Jaqueline Merlin

Elisa


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      „Ich würde sie gern persönlich sprechen, nur mal kurz. Sie hat sich wirklich große Mühe gegeben.“

      In dem Augenblick kam die Sekretärin von Herrn Larson, um Neues mitzuteilen, dass er sie fragte:

      „Ach Christina, wissen Sie, ob Frau Fröhlich heute morgen hier ist oder in unserem anderen Büro?“

      „Sie ist grade zurück gekommen, Herr Larson. Wollen Sie sie sprechen?“ “Ja, bitten Sie sie herein.“

      Nachdem Herr Larson mich ermuntert hatte, die Briefe vorher anzusehen, öffnete ich diese Mappe.

      sie waren viel besser als erwartet. Die deutschen Briefe waren absolut fehlerfrei. Zu den dänischen

      Briefen kann ich nur sagen, dass sie mein unbeholfenes Dänisch im Abtippen selbst geändert hatte.

      In der Tat hatte sie meine schlechteren Dänisch-Kenntnisse in sehr viel besseres Dänisch übersetzt.

      Bei den englischen Briefen gab es wenige Fehler. Besonders nett schien mir die Verwechslung des

      bridal-path/Brautpfad und bridle-path/Reitweg. Dies hätte auch eine englische Sekretärin geschafft.

      Während ich ihre Briefe gerne unterschrieb und Herrn Larson versicherte, wie dankbar ich ihm sei,

      trat Frau Fröhlich durch die Tür. Ich stand auf und fühlte mich sogleich verlegen, weil Herr Larson

      natürlich sitzen blieb. Schon wollte er sprechen, als sie ihm zuvor kam. Mit einem aparten Lächeln

      ging sie quer durch das Zimmer und reichte mir ihre Hand: „Guten Tag, Ihr Ausflug war gelungen,

      hoffe ich. Sie wollten mit Ihren Freunden wegfahren?“ Ja, danke, ein wunderschönes Erlebnis.“

      Ich atmete zarten Lotus-Duft. Als sie mir ihre Hand gab, berührte ihr Armband kurz meine Finger.

      ELISAS ERSCHEINUNG

      Jetzt sah ich, dass weder ihre Kleidung noch die Schuhe kostspieliger gewesen sein konnten als

      der günstige Rock mit weißer Bluse. Sie sah wie eine Prinzessin darin aus, die Prinzessin, die mit

      Rücksicht auf die Untertanen, deren Gastfreundschaft sie in Anspruch genommen hatte, ja, deren

      Mittel sie nicht übersteigen wollte. Eine Prinzessin, die sich gern zum Volk zählte, wie wir es sind.

      „Danke“, erwiderte ich. „Ja, war sehr schön.“ Ich hätte ihr gern viel mehr über den Ausflug erzählt.

      „Ich wollte Ihnen für die Briefe danken. Sie sind ausgezeichnet verfasst, eine große Hilfe für mich.“

      „Ach die, mit kurzem Fingerschnippen tat sie diese ab und erklärte die Sache für erledigt wie nicht

      erwähnenswert. Prinzessinnen haben ihre Tugenden, sind nicht auf ein Lob bedacht wie Sterbliche.

      Es wäre beinah schlechter Geschmack, es zu erwähnen, als hätten sie was mit Sterblichen zu tun.

      „Sie müssen nun bald wieder zurück nach England?“ “Ja,- zu schade, am Montag, müssen trifft zu,

      ich reise stets ungern aus Kopenhagen ab.“ “Haben Sie dort keine Freunde in England?“ Frechheit

      war das nicht sondern reine Ironie, die einem Test glich. Würde ich ihn nicht gut bestehen, herrsche

      für fünf Tage Regenwetter.“ “Doch, mein Herz lasse ich in Kopenhagen zurück, das wird so schwer,

      dass ich mir teure Extrakosten für das Gepäck kaum leisten kann.“ “Dagegen können wir etwas tun

      und dafür sorgen, dass Sie in Kopenhagen bleiben dürfen. Herr Larson ist ein so netter Arbeitgeber

      und wird gewiss für Ihr Herz den richtigen Job finden.“ Während Herr Larson eine ausschweifende

      Hymne an die Engländer kund tat, wie glücklich er sich schätze, the real gentlemen nahe zu wissen,

      traf mich die nackte Wahrheit, dass ich ein Mann war, der unter Strom stand, seinen Zug jetzt nicht

      zu verpassen. Gleich würde dies Mädchen den Raum verlassen. Wenn du nun nichts unternimmst,

      ist es höchstwahrscheinlich, dass du sie nie wiedersiehst, dieser Gedanke erschien mir unerträglich.

