S.A. Michael

Charmante Tribune küsst man nicht


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Öffentlichkeit. Sie waren nicht verheiratet, und selbst wenn, war es in diesem Viertel eine anrüchige Geste, dass sich die Leute um sie herum wie immer das Maul zerreißen würden. Die ersten der Tratschweiber arbeiteten daran. Tuschelnd standen sie in der Ecke und schauten der sich anbahnenden Liebesaffäre neidisch zu. Sollten sie erst einmal vor ihrer eigenen Tür den Dreck wegkehren, denn zwei Weiber in der Meute stanken gemein nach Schade und Schädlichkeit. Fehlte nur noch, dass sie sich in eins der Bordelle einmietet. Wenigstens bekamen sie dann noch Geld und mussten nicht die Schläge der Ehemänner oder ihrer heimlichen Liebhaber fürchten.

      Fulvio starrte zurück. Die Anführerin des Rudels tollwütiger Schneiderinnen errötete, verschluckte sich an ihrem angebissenen Honigkuchen, wobei ihr wabbelige Doppelkinn sich straffte, angesichts des widerspenstigen Krümels in ihrer Kehle. Konnte sie nicht gleich jetzt das Gras? In der Tat wäre es eine Verschönerung des Aventins.

      Musa bemerkte seinen abfälligen Blick und verbarg ihr schelmisches Grinsen hinter ihrer hohlen Hand. Die vielen, schmalen Armreifen klimperten. Sie waren von hoher Handwerkskunst und waren die verstummen Zeugen einer einstigen besseren Zeit der Blumenhändlerin, die viel zu sentimental war, um die ersten Zeichen der Verehrung ihres verstorbenen Ehemanns wegzugeben, oder gar zu verkaufen, egal, wie schlecht es ihr ging, obwohl sie mit ihrem Geschäft sehr erfolgreich schien. Andere würden sie verhökern, oder sie an der Illegalität eines anrüchigen Geschäfts begraben.

      Musa war nicht der Typ. Dafür sorgte schon der alte Rufus, ihr Vater, und er war für sie der Hoffnungsschimmer. Egal, was auch passierte. Nie würde er es zulassen, und sie auf gar keinen Fall enttäuschen. Dem Leben, wonach sich Fulvio so sehr sehnte, schien endlich einen Schritt näher gekommen zu sein.

      Ein Traum, den er Hand in Hand mit ihr auf dem Weg zu ihrer Insula in romantische Zukunftsbilder malte. Für seine Gefühle zu ihr schämte er sich nicht. Sie weckte längst verschüttete Hoffnungen und Ängste. Verborgen in seinem Inneren, die er damals, vor Jahren, abschaltete.

      Ein wohltuende Duft der exotischen Blumen empfingen ihn. Er übertünchte den markanten Gestank der Hauptstrasse, in dessen Abwasserrinnen sich der üble Gestank des Mistes sammelte, den die Anwohner aus ihren Fenstern schmissen, egal, ob sich schleichende Fußgänger darunter befanden, oder nicht.

      Der Hof im dem Inneren der Insula war im Gegensatz zur Straße zu sauber. Musa schien peinlichst auf Ordnung zu stehen, und sie anderen Bewohner des Mietshauses fügten sich ihrem Willen. Eben so wie die Ratten und Mäuse. Keiner dieser Nager war auch annähernd zu sehen, oder wuselten über die alten Steine auf dem Boden. Blumentöpfe, Pflanzen und allerlei anderes Zeug, welches sie brauchte, standen, je nach seiner Art, an seinem Platz in den Regalen oder auf den hölzernen Truhen an der hinteren Wand.

      Ein wunderschönes Meer aus Farben und Gerüchen in der Dunkelheit. Faszinierend. Ein Augenschmaus für jeden Kunden.

      Musa zupfte eine Rosenblüte von dem Stängel ihrer Lieblingsblume ab. Ihr leicht rötlicher Kelch war noch nicht voll geöffnet. Nur ein Blütenblatt an der Seite begrüßte ihn, als Musa den Schatz in ihren Händen überreichte.

      „Wenn es nicht unpassend ist?“, haucht sie und blinzelte ihn verlegen an.

      „Nein... Aber nicht doch.“ Er wusste nicht mehr weiter. „Nur... Damit habe ich jetzt nicht gerechnet. Du machst mit total verlegen.“

      Musa schmunzelte. Fulvio wurde rot. Sie hatte ihn eiskalt überrumpelt. Und das ausgerechnet ihm. Unbeholfen hauchte er ihr einen Kuss auf die Wange und schlich Richtung Ausgang. Sie winkte ihm zum Abschied zu und flirtete noch einmal mit ihren Augen. Schlug ihre Lider auf und ab, und der Glanz in den großen Augen verunsicherte ihn noch mehr, je länger er stehen blieb. Was sollte er jetzt machen? Bleiben? Nein, für ihn schien dieser Zeitpunk unpassend. Er wollte es nicht riskieren, und Musa verschrecken. Ihr Angst machen. Das stellte er sich vor. Was nicht hieß, dass sie auch wirklich vor ihm Schieß hatte. Ob etwas aus dem Flirt herauskam, stand in den Sternen. Die Beziehung sollte sich entwickeln. Langsam und stetig.

