S.A. Michael

Charmante Tribune küsst man nicht


Скачать книгу

wie frisch gerupft und ist weniger repräsentabel. Nun muss für eine ganze Weile im Stall arbeiten.“

      „Du verteidigst diese Diebin? Hast sie wohl schon in deinem Bett gehabt!“

      „Wie kommst du den jetzt darauf? Wenn du dich weniger um deine Orgien und deinen anderen Schnickschnack kümmern würdest, als an deine ehelichen Pflichten zu denken, würden wir wohl kaum dieses Gespräch führen.“

      Sie war verdorben. Warum sollte er sie dann auch noch in Schutz nehmen? Mitgefühl war nur fehl am Platz. Sie würde sie nicht einmal erkennen, wenn ihre Arroganz einen Rückschlag erhielt. Dabei hatte er die Kleine nun wirklich nicht angefasst. Sie war ihm einfach zu dünn und zu flach. Der Spruch von ihm war ein riesiger Schlag in ihr hübsches, anmutig wirkendes Gesicht. Grazia sah aus, als würde es jeden Moment aus ihr herausbrechen.

      „Lass es. Was auch immer du in deinem Kopf ausbrütest. Es wird nicht halb so schmerzhaft sein, als dass, was ich dir antuen könnte. Ach, und noch etwas. Du würdest es bedauern. Ich habe das Recht, dich für alle Zeiten wegzusperren. Vielleicht in eine ferne Provinz, wo es nur Ziegenhirten und Vergewaltiger gibt. Thrakien oder Makedonia Dafür würde ich sogar die Hälfte meines Vermögen opfern, nur um einmal zu sehen zu sehen, wie du die Klappe hältst und dahinvegetierst.“

      Grazia schaute ihn an. Fassungslos, und überlegte sich, was sie als nächstes machen sollte. Er hatte das Recht, und sie musste ihn wieder unter ihre Kontrolle bringen.

      „Das wagst du nicht!“

      „Reiz mich weiter, und du wirst es bald erfahren. Vielleicht schon heute abend!“ Sie überlegte. Trümpfe hatte sie kaum und war, zumindestens momentan, ihm ausgeliefert.

      „Wenn du diese Abscheulichkeit wagst, werden alle deinen kleinen, schmutzigen Geheimnisse einen Weg an Augustus Ohr finden. Alle deine hinterhältigen Spielchen.“, fauchte sie ihn an und umschrieb einen runden Kreis mit ihrer Hand. „Nur weil du heimlich hinter meinen Rücken operierst, weiß ich dennoch, was du vorhast.“

      Grazia hoffte, dass sie ihn durch diese Worte beruhigen könne. Pulcher ließ sich dennoch nicht auf sie ein.

      „Du hast gar nichts. Beweise? Dieses Wort hast du sicherlich schon einmal gehört und weißt dennoch nicht, wie es geschrieben wird. Ohne diese sind es nur Indizien, und ich kann verhindern, dass man sie weiterverfolgt. Du hältst dich ja für so schlau, doch letzten Endes bist du genau so dumm, wie deine feinen, alten Freunde.“

      Grazia zuckte zusammen. Ihr wich die Farbe aus ihrem schmalen Gesicht. Wenn er sein Vorhaben in die tat umsetzte?

      Pulcher grinste schief. Diese Lektion schien sie gelernt zu haben.

      „Wenn du das meinst! Eins solltest du bedenken. Die Sklaven stehen nicht nur auf deiner Seite“, fauchte sie, warf ihre rosafarbene Stola wütend über die Schulter und verließ schnell die Küche. Ihre anfangs lauten, stampfenden Schritte wurden leiser und verhallten irgendwo in der riesigen Villa. Sie wurde zur Gefahr. Pulcher musste handeln.

      Marius Flaccus saß im Garten auf einer Kline und genoss einen der teuren, roten Falerner, der, wie Pulcher wusste, schon eine Weile in seinem Weinkeller unterhalb des Hauses, dahinstaubte. Mindestens fünf Jahre in seiner kleinen Amphore. Erinnerungen an eine lausige Zeit, die ihn nie wieder quälen sollte. Gedemütigt für zwei Tage, und Grazias Gehässigkeiten, die sie ihm zwanglos unter die Nase rieb.

      Pulcher nickte. Zumindest für diese Erfrischung hatte sich seine Ehefrau aufgeopfert, und sie dem Senator reichen lassen.

      „Wollten wir uns nicht heute abend treffen?“, murmelte er nachdenklich und goss sich einen Becher Wein ein. Den Sklaven schickte er mit einem Wink weg. Das Gespräch war zu heikel, und die Warnung, die Grazia ausgesprochen hatte, tobte in seinem Kopf. Wer wusste schon, welchen von der herumschnüffelnden Dienerschaft sie mit einem glänzenden Schmuckstück bezahlte, nur um hinter seinen Rücken an seine Geheimnisse zu kommen, und sie an sich zu reißen. Er machte die Tür zu und schob einen Riegel davor. Dass, würde sie erkennen und sollte sich besser nicht mit ihm anlegen.

