(1907): Sieg der Befürworter der deutschen Kolonialpolitik, Errichtung eines eigenständigen Kolonialministeriums: Reichskolonialamt im Auswärtigen Amt;
Hinrichtung von sechs Aufständischen in der Kolonie Kamerun (1907).
1911-1914
Petitionen gegen die deutsche Kolonialpolitik von Togoer Königen, Amtsträgern und Geschäftsleuten an die Reichsregierung (1911);
Hinrichtung von etwa 200 aufständischen Amtsträgern – darunter Rudolf Duala Manga Bell, Ludwig Mpundo Akwa, Mandola von Groß Batanga, Martin-Paul Samba – in der deutschen Kolonie Kamerun (1914).
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Die Geschichte des ehemaligen Deutsch-Südwestafrika
Klaus Perschke schreibt in Band 41e dieser gelben Reihe:
An dieser Stelle möchte ich einen kleinen Exkurs in die Vergangenheit unternehmen, die Geschichte Südwestafrikas unter die Lupe nehmen, denn damals 1955 hatte ich keinerlei Vorstellung über die Gründungsmotive der kaiserlichen Regierung in Berlin gehabt. Kurz nach dem 2. Weltkrieg wurde in den Jahren von 1945 bis 1951 die Vergangenheit der deutschen Geschichte nach politisch korrekten Kriterien aufgearbeitet. Das untergegangene Kaiserreich wurde auf jeden Fall ausgeblendet. Auch das Thema „Deutsche Kolonialpolitik“ war während meiner Schulzeit für uns genauso tabu. Die Frage „Wie kamen Deutsche Siedler nach Südwestafrika“ hat meines Erachtens der Historiker Bernd G. Längin mit seiner wissenschaftlichen Dokumentation „Die deutschen Kolonien, Schauplätze und Schicksale 1884 bis 1918“, herausgegeben im Mittler-Verlag, sehr sachlich beantwortet. Er hat auch den Finger in eine Wunde gelegt, die gern von den deutschen Historikern verharmlost, verniedlicht und auch verdrängt wurde. Die Wunde hieß „Herero-Krieg“, ein unrühmliches Blatt in der kaiserlichen Kolonialpolitik. Dabei wurden Tausende von Hererofamilien auf Befehl des in Deutsch-Südwest amtierenden und völlig durchgeknallten Generalleutnant Lothar von Trothar, Spross einer adligen Magdeburger Militärfamilie, 1904 in die Wüste getrieben, wo sie mangels Wassers elendiglich verdursteten und umkamen.
Also wie fing alles an? Ich hatte lange gegrübelt und nach einen Stichwort, oder Aufhänger gesucht. Und da fiel mir der Begriff „Tante-Emma-Laden“ ein. Ja, das ist der richtige Einstieg. Denn die erste „Handelsniederlassung“, die ein Bremer Kaufmann namens Lüderitz durch seinen bevollmächtigten Geschäftsführer, Herrn Heinrich Vogelsang aus Bremen, damals gründete, war nichts anderes als eine Art Tante-Emma-Laden am Rande der Wüste - und zwar in einer ziemlich ungemütlichen Gegend auf dem südwestlichen Kontinent Afrika, die offenbar von allen damaligen Kolonialmächten Europas bis dato gemieden worden war. Das an Angola angrenzende Amboland, das nach Süden folgende Damaraland und das bis an den Fluss Oranje angrenzende Groß-Namaland, dieses gesamte Gebiet wurde damals vom britischen Betschuanaland und von der Kap-Kolonie eingegrenzt. Dieses unbekannte Gebiet am südlichen Atlantik wurde grob definiert im nördlichen Teil von den „Schwarzen“, und im südlichen Teil von den „Gelben“, besiedelt. Die Schwarzen, das waren die Bantu sprechenden Hererostämme, alles groß gebaute, stolze und sehr eigen wirkende Menschen. Nach dem Zitat eines Oberleutnants der kaiserlichen Schutztruppe, Kurt Schwabe aus Münster, wurde allen gemein eine „unglaubliche Gier nach Alkohol, Lügenhaftigkeit, ihr Hang zum Diebstahl und ihre Unzuverlässigkeit – Ehre und Ehrgefühl haben die Herero nicht“ nachgesagt. Das klingt wie ein Vorurteil. Herr Längli, der Verfasser des Buches „Die deutschen Kolonien...“, weist an anderer Stelle auf einen weiteren Deutschen, Herrn Leutwein, hin: „Natürlich hat ein Volk, das den größten Bevölkerungsanteil im außertropischen Südwesten stellt, auch gute Seiten, Herero sind gastfreundlich.“ Alle nomadisierenden Hererostämme bestritten ihren Lebensunterhalt mit riesigen, wohlgenährten Rinderherden. Manche Häuptlinge brachten es zu ansehnlichem Reichtum in dem klimatisch günstigeren Norden, in dem es relativ häufigere Niederschläge gab als im Süden, also im Namaland, wo die Rinder auch genügend zu fressen fanden.
