Joachim Koller

Bittersüßer Rakomelo


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zusammengebunden. Eine dunkle Sonnenbrille verbarg ihre Augen.

      »Hallo, so sieht man sich wieder.« Ryan setzt sich auf. Die junge Frau, er schätzte sie auf maximal fünfundzwanzig, trug weiße, hautenge Hotpants und ein gelbes Bikinioberteil. Ryan blickte geradeaus auf ihren flachen Bauch.

      »Das klingt fast etwas negativ, wenn Du es so sagst. Wie heißt Du eigentlich?«, wollte er wissen.

      »Christina Saravakos. Ich habe es nicht negativ gemeint. Es ist nur beruhigend, zu sehen, dass solche Leute wie Du auch ganz alltägliche Dinge tun und nicht nur mit ihrem Geld angeben.«

      Obwohl sie lächelte und es wie ein Spaß klingen ließ, war deutlich herauszuhören, dass sie nicht die beste Meinung von ihm hatte. Das konnte er aber im Moment nicht ändern.

      »Nur soviel, ich bin sicherlich jemand, der mit beiden Beinen auf dem Boden der Realität steht und nicht abgehoben ist.«

      »Das hat Giannis auch gemeint und der kennt Dich ja schon etwas länger. Aber wenn Du noch länger hier bist, kann ich mir ja ein Bild von Dir machen. Schönen Tag noch und viel Spaß.«

      Christina drehte sich um und ging zu ihren Freundinnen, die schon im Wasser standen und herumalberten.

      Ryan sah ihr nach, wie sie bei ihrer Liege stehen blieb und die kurze Hose abstreifte. Er erfreute sich an dem Ausblick auf die junge, äußerst attraktive Frau, wie sie sich vorbeugte, um ihre Tasche zu schließen. Zurückgelehnt in seiner Liege musste er daran denken, wie er unter anderen Umständen nun aufstehen und ihr folgen würde, aber daran war nicht zu denken. Seine volle Aufmerksamkeit gehörte vorerst nur Maria.

      Bis Tákis am Strand auftauchte hatte sich Ryan mehrmals im Meer abgekühlt, ein Mittagsschläfchen unter dem Sonnenschirm gehalten und war an den Felsen entlang geschwommen, bis er fast den nächsten Strandabschnitt erreicht hatte. Tákis fand Ryan schlafend auf der Liege. Er hatte von der Bar zwei eiskalte Flaschen Mythos mitgenommen und stellte eine davon auf Ryans Brust.

      »Du holst Dir noch einen Sonnenbrand, Bruder.« Ryan schreckte auf, nahm das Bier dankend an und trank es mit einem Zug bis zur Hälfte aus.

      »Ich habe von Despina diese Ping–Pong Schläger samt Bällen mitbekommen. Wie in den alten Zeiten, ein Spielchen unter Freunden?«

      Ryan setzte sich auf und strahlte. Er trank sein Bier aus und nahm Tákis einen Schläger aus der Hand.

      »Wie in alten Zeiten!«, meinte er erfreut und ging in Richtung Meer.

      Ryan und Tákis fielen zwischen den anderen Touristen nicht auf. Leute in allen Altersklassen versammelten sich am Sandstrand und im Wasser. Junge Pärchen, frisch verliebt oder mit Kind, Großfamilien mit einer ganzen Schar an Kindern und Pensionisten, die den ganzen Sommer über auf Kreta blieben, alles war hier zu finden. Ryan und Tákis standen bis zu den Knien im Wasser und schlugen den Ball fest hin und her. Dass sie dabei mehrmals nach dem Ball hechteten und mit dem ganzen Körper im Wasser landeten gehörte genauso dazu, wie ihre gegenseitigen Sticheleien.

      »Was ist mir Dir, Tákis? Dir wird doch nicht die Luft ausgehen«, kommentierte Ryan einen Bauchklatscher seines Freundes. Diese antwortete ihm mit einem Schuss, direkt auf Ryan gezielt, der knapp vor ihm im Wasser landete und für ihn unmöglich zu schlagen war.

      »Nicht reden, treffen!«

      Als sie ziemlich erschöpft aus dem Wasser stiegen, bemerkte Tákis, dass es höchste Zeit war, um zu Despina zu gehen.

      »Wir werden heute im ‚Porto Paradiso‘ essen. Wenn Du willst, komm mit.«

      Ryan überlegte kurz.

      »Da kann ich im Moment noch nicht zusagen. Maria soll nicht wissen, wen ich kenne, immerhin brauche ich Euch beide noch einige Male, vielleicht sogar direkt vor ihren Augen.«

      Mit dem Versprechen, sich bei Tákis zu melden, verabschiedete sich Ryan und ging den kurzen Weg zu seinem Zimmer. Seine erste Aktion im Zimmer war der Blick mit dem Teleobjektiv auf die Villa Granat. Alles sah verlassen aus, kein Wagen stand vor dem Haus. Anscheinend war Maria mit ihrem Vater noch unterwegs. Während Ryan duschte und seine Kleidung für den vermeintlichen Ausflug mit Maria bereitlegte, ging er sein Vorhaben mehrmals im Kopf durch. Er musste abwägen, wie groß das Risiko war, heute als Reinhard Kurzmann in die Bar zu gehen. Ein Klopfen an der Tür unterbrach seine Gedanken.

