Jaqueline Merlin

Elisa


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      oder der braun glasierten Teekanne mit Stövchen eine bessere Handelsspanne liegt als bei selten

      teuren Utensilien für die Vitrine. Unsere Vorgänger wussten das schon in der gelungenen Auswahl.

      Indem sie Nutzen und Zweckmäßigkeit vor dies Ausstellungsstück in Rarität gestellt hatten, hätten

      sie das beachtliche Lager geschaffen, das einem Geschäft die Möglichkeit zu Besonderem verlieh.

      Mein Vater klärte mich in den kleinen, wichtigen Details genauso auf, sowie er mir die Grundlagen

      des soliden, seriösen Kaufmanns beibrachte. Die Raffinesse des Verkaufens und die Buchhaltung.

      Meine eigene erste Sammlung war nicht kostspielig. Sie enthielt die schönen Dinge aus Keramik,

      die sich ein Auszubildender leisten kann. Dies Gedeck mit Blumen für das Frühstück, eine Schale,

      aus der man Obst anbieten und Porridge essen konnte, oder den großen Landschafts-Wandteller,

      der unsere „grüne Insel“ darstellte. Ein Schmuckdöschen mit einem Rosen verzierten Deckelchen

      als Geburtstagsgeschenk für meine liebe Mutter. Sie bewahrte darin den wertvollen Schmuck auf,

      womit sie außerdem den besonderen Wert meines ersten, selbst verdienten Geschenkes achtete.

      Traditionelle, englische Keramik hatte es in sich, wenn man im Verkauf kompetent beraten wollte.

      Ich lernte Original und Fälschung unterscheiden wie die Kopie von dem Kunstwerk richtig deuten.

      War dies Original glaubhaft, musste ich es katalogisieren zur neuen Bestellung für Interessenten.

      Ich arbeitete hart. Bald hatten mein Vater und ich zwei Roover, da er gerne den Abend vor dem

      Sonnenuntergang im Garten zwischen seinen Vögeln genießen wollte oder bei einem Earl Grey

      einen seiner mächtigen Wälzer. Er besaß eine eigene Bibliothek, die bis zur Decke hoch reichte.

      Währenddessen studierte ich verschiedene Epochen, in denen Keramik bemalt worden war, um

      den Kunden gerecht zu werden und anspruchsvolles Publikum in der Kunst Wissen darzubieten.

      Das war ähnlich wie in der Musik, dass man zwischen Klassik, Musicals, Folklore, Schlager und

      Symphonien unterscheiden lernen musste, dass „Die kleine Nachtmusik“ von Mozart war, sowie

      'Die Zauberflöte' eine Oper und nichts gemeinsam hatte mit 'Den lustigen Weibern von Windsor'.

      Oder wie ein Motiv zum Symbol wurde für die Formen in der Keramik, weil dies Feuer gefangen

      hatte bei seinem Publikum, wie ein Ohrwurm populär wurde, weil ihn Sänger mit summten beim

      ersten Ton der Melodie, dass diese von den Dächern gepfiffen wurde, egal ob von Spatzen oder

      von Jungen. Das könnte man ein Lieblingsmotiv nennen. Man sah es bald auf jeder Tasse, Vase

      oder Untertasse. Ein Motiv wurde zum Symbol für viele und erschien auf einem Deckel als Rose.

      Dazu gehörten ein Rotkehlchen, ein Fasan mit goldenem Schwanz, der Kuss von Gustav Klimt.

      Ein blaugrünes Pfauen-Auge stellte einen Schutz dar und war beliebt für den ritterlichen Kelch.

      Die Quelle des Charmes war dabei ihre verspielte Unvollkommenheit, die man hier überall sah.

      Letztendlich blieb das oft Handarbeit, die Töpferkunst, geformt, modelliert, bemalt und verziert.

      Mir machte meine Arbeit Spaß. Kein äußerer Druck zwang mich, mehr dafür zu tun als nötigst.

