Elmar Weihsmann

The New York City Moviegoers


Скачать книгу

und Malen, das ist das einzige, worauf ich mich verstehe, und dann und wann schreibe ich auch schon mal eine Short Story, die sind eigentlich ganz gut, im Netz haben sie, ich meine die Short Storys, doch ein paar Leser, aber veröffentlicht habe ich natürlich noch nichts und Ausstellung hatte ich auch noch keine, nur für die Clubs hier im Village kann ich in ziemlicher Regelmäßigkeit die Plakate und Einladungen gestallten.

      Eigentlich wollte ich mir ein Jahr Auszeit gönnen, doch neben einem Pragmatiker, wie meinem Vater und einer Realo, wie meiner Mutter, geht das gar nicht und deshalb habe ich mich am Montag in einen Filmkurs an der New York University eingeschrieben, wie einst Woody Allen, der ja auch in der Stadt lebt.

      Ob das was taugt, ich meine den Filmkurs, weiß ich noch nicht, aber die Themen im ersten Semester lesen sich irgendwie interessant und außerdem gehe ich gerne ins Kino, ich meine, die Blockbusters in den Multiplexkinos, die interessieren mich gar nicht, aber da auf der to-do-Liste der Juniors an der Uni die Filme standen, die in meinen beiden Lieblingskinos laufen, dachte ich mir, dass das zumindest keine Zeitverschwendung ist, wenn ich mir die Streifen ein Jahr lang reinziehen, auch wenn ich zugeben muss, dass ich auf der Filmliste bisher nur einen Film kenne und den habe ich ausgerechnet vor rund einem Jahr mit Suzie Q. gesehen, als wir gemeinsam die Schule geschwänzt haben.

      „Dachte ich es mir doch, dass du hier bist.“

      „Was?“

      Suzie Q., das heißeste und angesagteste It-Girl im Village, steht vor mir und grinst mich unverschämt an, wie eine Braut, die sich beschwert, dass man trotz ihrer Traumfigur durch Impotenz negativ auffällt.

      „Du hast dir ‚Zazie fährt mit der Metro’ angesehen. Da war es ziemlich leicht dich zu finden“, sagt sie.

      „Oh ja, der steht auf der Filmliste der Uni, über jeden Film muss man einen kurzen Aufsatz schreiben.“

      Suzie Q. smilt, sie schwingt ihre Kurven. „Verstehe, ich habe mich auch in den Kurs eingeschrieben und dachte, dass wir zumindest das erste Semester gemeinsam angehen.“

      Ich höre wohl schlecht.

      „Oh, was, du bist auch im Filmkurs an der New York University?“

      „Ja. Passt dir das nicht?“

      „Doch. Doch. Aber ich dachte, dass du dir eigentlich nichts aus Kunst machst.“

      „Kino ist Kunst?“

      „Klar. Filmkunst.“

      „Wusste ich nicht. Aber wenn du dort bist wird es schon stimmen.“

      „Wolltest du nicht immer was mit Jus oder Betriebswirtschaft machen?“ frage ich.

      „Stimmt. Aber alle Kurse sind schon bis obenhin voll und weil ich bis zum Sonntag noch in diesem beschissenen Texas war komme ich jetzt einfach nirgends mehr rein. Kapiert?“ sagte sie angewidert, als müsste sie ein ganzes Rindviech alleine von Amarillo nach Dallas in den Schlachthof treiben.

      „Verstehe.“

      „Das wage ich ehrlich gesagt zu bezweifeln. Denn wer nicht mal bis zum Hals im Kuhdung gestanden hat, der versteht Texas nicht. Die Hitze, das Ungeziefer, der Gestank. Es war einfach schrecklich. Da hilft nur noch die Flucht in ein gut klimatisiertes Kino hier im Village.“

      „Okay. Gehen wir in Joe’s Pizza?“ sage ich, nur um die Situation zu entspannen und was Sinnvolles zum Besten zu geben.

      Suzie Q. smilt. „Okay, du hast die zehn Millionen Dollar Frage richtig beantwortet.“

      Ich bekomme ein Küssen und sie hakt sich bei mir unter. Gemeinsam schlendern wir die West Houston Street und die 6th Avenue entlang, als wären wir immer und ewig das ideale Liebespärchen gewesen, das sich nach dem Kino eine Pizza gönnt, um so gestärkt, eine lustige Nacht anzutreten.

      Kapitel 2: Joe’s Pizza

      Ich nehme mal an, ihr seid noch nie oder wenn, dann nur sporadisch, in Joe’s Pizza gewesen. Das ist ein echt feiner und netter Laden in der Carmine Street und vom Angelika Film Center nur ein paar Schritte entfernt, was für eine Megacity wie New York ja wirklich keine Selbstverständlichkeit ist.