      Gemächlich trat er auf die Strasse, schaute zurück, in der Hoffnung, nochmals ihr schelmisches Schmunzeln zu erhaschen. Ihren verliebtes Funkeln. Die stille Dunkelheit des mehrstöckigen Hauses hatte sie verschluckt. Oben an ihrem Fenster waren ihre Fenster geschlossen. Ein schwachen Spalt, der auf die Terrasse fiel verriet ihre geheimen Blickte. Sie spähte durch den Spalt.

      Fulvio atmete ein und trat auf die Strasse. Die Schritte, die er vor einiger Zeit vernommen hatte, verstummten erneut in einem der dunklen Eingänge gegenüber der heruntergekommenen Mietskasernen des Viertels. Er hatte sich ablenken lassen. Seine Vorsicht, die ihn sonst rettete, ließ ihn im Stich, und er befürchtete, dass er sogar Musa in Gefahr gebracht hatte. Er war doch so ein Esel.

      Fulvio zog seine Kapuze seines Mantels über den Kopf und hüllte sich in seinen warmen Stoff. Er musste seine Verfolger abschütteln, und die Angst, nun doch eine wunden Punkt zu haben, fraß sich tief in sein Inneres. Hastig verschwand er in der nächsten Gasse. Schielte um die Ecke. Wer es auch immer war? Fulvio wusste, dass sie nichts Gutes im Sinne führte. Die Konturen der eingehüllten Figuren hatte er an diesem Abend schon einmal gesehen. Pulcher schien nicht lange zu fackeln und hetzte seine Hunde von der Leine. Zwei waren es. Die Schatten des flackernden Lichtes enttarnten seine Verfolger. Aber sich einen Kampf mit einem dieser ausgebildeten Schläger zu liefern zu können, erforderte mehr Weitsicht und einen besseren Platz, um sie in einem unfairen Kampf platt zumachen. Der Hafen war nicht weit. Ein Problem seiner Überlegung bestand darin, dass in diesem Viertel bis spät in die Nacht gearbeitet wurde. Hafenarbeiter die hin und her rannte. Fähren und kleinere Schiffe, die Ostia nach Rom kamen. Hell beleuchtet, und das Licht fiel auf das Ufer des Tibers. Auf der anderen Seite huschten Diebe durch die Dunkelheit, die aus den Lagerhäusern die ihnen nicht gehörende Ware mitgehen ließen, um sie so unter das Volk zu bringen. Fulvio lockte seine Verfolger auf die andere Seite. Dunkelheit verhüllte das staatliche Bauland. Am Ufer tanzte das Licht über die Wasseroberfläche des Tibers, und die Schritte seiner Verfolger knarrten über den Split. Schleichend und suchten ihn.

      Fulvio schätzte den Abstand ein und umfasste den Griff seines Dolches, den er unter seiner Tunika versteckt hatte, fester. Er wartete auf den besten Moment und den sah er einen Moment später kommen. Hinter dem kleinen Tor. Zurück zum Aventin. Die Flügel des Stadttores der Porta Randusculana waren weit geöffnet, und er sah die typischen Fratzen der Torwächter nicht. Fulvio grinste. Traute dem einladenden Braten nicht, und schnaufte unwirsch auf. Diese Falle war zu offensichtlich. Da musste man sich schon etwas anderes einfallen lassen, um ihn zu täuschen.

      Der Arm des abscheulichen Typs reichten weit. Auch bis hierhin, und er schien seine Bestechungen geradezu zu lieben.

      Fulvio verlangsamte seine Schritte. Wäre es Tag und hell genug, dass er etwas sah, könnte er heimlich zwischen der wirren Anordnung von Wagen, Kisten und Hütten hindurchschlüpfen. Das alte verfallene Gerätehaus als Unterschlupf nutzen. Warten, bis sie ihre Suche aufgaben und gingen. Nun, mitten in der Nacht, war dieses Labyrinth nicht genau einzusehen, und er konnte nicht erahnen, wer sich alles in diesem Wirrwarr befand. Fulvio wusste, dass er sie in das Freie locken musste. Da konnte er in der Dunkelheit die Lage besser abschätzen.

      Die beiden Schläger tappten in die Falle, während Fulvio hinter seiner Kiste, die er als Versteck nutzte, seinen dunkelblauen Mantel auszog und ihn in das niedergetrampelte Gras fallen ließ.

      „Na, dann zeigt mal, was ihr könnt“, brummelte er, zog seinen Dolch und trat auf der Dunkelheit seiner Kiste. Das hämische Grinsen des größeren Trottels reizte ihn. Breit. Voller Genugtuung, und dem bösartigen Willen, seinen Auftrag auszuführen. Im war das Schicksal des Killers egal. Doch nicht Fulvio. Er hing an seinem Leben, blieb ruhig und grinste noch hinterhältiger zurück.

      Es fiel ihm auf, dass er sein Gegenüber noch nie gesehen hatte. Weder in, noch außerhalb der Arena. Ein Neuling, wie clever. Ohne dem typische Brandzeichen konnte er nicht seinem Besitzer zugeordnet werden. Das verriet Fulvio eins. Diese Torfnase seine Ausbildung noch nicht abgeschlossen hatte. Minimierte seine Kampfkraft erheblich, und diese konnte er austesten. Seinem Angreifer polierte er schon beim ersten Schlag das hämische Grinsen aus seinem Gesicht. Schlug mit dem Knauf seines Dolches auf seine globige Nase und brach sie an ihrem