K. Krista

DNA


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ersetzte es durch ein Basenpaar einer Katze. Deine Genesung schritt in erstaunlichem Tempo voran und Nebenwirkungen waren nicht zu erwarten<<, fügt er resigniert hinzu.

      >>Die Mutation trat erst zwei Jahre später auf, wie du ja selbst am besten weißt, auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass es weitere, nicht beeinflussbare Mutationen geben wird<<, schließt mein „Onkel“ leise.

      Obwohl ich das eben gehörte erst verarbeiten muss, brennt mir doch eine Frage auf der Zunge. >>Wieso habe ich überlebt und so viele andere, die du behandelt hast, sind gestorben?<<

      >>Ich habe lange darüber nachgedacht und immer wieder verschiedene Versuchs-reihen durchgeführt, aber erst diese Woche bin ich auf des Rätsels Lösung gestoßen<<, erwidert er lächelnd, >>es war so einfach, dass ich nicht darauf gekommen bin.

      Der überwiegende Teil, der von mir behandelten Personen waren Kinder, es ist zu, so genannten Konditional letalen Mutationen gekommen. Das sind Veränderungen des Genprodukts eines Organismus, die nur bei bestimmten Wachstumsbedingungen töten. Die Kinder waren noch in der Wachstumsphase, das ist die eine Erklärung und bei den beiden älteren Personen, konnte ich durch Nachforschung in Erfahrung bringen, dass diese mit Umweltgiften, oder radioaktiver Strahlung in Berührung gekommen sind. Dadurch kann sich die Mutation in Krebszellen verwandeln, in Ausnahmefällen sogar den Altersprozess eines Organismus beeinträchtigen. Ich mache mir deshalb in Bezug auf dich nur Sorgen vor einem erneuten Mutationsschub. Das Einsetzen der Mutation liegt bei dir bereits sieben Jahr zurück, wir Chinesen gehen davon aus, dass der Körper des Menschen sich alle sieben Jahre verändert, ich rechne deshalb in der nächsten Zeit mit einem erneuten Schub. Mein Unvermögen, dir hierzu nähere Angaben machen zu können, lässt mich zurzeit keine Ruhe finden.<<

      >>Ich gebe dir recht, „Onkel“, deine Worte wirken nicht sehr beruhigend auf mich, aber ich habe auch keine Angst davor, was noch auf mich zukommen wird, du hast mir geholfen, meinen Fähigkeiten zu kontrollieren und ich vertraue auch in Zukunft auf dich.<<

      Während ich diese Worte ausspreche, wird mir bewusst, wie ernst ich es damit meine, „Onkel“ Juan würde ich tatsächlich mein Leben anvertrauen.

      ***

      Obwohl Meister Li mich in den nächsten Wochen und Monaten immer mehr fordert, geht mir das Gespräch mit dem Professor nicht mehr aus dem Kopf.

      Es erinnert mich wieder daran, wie es war, als ich meine Mutation das erste Mal bewusst wahrnahm. Zuerst nahm meine Kraft zu, was ich anfangs kaum bemerkte.

      Nach der Operation und der anschließenden Genesungszeit stellten sich die Zunahme der Kraft und Schnelligkeit so schleichend ein, dass ich zunächst keine Notiz davon nahm. Erst als sich meine Sehkraft, was mir vor allem nachts auffiel und sich auch mein Hörsinn steigerte, sprach ich meinen Vater darauf an. Wir führten lange Gespräche und reisten oft zum Professor nach Russland, wo verschiedene Test mit mir durchgeführt wurden. Es war nicht mehr von der Hand zu weisen, ich konnte siebenmal besser sehen und hören als jeder andere Mensch und meine Reflexe, meine Kraft und Schnelligkeit waren für mein Alter außergewöhnlich.

      Vor allem mein gesteigerter Hörsinn verursachte mir große Probleme, ich war anfangs nicht mehr in der Lage, einem geregelten Leben nachzugehen. Der Gang auf die Straße bereitete mir körperliche Schmerzen, der Straßenverkehr, die Gespräche der Menschen um mich herum, alles prasselte ungeschützt auf mich ein.