      Okay, die Pizza ist billig und gut und das Coke schmeckt wie überall in der ganze USA gleich. Aber wem interessiert ein typisch amerikanisches Abendessen, wenn du einer aufgedrehten Schreckschraube wie Suzie Q. gegenüber sitzt, die haarklein über ihre Schreckenszeit in Texas berichtet und den zweit größten Bundesstaat der USA wie eine Art Vorhölle in Grund und Boden verdammt? Überflüssiger Weise philosophiert die feine Dame, wie wohl sie sich nach der Gluthitze in Texas im schlimmsten New Yorker Sommergewitter der Saison fühlt, das vor Joe’s Pizza nieder geht.

      Der Wolkenbruch ist so schlimm, dass das Wasser ins Lokal eindringt und wir unsere Füße hoch lagern müssen, um nicht völlig durchnässt zu werden, was mir eigentlich Schnuppe wäre, weil ich Flip Flops anhabe, aber Suzie Q. trägt High Heels und das ist angeblich total unbequem, wenn die Schuhe nass werden, so als wären diese Schuhe nicht konstruktionsbedingt unbequem, was mir bisher immer ein Rätsel ist, wieso die Girls solche Schuhe überhaupt tragen. Aber das ist nun mal so. New Yorker Girls stehen auf ihre High Heels und das wird sich wohl nicht so schnell ändern.

      So ein geschwätziges und lautes Persönchen mit unendlich langen Beinen zwischen High Heels und Hot Pants wie Suzie Q. fällt natürlich auf und erst recht in einem Laden wie Joe’s Pizza, der im Village einen Ruf zu verteidigen hat.

      Neugierige und vor allem begehrliche Blicke verschlingen die fesche, junge Dame mir gegenüber, was Suzie Q. total nicht unrecht ist, das könnt ihr mir glauben.

      Fotos von ihr geistern sofort durch das Netz und die nicht unberechtigte Frage wird sehr schnell und erfolglos diskutiert, wie so eine Niete wie der da, also ich, so eine Traumfrau abschleppen kann.

      Nur Quatsch. Nur Unsinn. Typisch Village. Das übliche Netzstrohfeuer, das einfach nur auflodert, um die Zeit totzuschlagen und nicht wirklich nichts bringt.

      Immerhin simsen Suzie Q’s Ex-Freunde Fragen wie: Wow, du bist wieder in der Stadt? Du siehst fantastisch aus? Wo bist du? Lässt du dich heute Nacht flach legen?

      Suzie Q. und ich amüsieren uns königlich. Ich bekomme übrigens keine SMS, ganz einfach deshalb nicht, weil ich kein Handy habe. Was so nicht ganz stimmt. Ich benutze es nur zum telefonieren und das auch nur mit Mom und Dad und mit meinen Brüdern, die jetzt irgendwo abhängen und sich voll laufen lassen, aber das ist für Mom und Dad kein Problem, denn meine Brüder sind älter als ich und studieren an den wirklich angesehenen Unis und das wird für ihr Leben wohl was bringen, das ist ja klar. Um die braucht man sich keine Sorgen mehr machen, so wie um mich, der noch ein echter Grünschnabel und Junior am College ist, und dem man besser heute als morgen den Arsch versohlen sollte, damit er endlich zur Vernunft kommt, das gilt übrigens noch mehr für Suzie Q., doch die würde dafür glatt noch Geld abkassieren, wenn man/frau ihr den Hintern versohlt.

      Aber bei solchen SM-Rollenspielen kenne ich mich nicht aus und Filme wie ‚fifty shades of grey’ sind nichts für mich und ‚Die Geschichte der O’ finde ich auch total überbewertet.

      Vor mir aus soll sich Suzie Q. für 10 Dollar den Po von irgend so einem Idioten versohlen lassen, wenn ihr das als geeignetes Geschäftsmodell erscheint, um sich zumindest mittelfristig recht bequem was dazu zu verdienen, ich jedenfalls, mache so etwas nicht. Mich könnt ihr mit dem ganzen SM-Kram den Buckel hinauf rutschen und ganz kräftig am Arsch lecken, und das noch dazu ohne Bezahlung.

      Erfreulicher Weise gibt Suzie Q. vor Zeugen zu, dass ihr noch nie der Po versohlt wurde und schon gar nicht gegen Bezahlung. Sie findet „Fifty shades of grey“ ebenfalls zum Verzweifeln, räumt jedoch ein, dass sie die Rolle der Anastasia übernehmen würde, allerdings nur wegen der Gage, was ja bei so einem Hochglanzschinken ein echtes Argument ist.

      Lange Blicke.

      Hm?

      Wir tauschen je ein Stück Pizza und prosten uns zu, wieder etwas was wir beide, das It-Girl