S.A. Michael

Charmante Tribune küsst man nicht


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ihn ausgetrickst, währe nicht das wilde Geschrei, was hinter ihnen ertönte.

      Scip drehte sich um. Zwei wild aufsehende Germanen wollten sich mal wieder gegenseitig ihre Schädel einschlagen. Sie hatten Probleme mit ihren holpernden Wagen der Breite des Weges zu folgen. Eigentlich unsinnig hinsichtlich der Tatsachen, dass locker noch ein drittes Vehikel durch die Mitte gepasst hätte. Sie konnten sich nicht leiden und das reichte ihnen schon, um vor dem Lager einen Mords Aufstand anzuzetteln.

      Scip schmunzelte und hob eine Augenbraue. Wie hatten sie es geschafft, ihren beiden globige Wagen mit ihren Räder zu verkeilen, warf Fragen auf. Scip legte seinen Kopf schief in den Nacken. Das Problem mit dem Esel rückte in den Hintergrund, und amüsiert sah er zu, wie zwei seiner untergebenen Legionäre die beiden Streithähne außer sich vor Zorn auseinander zutreiben versuchten, wobei der lange Optio einen Kinnhaken kassierte, und der bullige Centurio schreiend, nach einem unfreiwilligen Flug, im Matsch landete, in dem er knietief einsank. Schwimmend, sich am Rande festhielt, um seinen schmatzenden Stiefel, der in der angetrockneten, großen Pfütze festhing, unter größten Anstrengungen fluchend aus dem Morast zu ziehen.

      Scip bewunderte die Ausdauer der beiden Querulanten. Kaum hatten sie sich der Sicherheitskräfte entledigt, schnauften und stampften sie zähneblitzend aufeinander zu, zogen jeweils am Wagen des anderen, um siegesgewiss das Holz auseinander zunehmen. Ein Kraftakt der Verzweiflung. Die Wagen machten einfach nur das, was sie wollten und bleiben auf ihrer Stelle stehen. Knarrten gefährlich unter der enormen Kraftanstrengung.

      Scip kicherte in sich hinein. Ein Szenario nach seinem Geschmack und beobachtete, als andere Soldaten herbeiströmten. Zwei Helfer versorgten die ramponierten Offizieren, während die zweite Gruppe händeringend versuchte, die Fahrzeuge von der Strasse zu ziehen. Die dritte Abteilung legte sich mit den Germanen an, die sich immer wieder selber an Kehlen gehen wollten. Bestimmend. Das Knäuel um die beiden Streithähne verdichtete sich, und wenn Scip gewettet hätte, hätte er sicherlich seinen Einsatz verloren. Er setzte auf die Germane. Im Stillen seiner Gedanken und ihrer feurigen Wut.

      Der Große der beiden Kämpfhähne gab nach, knickte mit den Knien ein und landete mit vier Soldaten im Nacken auf dem Boden. Sein kleiner Prügelsack strampelte und schnauft. Entwich immer wieder seinen Fesseln, die unter seinem Körper verschwanden, wie eine windige Schlange.

      Robbte mit seinen Beinen aus dem Würgegriff seiner Häscher und rutschte auf dem staubigen Boden hin und her. Der völlig verdreckte Centurio blieb stehen und atmete kräftig aus.

      „Alter, lass das!“, befahl er. Wich in der letzten Sekunde den aufblitzenden Zähnen seines Opfers aus. Der Germane wollte ihm beißen, schlug mit seiner flachen Hand in sein Gesicht und zog einen neuen Satz Stricke hervor. Arme und Beine. Ein einziges Wirrwarr auf der schmutzigen Straße, wobei die Fesseln immer wieder verrutschten. Gefangen, unter dem leichte Gewicht des naseblutenden Optio, fügte er sich seinem Schicksal.

      „Nicht mit mir. Du schnappst nicht noch einmal nach meinem Arm.“ Heftig sog der Centurio die Luft ein und legte seine Hände auf seine Knien, während er den drahtige, kleine Germane nach oben zogen. Reichte seine Geisel weiter. Die Wucht, die sein Bewacher an den Tag legte, überraschte einen jungen Rekruten und verwundert über sich selbst, knallte er seinen Gefangenen an die nächste Holzwand, die drei Schritte weiter weg von dem Kampfplatz lag. Sein Gefangener kam wieder zur Besinnung und stiert ihn verwundert an. Grimmig, als er erkannte, dass sein Wächter nur ein Junge von siebzehn Jahren war. Wand sich in seinem Griff.

      „Mach das noch einmal, und es setzt was,“ brüllte ihn der Rekrut erschrocken an. Der Germane verzog verächtlich sein Gesicht. Ihm dröhnten die Ohren.

      Sein Gegner wurde auf die Beine gehievt.

      „Was für ein Scheiß“, schnaufte er in einem wunderlichen Latein außer sich vor Wut und schaute in den Himmel. Stieß ein tonloses Gebet zu seinen Götter, die ihm in diesem Moment nicht helfen konnten. „Ich hasse dieses Kaff.“

      „Dann bleib doch einfach weg.“ Der Centurio schaute ihn an, reckte sich noch einmal und führte seine Beute stolz ab.

