Bianka Kurzer

Vampire in New York


Скачать книгу

Mädchen Hunger hatte, traten zwei winzige spitze Fänge aus ihrem Mund hervor und sie biss ihrer Mutter in das dargebotenen Handgelenk. Schon im nächsten Moment begann das Mädchen aus der Wunde zu trinken. Von da an brauchte nur noch Marguerite Hilfe bei der Nahrungsaufnahme. Die Fänge von Marguerite entwickelten sich erst als sie ein Jahr alt wurde.

      Die kleinen Mädchen wuchsen heran wie alle anderen Kleinkinder. Als sie so weit waren zu verstehen, dass sie nicht wie andere Kinder waren, erzählten ihnen ihre Eltern, von ihrer Andersartigkeit und ihren Fähigkeiten. Die Mädchen wuchsen wohlbehütet auf, auch dank der Hilfe von Antoine, Madame d'Autreille und Ernestine. Sie entwickelten all die Fähigkeiten von denen Edward den Eltern erzählt hatte. Oft mussten die Eltern den beiden Mädchen die Geschichte von dem Fremden erzählen, der ihnen einst ihr Leben gerettet hatte, denn die Kinder waren fasziniert von dem Engländer mit Namen Edward, war er doch wie sie. Als sie sechs Jahre alt waren engagierten die Eltern einen Lehrer, der ihnen das Lesen und Schreiben beibrachte und sie ein paar Jahre später in der Kunst der Musik und der Malerei unterrichtete. Die Schwestern liebten es zu lesen und ihr Vater kaufte ihnen alle Bücher die er auftreiben konnte. Über die Jahre ergab sich daraus eine staatliche Bibliothek in denen die Mädchen die meiste Zeit ihres Lebens verbrachten.

      Mit zwölf hatten sie die Gabe, die Erinnerungen von Menschen zu löschen, perfekt erlernt. Zum Leidwesen ihrer Eltern, hatte sie zum Üben oftmals Antoine benutzt. Wenn ihr Vater oder ihre Mutter ihm einen Auftrag erteilt hatte, dann hatten die Mädchen ihn diesen wieder vergessen lassen. Als ihre Eltern davon erfuhren, verboten sie den Mädchen, ihre Fähigkeiten am Personal auszuprobieren. Weiter hatten beide noch die Fähigkeit entwickelt, Erinnerungen nicht nur zu löschen, sondern auch zu manipulierten, also durch falsche Erinnerungen zu ersetzen. Mit der Fähigkeit die Erinnerungen von Menschen löschen oder manipulieren zu können, waren sie nicht mehr auf das Blut ihrer Eltern angewiesen. Da sie auch schon über ihre übernatürliche Stärke und Kraft verfügten, gingen sie von da an jede Nacht allein nach draußen um sich zu nähren. Sie waren so vorsichtig, dass nie jemand verletzt wurde oder ihr Geheimnis ans Licht kam.

      Ihre erste Erfahrung mit dem männlichen Geschlecht hatte Soleil im Alter von siebzehn Jahren. Sie hatte schon eine ganze Weile für einen hübschen jungen Mann aus dem Dorf geschwärmt. Er war zwei Jahre älter als sie, hatte haselnussbraune Augen, hellblonde Locken und war von großer Statur. Als sie ihn mal allein angetroffen hatte, war sie nicht schüchtern gewesen und hatte ihn in ein Gespräch verwickelt. Dabei stellte sich heraus, dass auch er schon eine ganze Weile an der schönen Brünetten interessiert war. Seine Absichten waren nur allzu deutlich und Soleil war mehr als begierig ihre ersten Erfahrungen mit einem Mann zu machen. Sie trafen sich zwei Wochen lang, jeden Tag. Sie unterhielten sich nicht viel sondern lagen irgendwo ungesehen im Stroh und küssten und liebkosten sich. Als sie nicht mehr die Finger voneinander lassen konnten, verabredeten sie sich einen Abend und trafen sich zu einem heimlichen Stelldichein. Es gab eine kleine verlassene Hütte im Wald, zu der der junge Mann sie führte. Es war für Soleil das erste Mal und der junge Mann hätte nicht zärtlicher sein können. Soleils Leidenschaft war entfacht worden und als sie schwer atmend in seinen Armen lag, begehrte sie ihn immer noch und der junge Mann war erfreut, dass sie es in dieser Nacht nicht nur bei einem Mal beließen. Während sie zum dritten Mal in dieser Nacht miteinander schliefen, gab sich Soleil in ihrer Leidenschaft dem Begehren nach einem anderen Hunger hin und biss ihm in den Hals und trank von ihm. Als ihr bewusst war, was sie gerade getan hatte, musste sie seine Erinnerungen teilweise wieder löschen. So beließ sie ihm die Erinnerung an die gemeinsam verbrachte Nacht und löschte ihm die Erinnerung daran, dass sie ihn gebissen hatte. Obwohl sie das Gefühl gehabt hatte, dass es ihm sogar gefallen hatte, durfte sie kein Risiko eingehen. Von diesem Abend an, trafen sich die beiden des Öfteren. Aber, wie junge Männer so sein können, verliebte sich dieser nach ein paar Monaten in ein Mädchen aus dem Dorf und traf Soleil von da an nicht mehr.

