die Kraft besitzt, das Zauberreich wieder zu einen. Es wird viele Aufgaben bewältigen und viele Hürden nehmen müssen, um an ihr Ziel zu gelangen. Dieses wird nicht die Lösung einer Aufgabe sein oder ein hohes Amt, sondern die Entscheidung, das Zauberreich in ein Buch zusammenzufassen, ohne dass es nötig ist, zwei Phade zu beschreiben. Sie wird die »schwarze Prinzessin« genannt und hat das höchste Maß der Balance in sich. Wenn sie es schafft, ihren Geist zu zähmen und ihren Gefühlen zu trauen, wird die Schuld Criseldas ausgeglichen sein. Sollte sie es nicht schaffen, wird sie das Zauberreich zerstören.«

      Das Mädchen kennt die zwei Versionen der Legende in- und auswendig. Bevor sie nach Xestha ging, hat sie sich beide Fassungen immer und immer wieder durchgelesen. In der Hoffnung, einen kleinen Hinweis zu finden, wie sie dieser dämlichen Bestimmung aus dem Weg gehen kann.

      Hexe Cybill kommt zu ihr und streicht ihr ungewohnt sanft übers Haar.

      »Ich weiß, dass du zwiegespalten bist, weil deine Großmutter inzwischen in Rosaryon lebt. Ich hoffe jedoch, dass dies keinen Einfluss auf deine Entscheidung haben wird, wie das Buch endet.«

      Das Mädchen lacht verächtlich und sieht der Kammerwächterin tief in die Augen.

      »Du irrst dich, Cybill! Ich bin alles andere als zwiegespalten. Ich habe meine Entscheidung längst getroffen, und zwar ganz unabhängig von meiner Großmutter. Ich weiß sehr wohl, warum ich hier bin! Also mach dir keine Sorgen um meine Berufung«, blafft sie mit dunkler Stimme los. Dabei verzieht sie ihren Mund zu einem hämischen Grinsen, was Hexe Cybill stark verunsichert. Die Kammerwächterin