      Heimlich stimmte ihn Scip zu. Wie recht der Germane doch hatte. Das Leben wäre um so viel einfacher. Die ramponierten Karren wurden brutal auseinander gerissen und in den Straßengraben geschoben. Wenn die beiden Böckchen sich wieder beruhig, wurden sie aus ihren Zellen freigelassen, und sie bekamen ihr Eigentum unversehrt zurück. Sofern sich nicht ein Dieb daran zu schaffen machte, denn keiner, der an dem Kampf beteiligten Legionäre, würden sich nach dieser heftigen Weigerung dazu niederlassen, ihre Ware zu bewachen. Wer ihren Verlust dann ausglich? Keine Ahnung. Scip fiel wieder der Esel ein.

      Der Gallier war weg. Sein Tier ebenfalls. Das Geschenk. Der Haufen Mist des Tiers. Warum hatte er sich auch auf den Kampf konzentrieren und nicht auf seinen Umweltverschmutzer, der diesen riesigen Haufen liegen ließ? Man traf sich immer zweimal im Leben. Scip grinste böse und atmete zischend ein.

      Als sich die Abendsonne neigte zog über den Fluss, nahe des Lagers, der Hauch des ersten, kalten Herbstwindes aus dem Osten. Schleichend. Fröstelnd versteckte er seine Arme in seinen mollig warmen Wollumhang. Die Zeit, um doch noch in die Fluten zu springen, war vorbei. Der Markttag hatte ihm dieses Vergnügen gründlich versaut. Die seichten Wellen sahen ihn höhnisch an, und schnaufend ging er zu seiner Unterkunft. Von irgendwo her würde er warmes Wasser auftreiben. Einen Sklaven hatte er von seinem Vater nicht mitbekommen. Eine strafende Maßnahme, die griff, und Scip in den Wahnsinn trieb. Der elterliche Raub des Luxus war der glanzvolle Höhepunkt des stoischen, sturen Verhaltens seines alten Herren.

      Zum Glück gab es Rekruten, die sich für ihre Hilfe etwas hinzuverdienen wollten, wenn es ihre Zeit und ihr Dienst erlaubte, was für manche in diesem Punkt kaum zu realisieren war. Manchmal musste Scip in den sauren Apfel beißen, und seine persönlichen Angelegenheiten eben selber regeln. Was ihn zu tiefst widerstrebte, war er doch von klein an gewöhnt, dass man ihm alles nachtrug

      „Herr!“ Ein zartes Stimmchen riß ihn aus seinen frustrierten Gedanken. Scip war über den überraschenden Überfall froh, riß er ihn aus seinen deprimierten Gedanken, die in diesem Moment genau so kalt waren, wie der kühle Abend.

      Einer der Schreiber des Vala grinste ihn an, als er sich erschrocken umdrehte und in das sommersprossige Gesicht des Burschen schaute. Der Junge kam aus Marcillia und erfreute sich nun an dem, was er sein zu Hause nannte. Mit siebzehn Jahren war er von seinen Eltern weggelaufen. Prügel, sagte er einmal, konnte er auch bei den Truppen bekommen, und anders, als bei sich zu Hause, konnte er nun auch kräftig austeilen.

      Scip zuckte mit den Schultern. „Was jetzt?“ Genervt blinzelte er mit seinen Augen. Der Bursche schluckte, kannte er den arroganten Ruf des Tribuns, indessen Gegenwart er nie die richtigen Worte zu finden schien.

      „Vergebung, dass ich störe. Der Präfekt Vala bitte dich zu einer Unterredung. Es klang äußerst wichtig, fügte er seinen knappen Worten ein „sofort“ hinzu. Natürlich nicht so wie in meinem Ton. Eher fordernder und viel, viel lauter.“

      Was auch immer kommen sollte. Er hatte sich nichts vorzuwerfen. Oder doch? Lag es vielleicht an der gestrigen, versteckten Wasserbombe? Er war nicht zugegen gewesen, als sie den Kopf des chattischen Fürsten traf. Dabei war der Germane nicht einmal Scip`s Ziel gewesen. Die Bombe war sein Werkzeug der Rache. Der lustige, kleine Privatkrieg zwischen ihm und dem senatorischen Tribun der siebzehnten Legion war seit einem halben Jahr legendär und sorgten regelmäßig für ein, zum Eigenleben erwachten,

      lustiges Getratsche unter den Männern. Nur zu dumm, wenn bei diesem Spiel der beiden Scherzbolde Unbeteiligte daran glauben mussten. Schon einmal hatte er die dümmliche Spielerei mit dem Wasserballon vom Stapel gelassen. Damals ging Asperenas in die nicht für ihn bestimmte Falle, und Scipio stand seitdem auf seiner roten Liste. Ebenso wie Cato. Des Legaten erster ritterliche Tribun. Ebenso wie Asperenas fand der Chatte diesen Streich nicht lustig. Das wusste Scip von seinen Freund, der mit ihm der gleichen Meinung war, und den Dienst sowieso zum Sterben langweilig fand. Wie manche der anderen Soldaten den Dienst bei den Standarten für fünfundzwanzig Jahre durchziehen könnten, ohne durchzudrehen, waren für die jungen Offiziere eines der größten Mysterien ihrer militärischen Existenz. Hatte der Fürst gar