      Erst recht nicht mein Vater, der mit Gelassenheit beobachtete, wie ich in seinem Keramikladen

      aufging und schon nach einem Jahr die Führung übernahm. Bald zeigten sich fremde Sprachen

      nützlich, die ich sonst kaum brauchte. Meine Reisen führten nach Paris, Rom und Kopenhagen.

      MEIN ERSTER BESUCH VON KOPENHAGEN

      Sieben Jahre später, nachdem ich von Birgit Abschied genommen hatte, traf ich in Kopenhagen

      ein. Es wurde mir wieder bewusst, als ich mit eigenen Augen sah, wovon sie mir lebhaft erzählt

      hatte. „Das musst du unbedingt einmal in Wirklichkeit erlebt haben!“, gab mir mein Gedächtnis

      sofort kund. „Von höchster Präzision sind die Kunstwerke, die Statuen, die großen Kathedralen

      und natürlich auch „Die kleine Meerjungfrau,“ das Wahrzeichen von Kopenhagen“, schwärmte

      sie mit leuchtenden Augen. „Erlebt, sage ich, mit einer Seele, die in unser griechischen Theater

      passt, nicht mit dem Blick der eiligen Touristen wie erfasst sondern von Grund auf verstanden.“

      Es waren mal Birgits Worte. Nun stand ich am Kai mit dem weiten Meer in ihrem Kopenhagen.

      Neben „Der kleinen Meerjungfrau“ dachte ich an sie zurück wie an meine ehemalige Prophetin.

      Sie hatte Recht gehabt. Ich verliebte mich beinahe in den ungezwungenen, natürlichen Charme

      einer Stadt mit barocken Denkmälern und Baustilen und mit dem feinsten Porzellan, das ich sah,

      ohne dass von ihrem zarten Flair so etwas wie Prunk ausging gleich dem Schloss von Versailles.

      Paris, Barcelona, Rom, Florenz und Venedig waren sich der Schönheit wie Berühmtheit einfach

      zu bewusst, die ihnen Scharen von Touristen täglich widerspiegelten. Kopenhagen blieb Jungfer.

      dahingegen, trug im Vergleich zu diesen protzigen Städten etwas Unberührtes und Edles an sich.

      Keine andere Stadt schien mir so freundlich und herzerwärmend zum unbeschwerten Flankieren.

      Das war für mich ein Vergnügen, die Gesellschaft der Dänen zu erleben. In einem Porzellanladen

      schloss ich überraschend neue Bekanntschaft mit interessierten Kunden, die ich einladen musste.

      Sie wollten sich in England nach klassischem Porzellan, Vasen, ursprünglicher Keramik umsehen.

      Es erinnerte mich an Mekka-Pilger, die das letzte Geld hergeben, um einmal da gewesen zu sein.

      Ich glaube, es gibt dabei nichts Besonderes zu sehen. Doch nicht auf das, was sie sehen, kommt

      es an, sondern darauf, was sie im Herzen fühlen, das ganz Besondere lag in den eigenen Herzen.

      Meine ungeahnten Errungenschaften waren reisende Händler, die für Antiquitäten-Händler weiter

      fuhren als ich, um ihnen Kostbarkeiten in ihre Geschäfte zu bringen, die nirgendwo zu bekommen

      waren. Dies war weitaus mehr als eine Kopenhagener Porzellan-Manufaktur mit ihrer Ausstellung.

      Meine Gefühle waren zwar weltlicher Art im Vergleich zu jenen gläubigen Mekka-Reisenden,

      doch im Sinn der unbedingten Leidenschaft zu dem, was man tut, waren sie sich recht ähnlich.

      Die Menschen in London wussten zu wenig über klassisches Porzellan und moderne Keramik.

      Das sollte sich ändern. Ob ich damit Geld machte oder nicht, spielte hierbei keine große Rolle.

      Einzig und allein die Lebendigkeit und Notwendigkeit meiner Arbeit war wichtig, alles andere

      blieb zweitrangig. Das Kapital und Geschäft gehörten nicht mir, und ich stand erst am Anfang.

      Mit gutem Gewissen konnte ich es nicht verantworten, dass sich mein Vater jetzt nach dreißig

      Jahren seiner Geschäftsführung