Joachim Koller

Bittersüßer Rakomelo


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bei einem mehr als seltsamen Händler in einer wenig sympathischen Gegend in Wien gekauft, um mehrere hundert Euro. Eine identische Kopie aus billigem Material hatte er um gerade einmal fünfzig Euro erstanden.

      Außerdem setzte er eine Brille auf, eine täuschend echte Ralph Lauren. Sie würde ihm noch wertvolle Dienste leisten.

      In Gedanken ging Ryan noch einmal alles durch, was er die letzten Wochen und Monate studiert hatte. Er hatte alle Möglichkeiten genutzt, um so viel wie möglich über Maria zu erfahren. Nun war der Moment, wo er es einsetzen musste, ohne dabei aufzufallen.

      Die Bar war gut besucht, fast alle Stühle waren besetzt. Maria und der Chinese fielen ihm sofort auf. Beide passten nicht in das Bild einer gemütlichen Strandbar.

      Maria war angezogen, als würde sie heute noch auf einem noblen Ball gehen. Ein dunkelrotes Abendkleid, eng geschnitten und perfekt anliegend, trägerlos und mit einigen kleinen, glitzernden Steinen besetzt, die ihr Dekolleté hervorhoben. Sie war dezent geschminkt, die offenen Haare saßen perfekt und ihr Blick ging vom Strand zur Bar und wieder zurück. Das ganze Ambiente schien sie nicht besonders zu überzeugen.

      Der Chinese, der ihr gegenübersaß, war im Gegensatz zu Maria eher sportlich gekleidet, Jeans und T-Shirt. Sein Blick ging ruhelos durch die Bar und über den Strand, scheinbar nahm er seinen Job als Bodyguard sehr ernst.

      Vor ihnen standen zwei Shakes am Tisch, da sie keine Dekorationen hatten, wohl Milchshakes. Maria hatte ihr Handy in der Hand und tippte herum. Aus der Entfernung konnte Ryan nicht erkennen, welche Marke es war.

      Ryan stellte sich an die Bar, begrüßte Giannis und bestellte einen alkoholfreien Fruchtcocktail.

      Sie plauderten über die Bar und wie das Wetter schon seit Mitte Mai zum Baden einlud. Auf Giannis' Frage, wie lang er dieses Jahr bleiben würde, hob Ryan die Schultern.

      »Schwer zu sagen, aber drei Wochen werden es schon werden. Es ist für mich ja schon so, dass ich nicht nur auf Urlaub hier sein, sondern einen Besuch bei meiner Zweitfamilie mache.«

      Nebenbei beobachtete er aus den Augenwinkeln wie Maria und ihr Aufpasser ebenfalls miteinander redeten.

      »Wenn ich also etwas von der Insel sehen möchte, stehst Du mir mit der Limousine zur Verfügung, Chin Lee?«, stellte Maria fest.

      Es war sehr praktisch, dass Ryan sich mühevoll das Lippenlesen beigebracht hatte. Chin Lees Gesicht konnte er nicht sehen, aber sein Kopfnicken verriet, dass er ihr zustimmte.

      Ryan ließ sich noch etwas Zeit und bestellte dann bei Giannis ein Glas Champagner.

      Mit dem Glas in der Hand stand er auf und ging zum Tisch von Maria und Chin Lee.

      »Werte Dame, ein passenderes Getränk für eine Frau wie Dich«, sagte er höflich und stellte das Glas vor Maria auf den Tisch. Dabei registrierte er, dass Marias Handy ein Nokia Lumia 925 in einem edlen Silbergehäuse war.

      Verwundert blickte sie zu ihm auf. Chin Lee spannte sofort seine Muskeln an und fixierte Ryan.

      »Ganz ruhig, großer Mann. Es macht nicht den Anschein, als bräuchte diese Dame einen Bodyguard. Ich bin mir sicher, dass sie sehr gut alleine auf sich aufpassen kann.«

      »Danke für das ... Was habe ich hier bekommen?«, fragte Maria, immer noch verwundert nach.

      »Champagner Premier Cru, brut, sicherlich ist Dir der bekannt.«

      Ihre Körpersprache verriet ihm, dass sie neugierig geworden war.

      »Und was lässt Dich annehmen, dass ...«

      »Dass hier eine Frau sitzt, die weit über den üblichen Touristen steht, die ansonsten hier herumlaufen? Eine Frau, die nicht mit einem billigen Plagiat angeben will, sondern ein echtes, maßgeschneidertes Escada-Kleid trägt. Eine Gucci-Tasche, aus der letztjährigen Kollektion und eine echte Rolex am Handgelenk, im Wert eines Kleinwagens? Wobei ich sagen muss, Gold steht Dir nicht so gut.«

      »Die Uhr ist ein Geschenk meines Vaters«, unterbrach ihn Maria.

