Horst Udo Barsuhn

Conn: Happy Years


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hat und zudem – ich muss mich schließlich nicht mit ihr auseinander setzen. Mir tut aber auch Elfriede leid, die bestimmt wieder versuchen wird ihren Peter finanziell zu unterstützen, damit er auch diese Alimente noch bewältigen kann.

      Tief bewegt bin ich dann zu meinem Freund Josef gegangen, dem die berühmte Metzgerei am Marktplatz gehört. Seine Spezialitäten in Wurst und Fleischwaren und sein selbst gemachter Senf sind absolute Weltklasse und würden jeden Preis rechtfertigen. Mit einigen Pfotenhinweisen und Miauen, habe ich ihn darum gebeten einige Wurstdosen eingepackt zu bekommen. Josef lacht und meint frotzelnd: „Willst Du damit Schabernack treiben“? Ich verneine mit meinem Kopf und bin doch etwas darüber entrüstet, dass man ausgerechnet mir so etwas zutrauen würde. Josef übergibt mir dann, in einer Stofftasche, die ich zwischen die Zähne nehmen kann, einige verschlossene Wurstdosen. Artig habe ich mich bedankt und bin dann zum Haus von Elfriede gegangen. Dort habe ich miaut und als sie öffnet, habe ich ihr die Tasche hingestellt und bin dann davon gelaufen. Die Rührung und die Freudetränen in ihren Augen habe ich aus den Augenwinkeln heraus gesehen. Ich habe bestimmt richtig vermutet, dass die gute Seele, vor lauter Bestreben anderen Menschen helfen, selbst nichts mehr im Kühlschrank zum Essen hat. Guten Appetit Elfriede und Peter. Wenn ihr wirklich etwas Gutes tun wollt: Schließt meinen Freund, den Metzger Josef, in eure Nachtgebete und guten Wünsche mit ein. Auch der hat ein sehr soziales Bewusstsein, ohne dabei aber zu vergessen, dass bevor man etwas verschenken kann, das erst einmal auch erwirtschaftet sein muss.

      17: Sonnenblumen und Schilderstangen:

      An einem herrlichen Herbsttag bin ich ohne besonderes Ziel unterwegs. Einige Gartenanlagen im Umfeld bekommen durch blühende Dahlien, einen farbigen, majestätischen Glanz verliehen. Doch es sind die Sonnenblumen die meine Neugier wecken. Hier stehen viele davon nebeneinander und die Außenblätter, die wie Zungen aussehen, sind bereits welk. Es herrscht eine lebhafte, zwitschernde Atmosphäre, weil ein ganzer Schwarm von Finken die Samenkörbe fleißig untersucht. Als sie mich erblicken, warnen sie sich gegenseitig, und fliegen davon. Beim Blick auf die runden Sonnenblumenböden, in denen die Körner stecken, bin ich von der Anordnung der einzelnen Körner fasziniert. Statt in Reih und Glied zu stehen, wie das bestimmt bei den Menschen gelagert würde, sind hier einige, sich durchschneidende Spiralen vorhanden. Findige Wissenschaftler haben nun überprüft warum die Anordnung der Spiralen, in einem umgebenden Kreis, von der Natur so konzipiert wurde und sind zu überraschenden Ergebnissen gelangt: Würde man die Randbedingungen abweichend von der derzeitigen, biologischen Optimierung gestalten, wäre die Anordnung nicht mehr ideal. Nur wenn man auch die Kreisränder optimiert – und somit das Naturprinzip anwendet, ist auch das Verhältnis von vorhandener Fläche, zur Anzahl der Samenkörner wirtschaftlich optimal umgesetzt. Dieses Prinzip, mit dem minimalen Verbrauch die höchste Nachwuchsbildung zu erzielen, ist selbst beim Gänseblümchen festgestellt worden. Computersimulationen haben übrigens das Optimalergebnis der Samenunterbringung, durch die Natur bestätigt. Beeindruckend wie die Evolution eine sichere und platzsparende Samenkombination hinbekommen hat – auch ohne Anwendung von Computertechnik! Durch die höhere Samenanzahl wird die Wahrscheinlichkeit der Verbreitung und Erhaltung der Pflanzenart zusätzlich erhöht. Ein wahrhaft wirtschaftliches Prinzip.

      Ich bin noch dabei mit den Augen die Spiraldurchdringungen anzusehen, als ich einen knallenden, scheppernden, heftigen Lärm auf dem Bürgersteig hinter mir hören kann. Ahnungsvoll drehe ich mich um – und tatsächlich, es ist wieder einmal soweit: Leute holt die Kreide und die Tafel für die Zählung heraus: Wieder ist ein eiliger Verkehrsteilnehmer an eine Schilderstange geknallt und liegt jetzt, noch halb betäubt, auf dem Boden. Rollschuhe an den Füssen, Kopfhörer halb vom Kopf gezogen, aus denen bis zu mir, Sprechgesang dringt. Das was ich da höre, möchte ich keinesfalls Musik nennen, denn es kommt mir vor wie nicht gekonnt und trotzdem gemacht. Eindeutig eine Verschwendung von Ressourcen.

      Eine dunkle Sonnenbrille liegt in Scherben, einige Meter weiter auf der Straße und kann nicht mehr zusammengeklebt werden. Das Handy liegt auch freudlos herum und weist tiefe Kratzer und Risse auf. Das Bein des Verunfallten ist ein wenig verdreht und muss mit Sicherheit gut untersucht werden. Der Augen des Verunfallten schauen etwas verklärt und der Blick verrät, dass er noch nicht völlig bei Bewusstsein ist.

