Byung-uk Lee

Stimme aus der Tiefe


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      Byung-uk Lee

      Stimme aus der Tiefe

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Prolog

       1

       2

       3

       4

       5

       6

       7

       8

       9

       10

       11

       12

       13

       14

       15

       16

       17

       18

       19

       20

       21

       22

       23

       24

       25

       26

       Impressum neobooks

      Prolog

      „Schau mal, Baba!“ Der kleine Bassam zeigte auf den Ziegenbock, der im Staub schlief und an einem Holzpfosten angeseilt war. Yassir lächelte und gab seinem Sohn die Erlaubnis, das Tier zu streicheln. Aufgeregt rannte der Junge auf den Bock zu.

      „Der gehört dem Obsthändler, Faris. Ein prächtiges Tier. Irgendwann kauf ich dir auch eines.“

      „Wirklich, Baba!?“ Ungläubig blinzelte der kleine Bassam seinem Vater entgegen, während er vorsichtig über das weiße Fell strich. Das Tier war mittlerweile aufgewacht und schüttelte sich.

      „Denkst du etwa ich lüge?“ Yassir wollte seinen Sohn mit der Frage liebevoll auf die Probe stellen, aber wie zu erwarten war die Antwort des Jungen von Aufgewecktheit und Humor geprägt.

      „Eher würde ich mich von einem Esel treten lassen.“

      Sein Vater lachte herzhaft.

      „Jetzt lass das Tier in Ruhe schlafen. Wir müssen noch für Mutter das Lammfleisch besorgen.“

      Der Basar von Teheran war an diesem Morgen gut besucht. Eltern mit ihren Kindern, wie Yassir, spazierten über die braungelben Pflastersteine, die im Sonnenschein matt glänzten. Der Großteil der Geräuschkulisse bestand aus dem Stimmgewirr der Verkäufer, die schreiend ihre Produkte anpriesen. Der Duft von frischen Feigen, gegrilltem Lammfleisch und gebackenem Fladenbrot lag in der Luft.

      „Ich habe Hunger, Baba“, sagte Bassam, während er Yassir am Saum seines weißen Gewands zupfte.

      „Hab Geduld, mein Sohn.“

      Die Sonne brannte auf die Menschen nieder. Einzelne Schweißtropfen liefen Yassir übers Gesicht. Unter seiner runden, grauen Mütze hatte sich eine unerträgliche Wärme gebildet. In Burkas vermummte und Tschadors gehüllte Frauen, die konsequent seinem Blick auswichen, kamen ihm entgegen. Yassir fragte sich, wie es diese armen Frauen nur schafften, bei der Hitze so verschleiert rumzulaufen.

      An den eisernen Haken, die direkt durch die Kehlen gespießt worden waren, hingen die gehäuteten Lämmer. Bassam mochte diesen Anblick überhaupt nicht und vergrub das Gesicht im Gewand seines Vaters. Hinter den toten Lämmern stand Luqman, der Fleischhändler. Yassir gab ihm die Hand und einen Kuss auf die Wange.

      „Schön dich zu sehen. Salaam Aleikum, Allah sei mit dir“, meinte Yassir gut gelaunt.

      „Aleikum Salaam. Danke, alter Freund.“ Die beiden kannten sich schon seit ihrer Kindheit. Während Luqman das Fleisch in Stücke schnitt, erblickte er den vierjährigen Bassam.

      „Mann, ist dein Junge ein gut aussehender Bursche“, meinte Luqman, während sein Beil kraftvoll auf das Brett fiel und dabei ein paar Rippen zerteilte.

      „Was hast du erwartet“, sagte Yassir und fuhr mit seiner wettergegerbten Hand durch Bassams schwarzes Lockenmeer. „Ich bin schließlich der Vater.“

      „Du kleines Schlitzohr. Da kann ich dir ausnahmsweise nicht widersprechen.“ Luqman fuchtelte mit seinem Beil in der Luft herum.

      „Baba, kann ich wieder die Ziege streicheln gehen?“ Bassam blickte seinen Vater mit seinen großen, braunen Augen erwartungsvoll an.

      „Sieh ihn dir an. Er wird später um einiges schlauer und hübscher sein, als sein alter Herr.“

      „Jetzt übertreib mal nicht. So hässlich bist du auch wieder nicht“, scherzte Luqman, woraufhin Luqman über seine eigenen Worte laut loslachte.

      „Baba, was ist denn jetzt? Kann ich gehen, bitte!“

      „Geh schon, mein Sohn, aber bleib bei der Ziege und geh nirgendwo anders hin.“ Yassir klopfte Bassam auf die Schulter, bevor der Junge in der Menschenmenge verschwand.

      „Kannst stolz auf ihn sein“, meinte Luqman.

      „Ja, das bin ich auch.“ Yassir blickte seinen Freund ernst an. „Ich wünschte nur, Allah hätte dir und deiner Frau auch dieses Geschenk gemacht.“

      „Jetzt hör schon auf, sonst fang ich, vor Rührung, an zu weinen.“ Luqman tat so, als ob ihm die Bemerkung seines Freundes nichts ausmachen würde. „Mir und meiner Frau war