      Er wollte schon zur Türklinke greifen und öffnen, als er stutzte. Schnell sah er sich im Zimmer um, packte seine Kamera und verstaute sie im Kasten. Das Badetuch um den Bauch gewickelt begab er sich zur Tür. Zwar trug er seine Shorts, aber er wollte dafür sorgen, nicht unvorbereitet jemand in sein Zimmer zu lassen.

      Als Maria vor der Tür stand, war er froh, rechtzeitig ein paar Vorsichtsmaßnahmen getroffen zu haben. In einem blassgelben Blazer, lange weiße Stoffhose und mit dunkelrot leuchtenden Lippen begutachtete sie ihn von Kopf bis Fuß. Dabei blieb sie auf Ryans durchtrainierten Oberkörper hängen.

      »Komme ich gerade ungünstig?«

      »Nein, vor ein paar Minuten wäre es vielleicht ungelegen gewesen, da ich noch unter der Dusche stand. Wie war der Tag mit Deinem Vater? Beruflich oder privat?«

      »Wir sind gerade auf dem Rückweg. Es war ein berufliches Treffen mit einigen Geschäftspartnern meines Vaters. Aber das ist uninteressant. Vielmehr wollte ich Dir mitteilen, dass ich gerne Dein Angebot annehmen möchte. Morgen habe ich nichts vor. Wenn Du pünktlich um neun vor meinem Haus bist, dann lasse ich mir von Dir diese Stadt und die Geschäfte zeigen.«

      Ryan beobachtete sie genau und stellte fest, wie sie beim Erwähnen des beruflichen Treffens leicht verkrampfte. Ein Zeichen dafür, dass ihr nicht ganz wohl bei der Sache war. Dafür strahlte sie ihn richtiggehend an, als sie von dem Ausflug sprach, auch wenn sie versuchte es zu unterdrücken.

      »Ich werde Punkt neun Uhr vor Deinem Haus stehen, natürlich korrekt gekleidet. Wie sieht denn Dein Abend heute noch aus?«

      »Heimfahren, umziehen und einen gemütlichen Abend mit meinem Vater verbringen. Wir haben viel zu besprechen, sowohl geschäftlich als auch Privates.«

      »Dann lass ihn lieber nicht zu lange warten. Ich freue mich auf morgen und wünsche Dir noch einen schönen Abend.«

      Wieder dieses Strahlen in ihren Augen. Wenn auch nur für einen kurzen Moment war es ein deutliches Zeichen, dass sie Ryan wenigstens etwas anziehend fand. Als er wieder allein im Zimmer war, hatte er ein breites, selbstsicheres Grinsen im Gesicht.

      Es war nicht leicht gewesen, herauszufinden, welcher Typ Mann Maria interessierte. Zwei Freunde von Ryan waren mit Maria an der Universität, konnten ihm aber nicht sehr viel berichten. Sie hatte meistens ein paar Freundinnen um sich, Männern waren selten in ihrer Nähe. Erst als er sie mehrere Wochenenden hindurch beschattete, wurde er Zeuge eines Treffens mit einem Freund. Auch wenn es ein Treffen war, bei dem Maria mit ihm Schluss gemacht hatte, bekam Ryan einen Eindruck von ihrem Geschmack. Er war mindestens fünf Jahre älter als sie, athletisch aber nicht zu muskelbepackt und trug Bart. Dass sie diesen während der Aussprache mehrmals streichelte, war für Ryan auschlaggebend, um seinen Bart nicht abzurasieren. Er hatte von Marias Exfreund noch mehr erfahren, beziehungsweise sein Freund von der Uni hatte es herausgefunden. Unter anderem, dass sie in dem halben Jahr, indem sie zusammen waren, nur sehr wenig Spaß im Bett hatten. Obwohl Maria anfangs sehr schnell bereit dazu war, mit ihm zu schlafen, ließ sie ihn bald schon nicht mehr ran. Ihre Begründung war, dass ihr der Sex mit ihm nichts brachte. Das wurde Ryan dann später noch durch den Chat mit Maria bestätigt. Ihr Verlangen nach ungeteilter Aufmerksamkeit und teuren Geschenken war nichts Neues für Ryan, dafür aber ihr Musikgeschmack. Klassik und instrumentale Musik war ihr zuwider, ebenso Partymusik. Maria mied Diskotheken und erwartete dasselbe auch von ihrem Freund. Dafür hatte sie unzählige CDs von italienischen Schmusesängern, Mariah Carey und Celine Dion daheim. Maria bevorzugte Champagner und Prosecco, besonders mit Erdbeergeschmack. Vom Exfreund kam auch der Hinweis, dass Maria sich auffallend oft mit ihren Professoren traf und dabei immer ungestört sein wollte. Da Maria sehr abgeneigt gegen Raucher war, hatte Ryan einen guten Grund, mit dem Laster aufzuhören. Es fiel ihm nicht schwer, bei seiner Motivation bezüglich