      Es gab rein gar nichts in meinem Leben, was ich mir heftiger wünschte, als sie bald wiederzusehen.

      Wenn ich sie nicht wiedersähe, würde „graue Asche vom Himmel regnen“. Heute in Gram, morgen

      bereits Trauer, in zwei Tagen nicht auszudenken, Weltuntergangsstimmung, was Vernichtung wäre.

      Ich erlebte meine Gefühle als brennendes Inferno, rein animalisch betrachtet, war es tierische Lust.

      Der eine Moment, in dem Instinkt, zwingende Treibjagd, unmittelbare, intensive Lust vorherrschen.

      Doch die Anwesenheit von Herrn Larson wirkte beklemmend auf mich. Trotz seiner Freundlichkeit

      schaffte ich es nicht, irgendetwas zu sagen. Plötzlich brachte ihm die Sekretärin die nette Nachricht,

      dass Herr Admire auf ihn warte und ob sie ihn herein holen solle. Herr Larson kramte einige Akten,

      die auf seinem Schreibtisch lagen, zusammen und verließ den Raum. „Sie entschuldigen mich bitte.

      Ich kann Sie doch für ein paar Minuten allein lassen. Ein vertrauter Kunde darf nicht lange warten.“

      Jetzt oder nie, dachte ich. Jetzt könnte ich es tun. Jetzt muss ich sie fragen, ob sie sich mit mir trifft.

      Wenn ich sie einlade, wohin? Wann? Wie? Ich hatte darin keinerlei Übung, was Rendevous angeht.

      Ich würde gern, Frau Fröhlich - “ Sie war kurz abgelenkt, weil sie Herrn Larson nachblickte, wie er

      zur Tür hinaus eilte. Mit leicht überraschtem Gesichtsausdruck drehte sie sich um und wendete sich

      mir wieder zu. Ich saß nun mit halber Pobacke auf einer Ecke des Schreibtisches von Herrn Larson,

      während meine Worte nur so heraus schossen. „Würden Sie heute Abend mit mir essen gehen, falls

      Sie nichts anderes vorhaben? Es wäre die sehr große Freude für mich, Sie dazu einladen zu dürfen,

      ein Restaurant Ihrer Wahl.“ Ich sollte noch lernen, dass Elisa ihren eigenen Gesetzen folgte mit der

      Antwort, die nicht damenhaft war, dafür bezaubernd. Sie lächelte nachsichtig, zog die Schultern im

      Sinn des unterdrückten Lachens hoch und atmete aus: „Ist des ein feines, vornehmes Restaurant?“

      Es war ein Wink und bedeutete „Ja!“ wie „Du bist ganz schön aufgeregt, mein Verehrer, ich auch!“

      „Ein Restaurant Ihrer Wahl, mir ist es egal. Sagen Sie bitte, wo, welches Ihnen am liebsten wäre?“

      „Ich kenne mich in Restaurants nicht aus.“ Als hätte sie Leute, die dies sonst übernähmen für sie.

      Ich war einer. „Im Kopje,- nah vorm Kai.“ „Mit dem größten Vergnügen. Wie freundlich von Ihnen!“

      „Soll ich Sie anrufen? Um welche Uhrzeit?“ Da kam blitzartig und sicher eine scharfe Entgegnung,

      die mich genauso unvorbereitet traf. In der Sache, wusste sie, was sie wollte, um es durchzusetzen.

      „Ach nein, ich komme lieber alleine. Ich treffe Sie im Restaurant um, – Moment bitte,- um acht Uhr!“

      „Ist dies nicht zu spät?“ „Nein, dies ist okey. Ich freue mich darauf.“ „Ich auch, also dann im Kopje!“

      Ich sage dem Oberkellner Bescheid, dass er Sie zum Tisch begleitet.“ Sie lächelte: „Hervorragend.“

      Prächtig!