Peter Beuthner

Das Familiengeheimnis


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hier die Elefanten, da die Giraf­fen, dort die Löwen an, und so weiter, und so weiter. Dann kommen sie zu den Affen. In einem Käfig sitzt ein ausgewachsener Gorilla und stiert apathisch in die Gegend. ‚Schau mal, der arme Kerl sitzt da die ganze Zeit alleine rum und langweilt sich‘, sagt der Mann zu seiner Frau. ‚Ja, der sieht auch irgendwie traurig aus, finde ich‘, antwortet die Frau. Nach kurzer Über­legung sagt der Mann zu seiner Frau: ‚Wir könnten ihn ja mal ein bißchen aufmuntern. Was hältst du davon‘? ‚Wie willst du das denn machen‘? fragt die Frau. ‚Na ganz einfach‘, sagt er, ‚mach doch mal deine Bluse auf und zeig ihm deinen Busen! Ich möchte wetten, daß der ganz schnell aufhört, zu dösen‘. ‚Du hast verrückte Ideen‘! brüskiert sich die Frau. ‚Ich kann mich doch hier nicht in aller Öffentlichkeit ausziehen‘! ‚Du sollst dich ja auch nicht ausziehen‘, beru­hig­te er sie, ‚sondern nur ein bißchen von deinem Busen zeigen. Außerdem ist doch hier weit und breit kein Mensch in der Nähe‘! ‚Na weißt du, . . .‘ murmelte sie und öffnete zögernd ihre Blu­se. ‚Ja komm, ein bißchen mehr kannst du ihm schon noch zeigen‘! ermutigte ihr Mann sie ungeduldig. Sie stellte sich direkt vor den Gorilla und öffnete ihre Bluse noch etwas weiter. ‚Ah! Schau nur‘, rief ihr Mann erfreut, ‚er zeigt schon die ersten Regungen! Komm, laß noch etwas sehen‘!

      Der Gorilla zeigte anscheinend tatsächlich Interesse, denn er stierte nicht mehr dösig in die Gegend, sondern starrte mit großen Augen auf die Frau. Plötzlich sprang er auf und kam ganz nah an das Gitter. ‚Vielleicht hebst du den Rock mal etwas hoch‘, schlug der Mann vor. Sie hob den Rock und zeigte ihre Oberschenkel. Der Gorilla wurde sehr unruhig und rüttelte auf­geregt an den Gitterstäben, während er gierig die Frau fixierte. ‚Siehst du, es funktioniert‘, rief der Mann ganz begeistert. ‚Ich wußte doch, daß wir dem ein bißchen Spaß bringen können. Komm, zeig ihm noch etwas mehr‘! Die Frau fummelte gerade noch an ihrem Rock herum, als ihr Mann sie plötzlich packte, die Käfigtür aufriß und sie hineinschubste. Dann schloß er die Tür eiligst wieder und rief ihr lachend und triumphierend zu: ‚So, und jetzt zeig mir mal, wie du dem Gorilla beibringst, daß du Migräne hast‘! Ha, ha!“

      Schallendes Gelächter. Ausgelassene Stimmung. Die Herren hielten sich die Bäuche vor Lachen, während die Bedienung das Essen brachte. Besonders Adrian wieherte förmlich über seinen eigenen Witz. Die Bedienung schaute derweil etwas irritiert in die Runde, denn sie glaubte zu erahnen, die Herren könnten möglicherweise einen Scherz auf ihre Kosten gemacht haben.

      „Keine Sorge, wir lachen nicht über Sie“, bemühte sich Gunter Guter, der ihr verdutztes Ge­sicht bemerkt hatte, sogleich um eine Erklärung.

      „Männerwitze!“ murmelte die Bedienung verächtlich vor sich hin und verschwand, nachdem sie alles serviert hatte.

      „Köstlich!“ amüsierte sich auch Ralf Gerngroß. „Wie aus dem richtigen Leben!“

      Nur Jochen Grüner konnte nicht über den Witz lachen. Im Gegenteil, er fand ihn albern, blöd und überdies unlogisch, weil ja die Zoobesucher die Käfigtore überhaupt nicht öffnen können. Im übrigen empfand er ihn auch als frauenfeindlich. Aber dafür fand er bei seinen Stammtischbrüdern kein Verständnis. Immer noch lachend machten die sich über ihr Essen her. Und Adrian konnte es sich nicht verkneifen, ihn „Spaßbremse“ zu nennen.