      Ich komme näher und kontrolliere, ob es größere Schäden gegeben hat. Gott sei Dank, keine irreparablen Schäden, die Schilderstange ist bis auf eine kleine Beule nicht weiter beschädigt worden. Wie Ihr vielleicht wisst, gehören Schilderstangen zu meinen bewunderten Gegenständen, weil sie bei jedem Wetter ihren treuen Dienst versehen (siehe dazu auch „Coon 4: Großes Finale“). Ich habe schon mehrfach vorgeschlagen Musik erklingen zu lassen, wenn ein Schild erfolgreich einen unachtsamen Handybenutzer von den Beinen holt, denn dadurch wird verhindert, dass der „Halbblinde“ ganz blind auf die Straße läuft und dort einen schweren Unfall auslöst, von dem auch Unbeteiligte betroffen sein könnten.

      Jetzt kommen auch immer mehr Bewohner unseres Städtchens herbei und während sie die Polizei und einen Ambulanzwagen bestellen höre ich die Kommentare der Herumstehenden: „Wieder einer der schneller fährt als sein Schutzengel fliegen kann“, oder auch: …“bestimmt mal wieder mehr Glück als Verstand“! Eine Frau meint: „Genauso gut hätte der statt dem Schild, auch ein Kind oder einen alten Menschen zusammenfahren können“. Bis der Krankenwagen eintrifft, sind mir einige Lieder eingefallen, die man mit Lautsprechern, die am Schild angebracht werden könnten, ausstrahlen sollte: Beispielsweise von der Gruppe Animals: „I´m crying“; oder von Bryan Adams: „You Want it, you got it“, auch die Gruppe Alpha Ville mit: „Fallen Angel“; könnte bestimmt die Situation beschallen, oder wenn man einfach das Gefühl beschreiben möchte, als der rasante Fahrer auf das Schild geknallt ist: Albert Hammond mit: „I´m a train“. Dann kommt der Krankenwagen – ohne Blaulicht und Sirene, denn bei dem am Boden Liegenden ist schließlich kein wertvolles Körperteil getroffen worden, denn er ist ja voll mit seinem Kopf an die Schilderstange gerauscht und da kann ja bei dem Betreffenden kein empfindliches oder wichtiges Teil versteckt gewesen sein. Nochmals schaue ich auf die Schilderstange die verhindert hat, dass unschuldige Verkehrsteilnehmer getroffen wurden und bin zufrieden, dass bis auf die kleine Beule im Metall nichts zurückgeblieben ist. Übrigens halten sich auch die umstehenden Beobachter mit dem Mitgefühl zurück. Kommentare wie: „Hoffentlich ist die Gehwegplatte nicht beschädigt“, oder auch: „Für einen Knallkopf genau die richtige Medizin, schade dass er nicht härter aufgeknallt ist“, oder wenn der Verunfallte ganz hinüber wäre: „Den könnte man einfach unterpflügen. Hoffentlich vererbt sich dann seine Blödheit nicht auf unser Obst“, sind nur einige, deutliche Hinweise auf die Meinung der Umstehenden. Die Polizei führt am Unfallort noch einige Befragungen durch, aber da sind schon deutlich weniger Menschen anwesend, denn viele sind beim Eintreffen der Beamten, ihren wichtigen Arbeiten nachgegangen. Nur allgemeines Kopfschütteln, das unwissende Hochheben der Schultern und Verneinungen sind zu hören. Nach einigen Minuten geben die Beamten auf und gehen zu ihrem Fahrzeug zurück.

      Ich sitze neben ihnen als sie sich wenig ehrfurchtsvoll über den Verunfallten äußern: „So´n Affezippel, ä rischdisch Luftbump. Marke Huschdegutsel unn Schnoogerippche unn wegge dem Hannebambel unn Freckling misse merr unserm Sesselforzer unn Schiganebuckel wass iwwer die hohl nuss schreiwwe“ (Coon, sinngemäße Übersetzung: So ein Affengeschlechtsteil, eine richtige Luftpumpe. Marke Hustenbonbon und Schnakenrippchen (extrem schlanker Mensch), und wegen dem Dummkopf und verkümmerten Kerl, müssen wir unserem schikanösen Vorgesetzten auch noch einen Bericht über den Unfall dieser „tauben Nuss“ vorlegen). Der andere Polizist nickt und meint dann ablenkend zu seinem aufgeregten Kollegen: „Hast Du bei Schichtbeginn den Wochenendbericht gelesen“? Als sein Kollege verneinend den Kopf schüttelt erzähl der Fragende: „Zwei besondere Ereignisse: Nummer eins: Eine 37jährige Frau wollte in ihrem Auto wegfahren und bemerkte, dass die Schlossverriegelung, weder mit der Fernbedienung, noch mit dem Schlüssel zu öffnen war. Jetzt kam sie auf den Gedanken über die Heckklappe ins innere ihres Fahrzeuges zu gelangen und von dort das Auto zu öffnen. Beim Versuch die Hecktüre zu öffnen, ist die Scheibe zersprungen. Erst als die Frau dann ins innere gesehen hat, ist ihr aufgefallen, dass es gar nicht ihr Auto war. Ihr eigenes Fahrzeug, mit gleicher Farbe und der identische Modelltyp, hat übrigens gleich nebenan gestanden. Das ist natürlich wie von selbst