      Soleil war darüber vielleicht ein wenig enttäuscht gewesen aber gewiss nicht am Boden zerstört. Sie hatte ihn nicht geliebt, sondern nur die gemeinsamen Stunden mit ihm sehr genossen.

      Als sie danach anfing über Männer und eine Beziehung mit ihnen nachzudenken, wurde ihr klar, dass sie sich nie ernsthaft verlieben durfte. Denn sie würde für immer jung bleiben. Aber der Mann an ihrer Seite, würde alt werden und sterben. Und wenn ihre Eltern Recht behalten würden und sie eine Unsterbliche war und somit hunderte von Jahren leben konnte, wollte sie nicht alle paar Jahrzehnte um einen Liebsten trauern. Das, und da war sie sich sicher, würde ihr Herz nicht verkraften. Also hatte sie ganz allein für sich beschlossen, dass sie zwar ihre Bedürfnisse mit Männern teilen würde, sich aber niemals verlieben wollte.

      Marguerite hatte ihre Schwester oft zum Thema „Liebe machen“ ausgefragt und war schon ganz begierig darauf, auch ihre erste Erfahrung zu machen. Allerdings war ihr noch kein Mann über den Weg gelaufen, mit dem sie derart intim werden wollte. Das änderte sich erst, als eine Familie mit vier Söhnen ins Dorf zog. Die jungen Männer waren im Alter zwischen achtzehn und zweiundzwanzig und alle waren ausnehmend gutaussehend und gut gewachsen. Marguerite hatte ein Auge auf den ältesten der vier Brüder geworfen und war nun jeden Tag im Dorf, in der Hoffnung, dass sie ihm auffallen würde. Marguerite war eine sehr schöne junge Frau mit der übernatürlichen Anziehungskraft eines Vampirs. Natürlich war dem jungen Mann die Tochter des Grafen schon aufgefallen, aber er hatte sich bisher noch nicht getraut sie anzusprechen. Als Marguerite nur wenige Tage später mit der ganzen Familie zu einem Dorffest kam, raffte er all seinen Mut zusammen und bat sie zum Tanz. Sie war sehr erfreut darüber, dass er sie aufgefordert hatte und sie tanzen den ganzen Abend lang zusammen. Zwischen den Tänzen unterhielten sie sich angeregt und tranken Wein. Soleil konnte sehen, dass der junge Mann ganz vernarrt in ihre Schwester war und freute sich sehr für sie.

      Es war schon sehr spät, und die meisten hatten das Fest bereits verlassen. Der junge Mann hatte Marguerite bei der Hand genommen und sie zu einer abgeschiedene Ecke geführt. Ob der Alkohol ihm Mut gab oder er sie derart begehrte, dass er sich nicht mehr zurückhalten konnte, wusste sie nicht. Aber kaum dass sie niemand mehr sehen konnte, hatte er sie an sich gezogen und sie leidenschaftlich geküsst. Marguerite schmolz dahin und stand förmlich in Flammen. Sie wollte mehr und er konnte nicht verheimlichen, dass auch er sie wollte. Also führte Marguerite den jungen Mann zu der verlassenen Hütte, von der Soleil ihr erzählt hatte. Sie musste ihn nicht groß dazu überreden mit ihr zu schlafen und so verlor sie in dieser Nacht ihre Unschuld.

      Später erzählte sie ihrer Schwester von ihrer ersten gemeinsamen Nacht mit einem Mann und hoffte, dass es immer so schön sein würde, wie in dieser Nacht.

      Wo sich Soleil mit ihrem Herzen von ihren Liebschaften distanzierte, hing Marguerite sehr an dem jungen Mann. Sie trafen sich sehr oft und Soleil konnte sehen, dass ihre Schwester sehr verliebt war. Und dann passierte das, wovor Soleil immer Angst gehabt hatte. Der junge Mann, dem ihre Schwester so zugetan war, wurde sehr krank. In nur wenigen Tagen stand es immer schlechter um ihn und ein paar Wochen später erlag er seinem Leiden.

      Marguerite war am Boden zerstört. Sie lag in den Armen ihrer Schwester und weinte tagelang. Genau aus diesem Grund hatte sich Soleil immer zurückgehalten, tiefere Gefühle für einen Mann zu empfinden. Den Schmerz den ihre Schwester gerade empfand wollte sie nie fühlen.

      Als Marguerite sich nach ein paar Tage wieder gefasst hatte, hatte Soleil ihr von ihrer Einstellung im Umgang mit Männern und den Gefühlen für sie erzählt. Auch wenn es durchaus logisch klang, was ihre Schwester ihr erzählte, konnte Marguerite ihre Gefühle nicht einfach so ausschalten und sie glaubte auch nicht, dass sie das wirklich wollte.

      Über die Jahre lernten die beiden Frauen viele Männer kennen. Einige streiften nur kurz das Leben der Frauen andere verweilten etwas. Aber mit keinem der Männer war eine von ihnen eine längere Beziehung eingegangen. Soleil, weil sie es einfach nicht zuließ und Marguerite weil sie immer noch an den jungen Mann aus ihrem Dorf denken musste, den sie so geliebt hatte und sie hatte Angst davor, wieder diesen tiefen Schmerz des Verlustes fühlen zu müssen.

      Kapitel 5

      Das ruhige Leben in Frankreich änderte sich, als die ersten Menschen, im Jahre 1792, ihren Kopf auf der Guillotine verloren. Allerdings blieb