Dagny Kraas

Dämonentreue


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      Und es ließ sie ihm noch begehrenswerter erscheinen, als sie es ohnehin schon für ihn war. Eine Frau wie sie mit einem singenden Schwert in der Hand, das war es, was er sein Leben lang gesucht und nicht gefunden hatte – eine Frau, die einen ficha‘thar nur ansehen musste, um sein Los leichter zu machen; eine Frau, die seine Macht mit einem einfachen Lächeln zur Bedeutungslosigkeit verdammte und ihm zugleich das Gefühl gab, das Wichtigste auf der Welt zu sein.

      Bei allen Göttern, er wollte sie! Er wollte sie so sehr wie nichts anderes in seinem Leben!

      Ihre Klinge rutschte krachend an den Schuppen seines Unterarms ab. Er drehte sich in ihren nächsten Hieb hinein, um sie zu überraschen, tauchte unter ihrem Schwert hindurch und prallte gegen sie. Die Wucht ließ sie zu Boden gehen.

      Im Fallen versuchte sie noch, sich zur Seite wegzuducken, doch sein Schlag traf zielsicher das Heft ihrer Waffe und prellte sie ihr aus der Hand. Polternd schlitterte die Klinge über die Planken davon.

      Béo fluchte, rollte über die Schulter ab und riss im Hochkommen das Messer hervor. Ein wilder Schwinger mit der Klinge vor ihrem Leib zwang Cridan dazu, zurückzuweichen.

      Sein Herz klopfte heftig und schnell, und nicht nur die Anstrengung war daran Schuld, sondern auch die Bilder, die in seinem Kopf herumspukten, und die heimliche Stimme, die längst nicht mehr bloß flüsterte, sondern vielmehr schrie und tobte, ihn anstachelte, doch endlich seiner Begierde nachzugeben!

      Einen Moment lang standen sie sich keuchend gegenüber, dann begannen sie, sich langsam zu umkreisen, den anderen nicht aus den Augen lassend.

      Seinen ersten Angriff konnte sie noch abwehren, doch bereits der nächste zwang sie rückwärts.

      Cridan setzte ihr nach. Wo er ihren Arm getroffen hatte, schienen seine Schuppen zu brennen. Es loderte in ihm, tobte, kochte, er wollte sich auf sie werfen, sie zu Boden zwingen und…

      Ihr Götter, dachte er, helft mir! Wenn ich nichts sage, wird es mich zerreißen! Ich muss es aussprechen, ich muss! Aber wie, aber wie, aber wie?

      Und dann tat er es einfach.

      »Jetzt«, sagte er und setzte ein provokantes Grinsen auf, um seine wahren Gefühle zu maskieren, »wäre der Moment gekommen!«

      »Welcher Moment?« fragte Béo, ihn weiter scharf beobachtend. Trotzdem wäre ihre Parade beinahe zu spät gekommen.

      »Der Moment«, fuhr er fort, während er sie mit gezielten Schlägen vor sich her trieb, »in dem ich anfangen würde, vor meinen Kameraden zu prahlen, was ich mit dir mache, wenn ich dich erst am Boden habe und du meine Gefangene bist.«

      »Dafür musst du mich dort erst einmal haben«, gab Béo wütend zurück, wich seiner Faust aus und konterte mit einem Stich gegen seine Brust.

      »Stimmt«, gestand er, hielt ganz kurz inne – und stürzte sich dann auf sie. Er schlug ihre Messerhand einfach beiseite, packte sie an den Schultern und riss sie mit seinem ganzen Gewicht zu Boden.

      »Wo wir jetzt wären«, bemerkte er und versuchte, ihre Arme festzuhalten.

      »Ach ja« schnaufte Béo, verbissen darum kämpfend, sich von seiner Last zu befreien, »und was würdest du dann wohl mit mir tun wollen?«

      »Das willst du wissen? Wirklich?«

      Blitzschnell hatte er ihre Hände gepackt und hielt sie so fest, dass an Gegenwehr nicht mehr zu denken war. Ihr Blick traf den seinen, und unvermittelt nickte sie.

       Warum sagst du nicht nein? Warum nicht? Warum musst du mich herausfordern?