      „Apropos einlochen“, wandte sich Karl Hausmann an Qiang, nachdem sich die Herren wieder beruhigt hatten, „hast du nicht Lust, mit dem Gol­fen an­zu­fangen? Ich wette, du wirst begeistert sein, wenn du erst mal den Einstieg gefun­den hast.“

      „Das mag schon sein“, antwortete dieser nach kurzer Überlegung. „Ich fürchte nur, ich werde nicht genügend Zeit dafür haben, um hinreichend oft spielen zu können und die notwendigen Fortschritte zu machen. Und immer nur als Anfänger auf dem Platz herumzulaufen, habe ich wirklich keine Lust.“

      „Ach komm, überleg´s dir nochmal. Wenn du ein bißchen Talent hast, und davon gehe ich bei dir aus, und ein paar Trainerstunden nimmst, was ja finanziell bei dir kein Problem sein dürfte, dann hast du das ziemlich schnell drauf. Und ich garantiere dir, du wirst so begeistert sein, daß du gar nicht wieder aufhören möchtest.“

      „Ja, das fürchte ich ja gerade! Soviel Zeit, wie ich dann dafür brauchte, habe ich einfach nicht. Ich bin sehr viel dienstlich unterwegs, wie du weißt, und außerdem habe ich auch sonst noch genügend andere Verpflichtungen. Beim besten Willen, ich kann mir kein zeit­aufwendiges Hobby mehr leisten."

      „Du könntest ja mal einen deiner Roboter auf den Rasen schicken, Qiang, das wäre doch eine echte Gaudi, oder?“ warf Adrian Musenmann ein.

      Allgemeines Gelächter.

      „Der Adrian! Der hat immer ausgefallene Ideen!“ amüsierte sich Gunter Guter.

      „Wieso? So absurd ist die Idee gar nicht!“ wandte Klaus Eppelmann ein. „Die Roboter von Qiang sind kolossal leistungsstark, und präzise sowieso. Warum sollen die nicht auch Golf spielen können? Ich möchte sogar fast wetten, der Karl hat keine Chance, gegen so einen Roboter zu gewinnen.“

      „Top, die Wette steht!“ wollte Adrian Musenmann die Sache sogleich perfekt machen.

      „Halt, halt! So schnell schießen die Preußen nun auch wieder nicht“, versuchte Klaus Eppel­mann zu bremsen. „Zuerst müßten Qiang und Karl ja überhaupt erst mal zustimmen, ob sie so einen Wettkampf machen wollen. Und dann müßte Qiang auch erst mal so ein Ding ent­sprechend programmieren, denn bisher haben die so etwas ja noch nicht gemacht. Das wäre ja eine ganz neue und sicherlich nicht ganz einfache Aufgabenstellung für die Dinger. Des­halb ließe sich das wahrscheinlich auch nicht so schnell realisieren.“

      „Was meinst du denn dazu, Qiang?“ fragte Karl Hausmann. „Hältst du das für möglich?“

      Qiang hatte sich die Sache schon, während die anderen noch darüber debattierten, durch den Kopf gehenlassen und war zu dem Ergebnis gekommen, daß er das eigentlich hin­kriegen müßte: „Ich finde die Idee ganz amüsant – und zugleich reizvoll. Ja, ich hätte nicht schlecht Lust, mal so einen Versuch zu unternehmen.“

      „Also: Top, die Wette gilt!“ fuhr Adrian Musenmann gleich wieder dazwischen.

      „Was meinst du, Karl?“ fragte Qiang. „Würdest du – vorausgesetzt, ich kriege die Sache hin – ge­gen den Roboter antreten?“

      „Bei allem Respekt vor deinen technischen Fähigkeiten, Qiang, aber ich glaube, ehrlich ge­sagt, nicht so recht daran, daß man einen Roboter befähigen kann, so anspruchsvolle Bewe­gungs­­­abläufe und so präzise Schläge auszuführen.“

      „Also: Top, die Wette gilt!“ wiederholte Adrian Musenmann. „Um was wettet ihr? Aber nicht kleinlich sein, es geht immerhin um eine bedeutende Sache!“

      „Ja, Moment mal“, entrüstete sich Karl Hausmann. „Die Wettidee war ja nicht von uns, son­dern von Klaus. Den mußt du fragen, was er ausgeben will, wenn ich gewinne!“

      „Also Klaus, was gibst du aus?“ fragte Adrian Musenmann.

      „Na, das kommt jetzt alles ein bißchen überraschend für mich. Darauf war ich jetzt gar nicht gefaßt“, sagte Klaus Eppelmann nachdenklich. „Ja, was könnte ich denn da mal springen lassen?“ murmelte er leise vor sich hin.

      „Also, da gibt’s doch nicht viel zu überlegen!“ rief Adrian Musenmann. „Das ist doch ein Rie­sen­­ereignis! Das muß natürlich ordentlich gefeiert werden! Mit so einem kleinen Essen, wie der Manfred uns hier heute abspeist, kommst du dabei natürlich nicht davon! Da machen wir eine richtige Sause!“

      „Nein, Adrian“, widersprach Qiang, „jetzt wollen wir das mal nicht übertreiben und aus einem spon­tanen Einfall gleich eine riesig teure Staatsaktion machen. Also, das muß schon alles im Rahmen bleiben!“

      „Da bin ich nicht deiner Meinung. Klaus ist ja schließlich nicht irgendwer, der mal eben was daher schwätzt, das er gleich wieder bereuen müßte. Der wußte sehr genau, was er sagt, als er die Wette anbot“, erwiderte Adrian ziemlich vorlaut.

      „Ja, sicher