      „Bei dir alles klar?“, begrüßte ihn Flaccus und legte seine Beine lang auf den Boden. Hob seinen Kopf und schaute in den blauen Himmel. Wölkchen tanzten im Wind. Besser konnte er es nun wirklich nicht haben. Anders Pulcher, der grimmig aus dem Haus getreten war und versuchte, seinen Gemütszustand tapfer zu überspielen.

      „Nicht wirklich“, murmelte er und setzte sich zu ihm auf den erstbesten Platz, der in seiner Nähe stand.

      „Frauen.“ Flaccus prustete in seinen gläsernen Becher und zog so Pulchers Zorn auf sich. „He man, dass war nicht so gemeint. Ich habe nur deine...“, hastig verschluckte er ein hämisches Lachen. „... laute Diskussion mit ihr mitbekommen und war so frei, nicht hinzuhören.“

      Pulcher lächelte sauer. Es war ihm nicht recht, dass sein Freund mitbekam, wie es um seine katastrophale Ehe bestellt war und es hinter vorgehaltener Hand ausplauschte.

      „Was gibt es nun? Oder wolltest du nur über meine obskure Ehe sprechen, die mich an den Rand des Wahnsinns treibt?“

      Flaccus straffte den Rücken. Langsam griff er nach dem Weinkrug und suchte nach den passenden Wörtern, die zu finden, in dieser Situation nicht so einfach war. Er saß Pulcher gegenüber und seine Laune war nicht die Allerbeste. Egal, was gleich passierte, er wollte seine Söhne aufwachsen sehen und nicht früh aus dem Leben scheiden. Der Wein schoss in sein Becher. Dunkelrote Tropfen rannte im Inneren des Glases herunter und ruhten am Grund.

      „Es gibt Neuigkeiten“, räusperte sich der Ältere „Ein Kurier kam heute aus Germanien und überbrachte mir eine äußerst beunruhigende Nachricht, in der steht, dass Sabienus sich entschieden hat, sich in das Lager des Augustus einzuschleimen.“

      Pulcher wurde blass. Damit hatte er nicht gerechnet. „Wieso?“

      „Keine Ahnung. Wer weiß schon, was in seinem kleinen Spatzenhirn so vor sich geht? Jedenfalls hat er ein Schreiben und eine Liste erstellt, mit den Namen der Eingeweihten oben im Norden, soweit er sich erinnern kann und im dem Fall, dass ihm, oder seiner korrupten Familie etwas passieren, sie in die richtigen Hände weitergeleitet wird. Er hat sie sogar schon weitergereicht. Doch an wen, dass schreibt mein Informant nicht.“

      Pulcher hatte ihm nie getraut. Nur gut, dass er es damals für ratsam hielt, andere für diesen Schlag einzuspannen, so dass die verworrenen Wege auch unter größter, anstrengender Nachforschung nicht bis zu ihnen zurückzufolgen waren. Sabienus war zu wankelmütig. Das war er schon immer und hatte viel zu viel Angst, sein Vermögen und seine Familie zu verlieren, als sich für Pulchers Machthunger und für ihre Rache an Augustus und seine magersüchtige Hexe einzusetzen.

      „Weiß du, wer er ist?“

      „Soweit mir bekannt ist, gehört derjenige zum engsten Stab des Varus. Mein Informant wird den Aufendhalt des Schreibens in Erfahrung bringen, dessen bin ich mir bewusste.“

      Abrupt hielt er inne und stellte seinen leeren Becher weg. „Er wird Sabienus zwingen, ihm den Namen zu verraten. Glaub mir. Der ist aus einem anderen Holz geschnitten, als der Legat und möchte nicht, dass die Geheimnisse seiner Vergangenheit ans Licht kommen.“

      „Wenn sich Sabienus nicht schon in sein Schwert gestürzt hat. Feigling!“ Pulcher stützte sich auf seine Ellenbogen. Dieser Tag war Mist, und er wollte ihn streichen. Sollte das Schreiben nach Rom gelangen, musste er um sein Leben fürchten. Flaccus stand auf, trat an seine Seite und legte seine Hände auf seine Schultern.

      „Seine Leiche wird man nie finden. Ich werde meinem Mann in der XVII. Legion heute noch schreiben, dass er ihn irgendwo in einer düsteren Ecke von Magna Germania erledigen soll. Sollte er den Anschlag überleben, was ich aufgrund seiner Fülle bezweifle, gibt es genug Sympathisanten am Rhein, die ihn schnappen können, und ihn im Fluss versenken. Sie will Ergebnisse diesbezüglich.“

      Für Pulcher war sein Vorschlag akzeptabel, wenn er auch innerlich noch kochte. Seine Wut entlud sich im Abräumen des Tisches. Glassplitter tanzen über den Boden. Der rote Wein ergoss sich auf den Boden. Außer Atem sah er über die Stadt und versuchte einen