Joachim Koller

Bittersüßer Rakomelo


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vielleicht sogar Tagen um den Finger wickeln.

      Er holte sein Telefon und schrieb Tákis eine Nachricht, dass er sich auf das gemeinsame Abendessen freue. Die Antwort ließ ihn schmunzeln: Wir benötigen noch knapp eine Stunde, dann kommen wir. Nicht nachfragen, sonst wirst Du eifersüchtig, soll ich Dir von Despina ausrichten.

      Despina, Tákis und Ryan hatten einen Tisch mit direktem Blick auf den Strand. Als Christina ihnen die erste Runde Bier brachte und Ryan mit den Worten »So sieht man sich wieder!« begrüßte, erntete er fragende Blicke von seinen Freunden. Nach seiner kurzen Erklärung erzählte ihm Despina, was sie über die junge Frau wusste.

      »Christina Saravakos kommt, so wie ich, direkt aus Bali. Sie hat mit ihren vierundzwanzig Jahren schon einiges erlebt, leider auch Negatives. Vor über einem Jahr sind ihre Eltern, beide Fischer, bei einem Schiffsunglück umgekommen. Soweit ich weiß, ist der Job hier ihr Erster nach dem Studium.«

      Ryan sah sich Christina näher an, sie machte schon einen viel sicheren Eindruck als noch gestern.

      »Interessant. Nun zurück zu unserem Vorhaben für morgen. Maria hat mich besucht und wir werden morgen einen Ausflug nach Rethymnon machen. Tákis, ist Nikos bereit?«

      »Er wird Dir folgen und wie abgesprochen wird er auftauchen.«

      »Despina, Du weißt Bescheid, es handelt sich um ein Nokia Lumia 925?«

      Sie nickte.

      »Dann kann eigentlich nichts mehr schief gehen«, er hob sein Bier, »Auf morgen und den weiteren Verlauf unseres kleinen Racheplans.«

      Kapitel 4

      Pünktlich um neun Uhr fuhr Ryan mit dem Mietwagen bei der Villa der Familie Granat vor. Er hatte sich für ein dunkelrotes BMW Cabrio entschieden, in der Hoffnung, damit einen guten Eindruck bei Maria zu machen. Natürlich hatte er sich wieder entsprechend gekleidet, nur Markenkleidung, wenn auch großteils sehr gut kopierte.

      Maria kam die Stiegen herab und Ryan musste sich erneut eingestehen, dass er es mit einer sehr attraktiven Frau zu tun hatte. Maria hatte sich für einen Minirock in Beige entschieden, dazu ein enges Oberteil in Weiß. Ryan musste sich ein Grinsen verkneifen. Zu blöd, dass ich Dich so gut kenne, um sofort zu erkennen, dass Du einen Push-up trägst, dachte er.

      Er stieg aus und öffnete ihr die Beifahrertür.

      »Ich wünsche Dir einen wunderschönen Morgen, Schönheit. Es freut mich, dass Du Dich dafür entschieden hast, mich nach Rethymnon zu begleiten.«

      »Dein Angebot war recht verlockend. Ich könnte neuen Schmuck gut gebrauchen.«

      »Dann nimm Platz. Offenes Verdeck, oder lieber geschlossen?«

      Maria gefiel der schnittige, elegante Wagen. Sie setzte sich und strich über das gut gepflegte Armaturenbrett.

      »Ich möchte es spüren, in einem Cabrio zu sitzen, also lass es offen.« Sie durchsuchte ihre kleine weiße Handtasche um sich zu vergewissern, alles Notwendige eingesteckt zu haben.

      »Hast Du alles bei Dir? Geld, Handy, Pfefferspray?«, fragte Ryan nach.

      »Werde ich denn einen Spray bei Dir brauchen?«

      »Garantiert nicht, schöne Frau. Welche Musik darf es sein, ich habe neben griechischer Popmusik noch einen Sampler italienischer Sänger und ein Best-Of von Mariah Carey.«

      Maria blickte ihn entzückt an und entschied sich für die Best-of CD.

      Ryan fuhr los und jagte den Wagen über die engen Kurven in Richtung Küstenstraße. Dabei stellte er fest, dass Maria seinen schnellen Fahrstil zwar beein-druckend fand, aber leicht nervös wurde. In jeder engen Kurve hielt sie sich an der Tür fest und presste sich in den Sitz.

      »Wenn Du möchtest, kannst Du mir bis zur Ankunft etwas über Dich erzählen, Maria. Ich nehme an, Du hast fertig studiert, wenn Du nun mit Deinem Vater zusammenarbeiten wirst.«

      »Ganz genau. Ich habe mehrere Wirtschaftsstudien abgeschlossen. BWL, Unternehmensführung, Firmen-marketing und noch einige mehr.«

      »Meinen Respekt. Da Du doch noch recht jung bist, musst Du ja ordentlich schnell gewesen sein«, meinte Ryan anerkennend. Ein Blick zu ihr auf den Beifahrersitz genügte, um zu sehen, wie sie kurz die Augen schloss und sich über die Nase strich.

