Alexandra Bauer

Die Midgard-Saga - Niflheim


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„Ist ja unheimlich, wenn sich hier solche Verrückten herumtreiben.“

      „Ja, haben wir. Wir waren die halbe Nacht auf dem Revier.“

      „Mein Gott, wie unheimlich! Was haben sie gesagt?“

      Thea erzählte in allen Einzelheiten von den Ereignissen des vergangenen Abends und Juli unterbrach sie immer wieder mit staunenden Geräuschen und Fragen.

      „Deswegen fuhr also die Polizei vor unserer Tür rum“, murmelte sie abschließend. „Thor ist doch dieser Gott des Donners. Der war doch auch in einem Game“, raunte sie dann nachdenklich.

      „Ja, so hat ihn die Frau vorgestellt“, nickte Thea.

      „Gut, dass ihr die Polizei gerufen habt. Ist doch klar, dass die nicht mehr alle Lichter anhaben.“

      „Sie behaupteten, ich wäre ein Nachfahr von irgend so einem Schmied und ich sollte ihnen helfen ein Schwert wieder zu finden“, erklärte Thea.

      „Oh mein Gott! Jetzt wird mir langsam wirklich schlecht.“ Wieder sah sich Juli um. „Wenn wir die noch einmal entdecken, schreien wir so laut nach der Polizei, dass denen hören und sehen vergeht! Plötzlich ist man seines Lebens nicht mehr sicher!“

      Thea brummte abwehrend und zuckte halb beistimmend, halb widersprechend mit den Schultern.

      Juli zog ihr Handy aus der Tasche „Ich leg mir den Notruf jetzt auf Taste eins. Du solltest das auch tun!“, befahl Juli und damit war das Thema für sie erst einmal erledigt. Schon spähte sie über den Schulhof und winkte heftig, als sie Tom entdeckte, der mit ein paar anderen Jugendlichen zusammenstand. Lachend erwiderte er die Geste und löste sich sogleich aus der Gruppe, um Juli und Thea entgegenzulaufen. Sein langer schwarzer Zopf tanzte fröhlich hinter seinen Schultern.

      „Guten Morgen, ihr beiden. Ihr seid spät.“ Er drückte Juli und Thea und steckte sogleich die Hände in die Hosentaschen. „Der Kampf gegen die Mordlustigen hat wohl noch die halbe Nacht gedauert!“

      „Ja und wenn du dich nicht so früh vom Acker gemacht hättest, dann hättest du unseren großartigen Erfolg miterleben können”, brummte Juli.

      Tom lachte. „Welchen? Dass ein kleiner Zwerg von einem Meteorzauber vernichtet wurde?“ Er streifte seinen Rucksack von den Schultern und stellte ihn neben sich.

      Juli stapfte mit dem Fuß auf. „Wer hat dir das so schnell erzählt?“

      Thea wandte sich erstaunt um. „Du hast dich schon wieder besiegen lassen? Von einem Meteorzauber?“

      Juli rückte ihre Brille zurecht und warf Thea einen vorwurfsvollen Blick zu. „Du bist ja einfach nach Hause gegangen! Es war nur noch Malefiz online und du weißt, wie schlecht er im Heilen ist.“

      Tom gab ihr einen Knuff. „Wir haben doch gesagt, ihr sollt euch nur in Gruppen bewegen. Wie viel Experience hast du verloren?“

      „Genug! Sicher brauche ich zwei Tage, ehe ich das wieder zurückhabe.“

      „Ist doch nicht so schlimm! Heute Abend rächen wir dich. Wir werden der Gilde der Mordlustigen noch das Fürchten lehren – vielleicht auch irgendwann vor dir.“ Er lachte und sprang augenblicklich zurück, wohl wissend, dass Juli ihm für diese Bemerkung einen Streich verpassen wollte. Ihre Hand traf ins Leere und sie streckte neckend die Zunge raus. Tom löste lachend den Zopf und band die Haare neu zusammen. „Wie im Spiel – fast immer zu langsam“, lachte er.

      Juli verschränkte schmollend die Arme. „Schauen wir mal, wie schnell ihr beiden später bei der Mathearbeit seid“, erwiderte sie.

      Thea wurde kreideweiß. An die Mathearbeit hatte sie gar nicht mehr gedacht. Zahlen und Formeln, zwei Dinge, mit denen Thea auf Kriegsfuß stand.