      Mein Vater brachte mich für mehrere Wochen in Russland in unserem Landhaus unter, wo „Onkel“ Juan mir dabei half, durch Meditation und Konzentration meine Fähigkeit in den Griff zu bekommen und so weit zu beherrschen, dass ich mich Abschirmen konnte, sodass es mir wieder möglich war, in der Stadt zu wohnen und meinem Studium nach zu gehen. Es dauerte auch bei meinen anderen Fähigkeiten einige Monate, bis ich mich daran gewöhnt hatte und nicht Gefahr lief, dass ich sie unbeabsichtigt in der Öffentlichkeit einsetze. Darin waren sich meine Eltern und ich sofort einig, niemand sollte etwas davon mitbekommen.

      In diesen Wochen und Monaten, in denen ich mich mehr und mehr von meinen Freunden und Studienkollegen zurückzog, ja zurückziehen musste, veränderten sich meine gesellschaftlichen Aktivitäten sehr. Ich konzentrierte mich mehr und mehr auf mein Studium, zu Anlässen, wie Geburtstagspartys oder Discobesuchen, zu denen ich zunächst noch eingeladen wurde, lies ich mir immer neue Ausreden einfallen. Meine Freunde und Studienkollegen zogen sich immer mehr zurück, sodass ich bald kaum noch gesellschaftliche Kontakte hatte.

      Dafür traten andere Menschen in mein Leben, wie zum Beispiel der Professor, der mir durch seine fernöstliche Lebensweise, die Meditation und vor allem durch seine Freundschaft viel mehr geben hat, als die sorglosen, um nicht zu sagen, gedanken-losen Menschen, die ich vor meinem Unfall meine Freunde nannte und zu denen ich wohl auch gehörte, vielleicht noch heute gehören würde, hätte das Schicksal nicht eingegriffen. So wurde aus mir zwar ein ernster, aber kein unglücklicher Mensch.

      Ganz im Gegenteil, ich hielt mich bis zum Tod meiner Eltern für einen von der Göttin Fortuna geküssten Menschen, liebte mein Studium, das Zusammenleben und Reisen mit meinen Eltern und das Gefühl, mir stünde die ganze Welt offen. Dies hat sich mit dem Tode meiner Eltern geändert und wäre nicht Meister Li in mein Leben getreten, so hätte aus mir ein sehr verbitterter, ja vielleicht sogar böser Mensch werden können.

      Lange Zeit habe ich mit dem Schicksal gehadert, gejammert, geklagt, ja sogar gehasst, doch Meister Li hat mich gelehrt, das Leben mit neuen Augen zu sehen.

      Er brachte mir bei, in jedem Lebewesen, ob Mensch, Tier oder Pflanze das Leben zu entdecken und sich daran und darüber zu freuen. In schier endlosen Gesprächen hat Meister Li mich gelehrt, das Leben in jeder Form zu achten und zu ehren. Er hat mir den Buddhismus nahe gebracht und durch ihn habe ich meine innere Ruhe wieder gefunden, die Freude und mein Lachen.

      Für mich steht nun nicht länger im Vordergrund, die Mörder meiner Eltern zu suchen und zu finden, dies wird von ganz allein geschehen, davon bin ich heute überzeugt. Ich habe beschlossen, die Arbeit meines Vaters weiterzuführen, Beweise gegen die illegalen Genlabore zu beschaffen und mögliche Opfer vor deren Zugriff zu schützen, oder zu befreien, alles andere wird sich ergeben.

      Ein rächendes Herz ist nicht frei, wie Meister Li sagen würde.

      ZWÖLF

      >>Oh Meister Li, ich wollte dich nicht stören<<, Professor Jintao wäre beinahe über Li Song gefallen, der in der schwindenden Abendsonne an einen Baum gelehnt, meditiert.

      >>Du störst mich nicht Juan, komm setz dich zu mir.<<

      >>Darf ich fragen, wie du mit dem Training von Nicole voran kommst?<<

      >>Gut Juan, sehr gut sogar.

      Sie wird die Zeit als meine Schülerin bald beenden können, Nicole ist eine sehr gelehrige Schülerin, wofür andere bis zu fünf Jahre benötigen, hat sie in den letzten beiden Jahren geschafft, ich bin sehr stolz auf sie. Sie ist allerdings auch eine sehr ungewöhnliche Person<<, fügt Li Song lächelnd hinzu und spielt damit auf Nicols Mutation an. >>Ich werde ihr nicht mehr viel beibringen können, allerdings überraschte sie mich vor ein paar Tagen mit einer äußerst außergewöhnlichen Fähigkeit, selbst für ihre Verhältnisse<<, fügt er nachdenklich hinzu.

      Als Professor Jintao ihn nur fragend ansieht, fährt Li Song fort.

      >>Ich wollte