      Beinahe verzweifelt neigte er sich zu ihr hinunter und senkte die Stimme so weit, dass nur noch sie seine Worte hören konnte:

      »Ich würde dich an den Großmast fesseln und mich davor setzen, um dich anzusehen, bis du es nicht mehr aushältst. Vielleicht wird es lange dauern, aber irgendwann wirst du soweit sein, mich zu bitten, dich loszumachen. Was ich tun werde – allerdings nur für eine Stunde und gegen dein Ehrenwort, dass du mir gehorchen wirst.«

      »Das hört sich noch nicht besonders schlimm an«, entgegnete sie frech. »Und glaub‘ mir, du würdest lange warten müssen.«

      Ihre Worte fraßen sich wie glühende Kohlen in ihn. Er grinste spöttisch, um ein Aufstöhnen zu verhindern:

      »Eigenartig, dass mich das nicht überrascht.«

      Sie sah ihn an. »Und dann?«

      Ihre Frage brachte ihn an den Rand seiner Beherrschung. Sie nutzte die Gelegenheit sofort, sich ruckartig aus seinem Griff zu befreien und mit dem Messer nach ihm zu hacken. Er musste ausweichen.

      Béo kam frei, rollte herum und sprang auf die Füße. Sie griff ihn an, noch bevor er dazu kam, aufzustehen, doch ihr anfänglicher Vorteil war rasch dahin, als er nach einer eleganten Rolle rückwärts aus ihrer Reichweite und wieder auf die Füße kam.

      Sie ließ sich jedoch nicht entmutigen, setzte sofort nach und hielt plötzlich erschrocken inne: Es war ihr zwar gelungen, seine Deckung zu durchbrechen und die Spitze des Messers auf seine Kehle zu richten, doch war sie noch immer eine gute Handspanne davon entfernt – und er hatte im selben Moment seinen Unterarm hochgerissen und ihn ihr unters Kinn gepresst. Die messerscharfen Schuppen ritzten ihre Haut.

      Er machte einen Schritt vorwärts, dann den nächsten, und zwang sie so über das Deck. Die Zuschauer wichen hastig zur Seite, um ihnen Platz zu machen.

      Er schob sie vor sich her, bis sie mit dem Rücken an den Hauptmast stieß. Sein Blick bohrte sich in ihren.

      »Dann«, sagte er leise und schlug ihr in einer beiläufig wirkenden, aber kraftvollen Bewegung das Messer aus der Rechten, »dann werde ich warten und dich dabei ansehen.«

      Béo schluckte. Er spürte es unter seinem Arm. Um sich davon abzulenken, fuhr er fort:

      »Du wirst erwarten, dass ich alle möglichen Dinge mit dir mache, aber nichts dergleichen werde ich tun. Ich werde einfach weiterhin da sitzen und dich beobachten, bis die Stunde um ist und ich dich wieder in Fesseln legen werde. Du wirst mich wieder warten lassen, aber auch dieses Mal wird meine Geduld größer sein, und du wirst mich darum bitten, dich loszubinden.«

      Béo holte langsam Luft. Dieser eine Atemzug verriet ihre Anspannung mehr als alles andere.

      Und dann sprang sie. Sie hatte sich an dem mit Stricken umwickelten Hauptmast abgestützt und schaffte es tatsächlich, für einen Sekundenbruchteil von ihm wegzukommen, bevor er sie wieder erwischt hatte. Dieses Mal drückte er sie mit seinem ganzen Gewicht an den Mast.

      Sie kämpfte wie besessen, rang zornig und verzweifelt mit ihm, doch er gab nicht nach. Er hätte nicht einmal nachgeben können, wenn er gewollt hätte.

      »Oh, ich weiß, du wirst es mir schwer machen«, raunte er keuchend in ihr Ohr, während er sie trotz ihrer erbitterten Gegenwehr festhielt, »aber du wirst darum bitten. Und ich werde dir ein Angebot machen: dich loszubinden, die Zeichen deiner Gefangenschaft für immer von dir zu nehmen für das Versprechen, mir endgültig zu gehorchen.«

      »Niemals!« stieß Béo hervor. Schweißtropfen liefen ihr über die Stirn.

      »Das wird deine erste Antwort sein«, nickte er und lächelte. Er hatte das Gefühl, sein Innerstes stünde in lodernden Flammen. »Aber ich werde Zeit haben. Viel mehr Zeit als du. Und Geduld. Irgendwann wirst du soweit sein, dein Versprechen zu geben. Und dann werde ich dich losmachen und dir etwas zu trinken anbieten. Du wirst dich weigern, aus deinem Stolz heraus, und ich werde es dir befehlen.«

      Béo stöhnte unterdrückt auf, als er härter zupackte und sie an den Mast presste.

      »Ich werde es dir befehlen«, flüsterte er, seine Lippen dicht vor ihrem Gesicht.

       Götter, wie sie duftet! Wie sie riecht! Es ist zum Verrücktwerden!

      Er schob sich noch dichter an sie heran, bis sie zwischen dem Mast und seinem