      Juli klopfte ihr aufmunternd auf die Schulter. „Sei unbesorgt, ich stelle kein Mäppchen auf – obwohl du es verdient hättest.“

      „Ich? Wieso ich?“

      „Weil du mir ruhig ein wenig beistehen könntest.“

      „Sie rettet dir doch immerzu den Allerwertesten“, lachte Tom und nahm Juli in die Arme, ehe sie wieder zum Schlag ausholen konnte. Lachend führte er sie so über den Schulhof in Richtung des Klassenzimmers.

      Vor Beginn des Unterrichts betrat Herr Eppert das Klassenzimmer und berichtete von einer Warnung der Polizei, dass sich die Schüler nur in Gruppen, wenigstens aber zu zweit bewegen sollten, da vergangenen Abend eine Schülerin belästigt worden wäre. Aufregung machte sich unter den Schülern breit. Thea war froh darüber, dass die Polizei scheinbar keine Namen genannt hatte und ihr Fragen erspart blieben. Sie vermied es, sich den Mutmaßungen ihrer Klassenkameraden über das Ereignis anzuschließen. Auch Juli war feinfühlig genug, sich nicht zu verplappern. Die restliche Religionsstunde nutzte Thea, um sich noch einmal mit den Übungen in Mathematik zu beschäftigen. Tom und Juli, die direkt neben Thea saßen, steuerten einige Tipps bei und erläuterten Thea die letzten Kniffe. Das Bild wiederholte sich an mehreren Pulten. Wenn es Frau Jakob sah, so ignorierte sie es beflissen. Möglicherweise aus Rücksicht – oder Nächstenliebe, wer konnte das schon sagen.

      Der Mathematiktest erwies sich, entgegen Theas Bauchgefühl, nicht als große Katastrophe. Dank Juli, die ihren Arm gerne für Thea aus dem Weg räumte und nebenbei peinlich genau darauf achtete, dass sie auch richtig abschrieb, gelang es Thea, selbst die letzte Aufgabe zu lösen. Erleichtert brachte sie die restlichen Schulstunden hinter sich. Als sie sich auf dem Schulhof voneinander verabschiedeten, knuffte Tom sie.

      „Für diese grandiose Leistung werden wir Juli heute dabei helfen, Dein_Tod und seiner Gilde ein Schnippchen zu schlagen“, schlug er vor.

      Thea zuckte mit den Schultern. Mit zusammengepressten Lippen sah sie zu Juli.

      „Kein Ding“, antwortete diese. „Du kannst den Lappi haben, oder hast du Hausarrest erhalten?“

      Energisch schüttelte Thea den Kopf. „Ich bekomme keinen Hausarrest. Darum geht es nicht.“

      „Dann ist es ja gut.“

      Tom holte die Unterhaltung zurück: „Also in einer halben Stunde?“

      „In einer halben Stunde“, nickte Juli.

      „Geht es auch in einer Stunde?“, lenkte Thea rasch ein.

      Juli runzelte die Stirn. „Musst du noch mal nach Hause?“

      „Nein, aber ich habe vorher etwas zu erledigen“, erwiderte Thea und gab Juli mit einer Grimasse zu verstehen, dass sie in Toms Gegenwart nicht näher danach fragen sollte.

      „Okay. Also in einer Stunde“, pflichtete Juli rasch bei. Tom erklärte sich einverstanden. Mit einem Winken eilte er davon, während Thea und Juli in die andere Richtung steuerten.

      „Was ist denn noch so Wichtiges?“, fragte Juli, als Tom verschwunden war.

      „Hast du Worte? Meine Mutter wartet. Du glaubst doch nicht, dass sie ruhig zu Hause sitzt, während ich einfach zu dir gehe!“

      „Das machst du doch sonst auch“, lachte Juli.

      „Sonst werde ich aber nicht von seltsamen Menschen verfolgt.“

      „Deshalb laufen wir ja zusammen“, schmunzelte Juli, knuffte Thea liebevoll und lief los. „Ruf sie an!“

      „Sowieso. Aber bevor wir spielen, will ich unbedingt noch über diese Wal-Freya und Thor recherchieren“, erklärte Thea, während sie Juli folgte und dabei ihr Handy aus der Tasche zog.

      „Super Idee! Dann können wir sehen, ob sie schon woanders aufgefallen sind“, stimmte Juli begeistert zu.

      „Ich meine nicht so, sondern richtig“, erklärte Thea und fuhr mit dem Finger über das Display, bevor sie das Handy ans Ohr hielt.

      Juli blieb stehen und verzog das Gesicht. „Richtig? Wie meinst du das, richtig?“

      „Na