      Menschliche Psychologie, erste Stunde, dachte er, Lügen sind manchmal so einfach zu erkennen.

      »Ja, ich habe mich ordentlich hineingekniet und meine Prioritäten klar gesetzt«, erklärte Maria.

      »Weißt Du schon, wohin Dich Dein erster Job führen wird?«

      »Weit weg von dieser eher bescheidenen Insel. Südamerika, genauer Venezuela wird es werden. Ich habe gestern nur die ersten Informationen erfahren. Mein Vater hat ein Angebot als Manager im Head Office, gleichzusetzen mit dem Posten eines Geschäftsführers. Wie sieht es bei Dir aus? Ich weiß nur, dass Du der Sohn eines der reichsten Männer der Welt bist, aber ansonsten hast Du noch nicht viel verraten.«

      »Das liegt auch daran, dass ich nicht viel über das Familienvermögen und Privates rede. Aber bei Dir mache ich sehr gerne eine Ausnahme. Ich habe alles Notwendige gelernt, um die Firma meines Vaters übernehmen zu können. Sowohl im wirtschaftlichen als auch im technischen Bereich. Mein Vater hat seine ersten Programme noch selbst geschrieben und kann auch heute noch jedes seiner Sicherheitsprogramme selbst überprüfen und gegebenenfalls verbessern. Nach meinem Urlaub in Kreta und dem Rest von Europa werde ich wohl sehr bald in seine Fußstapfen treten. Bis dahin bleibe ich gerne anonym, was aus vielen Gründen vorteilhaft ist. Selbst in der Firma meines Vaters kennen mich nur die wenigsten und sind dementsprechend ehrlich. Wobei die Zufriedenheit unter unseren Mitarbeitern sehr hoch ist, darauf achten wir.«

      Auf Marias Frage, was genau die Firma herstellt, begann Ryan mit einem, sorgfältig auswendig gelernten, Vortrag über die unterschiedlichen Programme und Dienste, die BIS anzubieten hatte. Er mischte auch viele Fachausdrücke hinein, bei denen Maria nur nickte, ohne etwas zu verstehen. Aber sie war beeindruckt und das war sein Ziel.

      »… und selbst die Anti-Diebstahl-Sicherung in diesem BMW Cabrio ist über ein BIS-System vor fremden Zugriff gesichert«, beendete er seine Rede.

      Maria genoss die Fahrt in dem offenen Wagen, zusammen mit einem reichen Mann. Sie bemerkte nicht, dass ihnen seit ihrer Auffahrt auf die Küstenstraße, die die schnellste Verbindung von Ost nach West in Kreta darstellte, ein Wagen folgte. Ryan achtete immer wieder darauf, dass ihr Verfolger sie nicht aus den Augen verlor.

      Auf der rechten Seite blieb immer die Aussicht auf das Meer, das sich bis zum Horizont erstreckte. Die andere Seite bot einen Blick über ausgedehnte Plantagen, schroffe Felsen und zwischendurch konnte man von der Straße aus weit ins Landesinnere blicken. Maria war nicht sehr an der Umgebung interessiert, die meiste Zeit sah sie auf das Meer hinaus.

      Nach einer knappen halben Stunde war die Kuppel der Moschee innerhalb der Festung von Rethymnon zu erkennen. Ryan erklärte Maria, dass sie in wenigen Kilometern die Schnellstraße verlassen und durch die Stadt bis zum Hafen fahren würden. Dort wären neben unzähligen weiteren Geschäften auch die Juweliere zu finden.

      »War es eigentlich schwer, Deinen Bodyguard loszu-werden? Dein Vater muss sehr besorgt um Dich sein, wenn er Dir einen eigenen Aufpasser mitschickt.«

      »Chin Lee ist schon seit Ewigkeiten für meinen Vater tätig. Auch wenn ich meinen Vater nie in Kreta besucht habe, jedes Mal wenn er zu mir gekommen ist, war Chin Lee dabei. Ich glaube sogar, die beiden sind inzwischen Freunde, nicht nur Chef und Angestellter. Mein Vater wollte zunächst auch, dass Chin Lee heute mitkommt, aber ganz ehrlich, ich bin alt genug, um auf mich selbst aufzupassen.«

      Ryan griff hinüber und legte Maria die Hand sanft auf die Schulter.

      »Keine Sorge, ich weiß was sich gehört und Du brauchst keine Bedenken zu haben. Das entspricht nicht meinem Charakter.«

      »Dann bin ich ja beruhigt.«