      »Dennoch würde ich meinen, zu einer hübschen, anspruchsvollen und besonderen Frau wie Dir passt ein Prunkstück aus Silber besser. Dezenter und eleganter, vielleicht mit Kristallbesetzung, so wie die kleinen Swarovski-Steine auf Deinem Kleid.«

      Maria starrte ihn mit offenem Mund an. Sie war sichtlich beeindruckt, wie Ryan sie ansprach und einschätzte.

      »Deine Uhr sieht auch recht ansehnlich aus.« Maria deutete auf Ryans Uhr.

      »Eine Breitling Navitimer. Nichts Besonderes. Wenn Du noch weiter reden willst, wäre es angebracht, mir einen Platz an Eurem Tisch anzubieten«, meinte Ryan leicht gelangweilt.

      Maria rutschte auf der Bank zur Seite und deutete neben sich.

      Chin Lee ließ ihn nicht aus den Augen und musterte ihn weiter argwöhnisch.

      »Ich heiße Ryan, und mit wem habe ich die Ehre?«

      »Maria. Mein Aufpasser hier ist Chin Lee. Du scheinst auch kein Kind armer Eltern zu sein.«

      Ryan lachte amüsiert auf.

      »Wenn Du es so nennen willst.«

      Chin Lee lehnte sich vor und fixierte ihn mit seinen dunklen Augen.

      »Du könntest uns ja Deinen ganzen Namen verraten ...«

      »Damit Du Dein tolles Handy zücken kannst und nachforschen kannst?«

      »Genau.«

      Ryan lachte dem misstrauischen Chinesen ins Gesicht und studierte seine Körpersprache. Diesen Mann zu überzeugen würde nicht leicht werden, dessen war er sich sicher.

      »Ich hoffe, Du hast einen guten Viren- und Spamschutz auf dem Handy.«

      »Nicht, dass es Dich etwas angehen würde, aber ja«, antwortete Chin Lee etwas gereizt.

      »Welches Programm?«, fragte Ryan weiter nach.

      »BIS Firewall für Handy, eine ...«

      Ryan lehnte sich zurück, blickte Chin Lee arrogant an und winkte Giannis an der Bar zu.

      »Noch eine Runde. Chin Lee, Du darfst auch etwas bestellen. Immerhin sorgst Du gerade dafür, dass mein Familienvermögen weiter wächst.«

      Maris und Chin Lee sahen ihn verständnislos an.

      »Such nach Bradly, Martin Bradly. Geschäftsführer von Bradly Internet Security, kurz BIS. Meine Familie hat dieses Unternehmen gegründet und es zum weltweiten Markführer in Sachen Internetsicherheit gemacht.«

      Sofort tippte Chin Lee auf seinem Smartphone herum.

      Ryan wandte sich wieder Maria zu.

      »Was verschlägt eine Frau wie Dich auf die Insel? Es muss doch unzählige bessere Orte geben, die besser zu Dir passen und angemessener wären.«

      »Mein Vater hat hier eine Villa und ich bin hier, um zusammen mit ihm unser neues Imperium aufzubauen. Und das wird sicher nicht in Griechenland sein.«

      Maria trank ihr Glas aus und blickte Ryan interessiert an. Dabei strich sie ihre Haare nach hinten und neigte den Kopf leicht zur Seite.

      Ich habe wohl Dein Interesse geweckt, dachte Ryan.

      »Aber dieselbe Frage kann ich Dir stellen. Wenn Du in meiner Liga mitspielst ...«

      Ryans herablassendes Lächeln ließ Maria verstummen.

      »Schönheit, glaub mir, meine Liga ist ... Ich würde behaupten, sehr weit über Dir. Wenn Dein Bodyguard fertig gelesen hat, wird er es Dir bestätigen.«

      Chin Lee blickte auf.

      »Martin Bradly hat einen Sohn, aber es gibt keine Bilder von ihm.«

      »Das ist korrekt, Chin Lee. Mein Vater ist einer der wenigen Menschen, der die Bedeutung und auch Gefahr des Internets erkannt hat. Nicht umsonst sind die BIS- Programme die besten auf dem Markt. Er hat einmal gesagt, es ist nahezu unmöglich, in der heutigen Zeit unbekannt im Netz