Ulrich Paul Wenzel

Es Geht Auch Anders


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      Ulrich Paul Wenzel

      Es Geht Auch Anders

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       1

       2

       3

       4

       5

       6

       7

       8

       9

       10

       11

       12

       13

       14

       15

       16

       17

       18

       19

       20

       21

       Impressum neobooks

      1

      »Die Ehe ist eine wunderbare Erfindung – aber das ist ein Fahrradflickzeugkasten auch«

      (Billy Conolly)

      Ich ging fest davon aus, dass die Party eine ebenso uninspirierte Veranstaltung werden würde wie die letzte. Am liebsten wäre ich nicht erschienen oder hätte mich nach ein paar Häppchen vom Buffet schnell wieder verdrückt. Nicht zu erscheinen war definitiv nicht möglich und mich zu verdrücken hätte unabsehbare Konsequenzen nach sich gezogen. Ich gehörte zu den Gastgebern, auch wenn ich objektiv betrachtet nur so etwas wie die rechte Hand der Gastgeberin war.

      Dass der Verlauf dieses Abends und vor allem das Ende überhaupt die nächsten Wochen meines Lebens ordentlich durcheinanderwirbeln sollten, konnte ich nicht voraussehen, als ich mit einem leeren Teller vor dem Buffet stand und nach den mit Parmaschinken umwickelten Mohrrübchen schielte.

      »Deinen Antipasti sind wieder einmal hinreißend, Schätzchen«, zwitscherte Susan und schob sich eine grüne Olive mit Mandelkern in den Mund. »Einfach raffiniert.«

      Schätzchen war Carla, die bereits erwähnte Gastgeberin und gleichzeitig die Frau, der ich seit zwanzig Jahren mehr oder weniger eng verbunden war. Raffiniert fand ich gar nichts. Weder die schwarze Olive vom Türken, auf der Susan jetzt herumnuckelte wie auf einem englischen Brombeerdrops, noch die Auberginen, Paprikas, Zucchini, Meeresfrüchte in Öl oder die mit Mozzarella überbackenen Hähnchenfilets.

      »Das ist wie beim letzten Mal fast alles vom Italiener«, erwähnte ich beiläufig, weil ich glaubte, Susan irgendetwas erklären zu müssen. Das war falsch. Einen Augenblick zu spät registrierte ich Carlas entgleisende Gesichtszüge, die mir signalisierten, dass ich besser nichts gesagt hätte. Wahrscheinlich hatte sie wieder einmal erzählt, dass sie alles an einem einzigen Nachmittag selbst zubereitet hatte und es dabei nicht so genau genommen. Dabei brauchte sie nicht viel erzählen. Carla ging der mir unerklärliche Ruf voraus, in einer italienischen Küche zur Welt gekommen zu sein. Ich hielt das für etwas überhöht, aber mich hatte niemand gefragt.

      Mit zwei Mohrrüben und einem Hähnchenfilet auf dem Teller zog ich ins Wohnzimmer und setzte mich an unseren Esstisch. Unsere Gästeliste hatte schon etwas von Tradition und war wie immer bis auf ein paar wenige Ausnahmen von Carla persönlich zusammengestellt worden. Rita und Susan, natürlich, Eva und Markus, Monika und Henry, Sven und Agneta, Frank und ...

      »Sag mal, Frank hat ja schon wieder eine Neue«, raunte ich Andy zu, der neben mir saß und an einer Hühnerkeule herumkaute. »Wo lernt der immer solche Frauen kennen?«

      »Keine Ahnung, ist mir auch ein Rätsel. Aber absoluter Premium-Bereich, wenn du mich fragst.«

      »Ja, da muss ich dir zustimmen.«

      »Unterhaltet ihr euch gerade über Frauen, Liebling?«, säuselte Sylvie plötzlich von der gegenüberliegenden Seite des Tisches herüber. Andy lächelte müde an ihr vorbei. Sylvie war aus meiner Sicht der größte und folgenschwerste Fehleinkauf, den sich Andy während unserer 27 Jahre andauernden Freundschaft geleistet hatte. Was ihn damals dazu gebracht hatte, diese überspannte Schnepfe mit der Ausstrahlung eines Tannenzapfens zu heiraten und obendrein drei Kinder mit ihr zu zeugen, blieb bis zum heutigen Tage eines seiner letzten Geheimnisse. Andy redete zwar nicht darüber, aber ich war felsenfest davon überzeugt, Sylvie war der Hauptgrund, warum er die beiden Kneipen in Charlottenburg und Schöneberg gepachtet hatte und dort in letzter Zeit zunehmend auch übernachtete. Sylvie war in einem Strickrock mit riesigen, aufgesetzten Sonnenblumen erschienen. Ich hätte fast einen Lachanfall bekommen, als sie mit diesem Fummel im Flur stand. Vor zwanzig Jahren hätte sie damit einen Preis für das gelungenste Faschingskostüm übereicht bekommen hätte. Vielleicht wollte sie aber auch nur ein Zeichen setzen, allein die Botschaft drang nicht zu mir durch. Carla konnte beide nicht ausstehen. Sylvie war ihr zu einfältig und Andy zu rustikal. Dass sie trotzdem fast zum Inventar unserer Partys gehörten, war ein Zugeständnis an mich, schließlich war Andy mein ältester Freund.

      Aus meinen antiken Teufel-Lautsprecherboxen ertönte Eliades Ochoa. Guaracha, Son oder Bolero. Carla versuchte schon einige Mal, mir die unterschiedlichen Grundmuster karibischer Rhythmen zu erklären, ich blickte nie durch. Sie vergötterte Eliades Ochoa und andere kubanische Troubadoure wie Celia Cruz oder Ibrahim Ferrer ebenso, wie ich die brasilianische Weltmeistermannschaft von 1958 mit Pelè, Didi oder Vava. Meine Boxen taten mir leid, aus meiner Sicht konnte man mit dieser Musik Geständnisse erzwingen. Wenn wenigsten das Buffet karibischen Touch hätte. Aber den Stilbruch, kubanische Folklore und italienische Antipasti, nahm Carla großzügig hin. Wahrscheinlich war ihr ebenso klar wie mir, dass die meisten Gäste ohnehin nur zum Spachteln erschienen waren.

      Mein Blick wanderte wieder zur Neuen von Frank hinüber. Beide standen mit einem Glas Prosecco etwas abseits im Raum und unterhielten sich. Die Neue strahlte Souveränität aus. Blonde lange Haare zu einem