Die Gelben, das waren die „Nama“ und die vagabundierenden San, Wildbeuter und Sammler. Für die letzten hatten die Kapholländer das Wort „Bosjesmans“ erfunden, also „Leute, die hinter Zweigen wohnten“, woraus die deutschen Südwestler „Buschmänner“ machten. Die Nama lagen im Aussehen zwischen den Herero und den San. Sie hatten eine hellbraune bis gelbliche Hautfarbe und waren etwas kleiner als die Herero, dafür aber umso kriegerischer veranlagt. Auch sie waren ein Nomadenvolk, aber, bedingt durch den klimatisch ungünstigen, trockenen Lebensraum, ging es ihnen materiell nicht so gut wie den Hereros. Sie mussten den Gürtel enger schnallen. Statt mit fetten Rinderherden mussten sie sich mit Ziegen- und Schafherden zufrieden geben, die im Tauschhandel mit den durchziehenden burischen „Ossentrekkern“ nicht viel einbrachten. Die Nama wurden von den Buren auch verächtlich „Hottentotten“ genannt. Ursache dafür waren ihre beim Sprechen auftretenden merkwürdigen Schnalzlaute, worüber sich die Buren lustig machten.
Burische Ossentrekker zogen schon weit vor den ersten dort niedergelassenen Deutschen durch die Landschaft. Weiterhin traf man auch burische Großwildjäger, die sich oft Jacobs und Willem nannten, hier an. Außer den burischen Ossentrekkern kamen auch Vertreter der englischen Gesellschaft und Forscher aus der Kapkolonie über den Oranjefluss ins Land und nahmen die Geologie unter die Lupe, natürlich im Interesse der Krone. Leider fanden sie nichts entsprechend Lohnendes, weshalb man diese Einöde in den Besitz der Krone nehmen sollte.
Doch zum Lobe des Allmächtigen reiste aus der Kapkolonie auch Gottes Bodenpersonal ein. Da gab es den Ex-Bankier und Kaufmann Johan Keetman, der seinen Missionar Schröder im Auftrage der „Rheinische Mission“ die Station Keetmanshoop für die schwarzen Heidenkinder gründen ließ, weiterhin Carl Hugo Hahn und Heinrich Kleinschmidt, die im Namen des gelobten Herrn Jesus Christus über den Oranjefluss paddelten und nach Bethanien reisten, um Heidenkinder zu taufen.
Südwest, gleich nördlich des Oranjeflusses, ist trocken, trostlos und auch feindselig. Südwest ist Kaffernland, „Kaffern“, welches die Buren aus dem arabischen „Kafir“, ableiteten und was „Ungläubige“ bedeutete. „Verkaffern“ steht für „das Herabsinken des Europäers auf die Stufe eines Eingeborenen“, weiter, „Kaffernarbeit ist etwas, zu dem sich Weiße nicht herab lassen dürfen.“ Das war die damalige Situation. Aber gerade die Missionare legten den Grundstein für die spätere Kolonie. Gottes Sendboten wurden anfangs von den Hererostämmen immer wieder enttäuscht. Doch sie fassten immer wieder Mut, gründeten auf ihren Kreuzzügen fernab jeglicher Zivilisation Missionsstationen zusammen mit Handelsposten und Viehtransportstationen und bahnten durch die allmähliche Erschließung des Landesinneren den Weg für eine gezielte Besiedlung durch Weiße. Als erstes deutsches Siedlerpaar kam der Missionshandwerker Eduard Hälbich, ein 28 Jahre alter Schlesier mit seiner Braut Amalie Bartel in dieser von Gott verlassenen Gegend an, die sich „Otjimbingwe“ nannte. Er baute neben einem Schlachthaus das Warenhaus, baute eine Wagenmacherei neben der Schmiede, und so wurde Otjimbingwe zum wichtigsten Rastplatz für den gesamten Ochsengespannverkehr zwischen dem Landesinneren und der Küste. Es sollten noch viele andere Missionsstationen kombiniert mit Handelsposten und Rastplätzen folgen.
Das Hereroland, also das innere Hochland nördlich des Swakop bis in die weiten Weidelandschaften am Waterberg, erlaubte den Hererostämmen die Großviehzucht. Das Namaland dagegen, südlich des Swakop bis zum Oranje, war trockenes Land, es dominierte der reinste Steppencharakter mit verbuschtem Land. Die Wasserstellen sind dort seltener anzutreffen, der Pflanzenwuchs dürftig. Die Küstenhottentotten hatten den Vorteil, Robben, Delphine und Pinguine verspeisen zu können. Die Binnenlandhottentotten dagegen mussten schon mal auf Schlangen, Eidechsen und Käfer zurückgreifen. Und natürlich hatte sich bei den Hottentotten herumgesprochen, dass die Herero fette Rinderherden besaßen. „Der kühne Handstreich nach einer Hereroherde hatte Tradition, Rinder stehlen ist so viel wie eine offizielle Kriegserklärung. Orlog machen war ein Dauerzustand.“ (Die deutschen Kolonien..., S. 104, 105)
Kapitän Jonker in der Hottentotten-Häuptlingsfamilie der Afrikaaner