Bernd Dombek

Ab dä Fisch


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Letzte was die Bilsch sehen ist ein brauner Tsunami aus Scheiße, der sich durch Wurmlöcher und Kapillare seinen Weg unerbittlich in die Tiefe bahnt.

      Es gibt kein Entrinnen!

      Die großartige Zivilisation der Bilsch mit all ihren Errungenschaften, gottesfürchtig, opferbereit, dankbar und dem Herrn ergeben, wird in einem einzigen Augenblick des Schreckens von einer Welle aus stinkender Jauche weggeschwemmt.

      Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man es glatt für einen Witz halten.

      Was man im Kosmos hingegen für einen grandiosen Witz hält ist der Umstand, dass von eben dieser Gülle verspritzenden Nachfolgegeneration sehr viel später die ehemalige Gemeinschaftslatrine der Bilsch im Wald entdeckt und ausgegraben wird. Die mittlerweile steinhart mineralisierten Zeitungsschnipsel, inklusive der fossilen Köttel obendrauf, werden einer intensiven Prüfung unterzogen und von den Archäologen nach deren Dafürhalten pikanterweise als prähistorisches Bodenmosaik eingestuft.

      ''Da gibst du denen richtig viel Grips mit, damit die auch wirklich strahlende Momente haben können und dann so etwas'', wundert sich der Alte und schüttelt resigniert den Kopf.

      ''Nimm es nicht persönlich, Helge'', sagt Wolke tröstend zu ihrem Bruder, ''die meinen es nicht so, aber irgendwie liegen sie auch richtig. Da ist schon ein Muster zu erkennen.''

      ''Fang du jetzt bitte nicht auch noch an. Für mich persönlich hat Doktor L dort seine Finger im Spiel gehabt, der alte Pfuscher!''

      ''Und was ist mit Galon? Meinst du da auch?!''

      ''Boah Wolke, erinnere mich bloß nicht daran!''

      Lebewesen und Planeten

      Beim Alten verursacht die Erwähnung dieses Planeten augenblicklich eine schwere Reizung der Magenschleimhaut. Er hat auch schon versucht, die Situation in dieser Ecke des Universums auf alle erdenkliche Arten zu klären. Zum Beispiel das Zentralgestirn als Supernova explodieren zu lassen. Damit hätte es sich für Galon und alles was auf ihm lebt erledigt. Leider ist die Sonne aber noch viel zu jung für solch einen Prozess und es wäre sofort aufgefallen.

      ''OK, das geht schon mal nicht'', kommentiert der Alte seine Idee.

      Als nächste Option er den Sturz des gesamten Sonnensystems in ein schwarzes Loch in Betracht. Leider liegt das System aber am Rand der Galaxis und aus bekannten physikalisch astronomischen Gründen findet man schwarze Löcher eher in ihrem Zentrum. Es gibt also nichts Brauchbares in der näheren Umgebung, in das man Galon hätte stürzen lassen können.

      ''OK, das geht auch nicht.''

      Der Einschlag eins großen Asteroiden würde ebenfalls zum gewünschten Ergebnis führen.

      Jetzt verhält es sich aber leider so: Der Planet ist echt flott unterwegs!

      In knapp 360 Tagen flitzt er mit einer wahnwitzigen Geschwindigkeit um seine Sonne. Zusätzlich ist die Umlaufbahn leicht elliptisch und daher weiteren Schwankungen der Zentrifugalkraft unterworfen.

      Will heißen: Mal ist er etwas schneller, ein anderes Mal bremst er wieder ab!

      Dieses Verhalten ist gelinde gesagt überhaupt nicht zuträglich, um vernünftig zielen und obendrein auch noch treffen zu können. Erschwerend kommt die Tatsache hinzu, dass so ein Meteorit im Vergleich zu einem Planeten doch eher klein ist. Auch wenn einige Brocken die stolze Größe von mehreren Kilometern erreichen, sind sie auf kosmischer Ebene dennoch winzig. Der Alte experimentiert daraufhin mit dem 'viel hilft viel' Prinzip und lenkt ganze Meteoriten Schwärme in das Sonnensystem. Tatsächlich wird der Planet nun hin und wieder von einem Meteoriten getroffen.

      Das reicht aber bei weitem nicht für eine völlige Zerstörung aus. Die meisten komischen Trümmer verglühen sowieso in der Atmosphäre oder prallen von ihr ab und verabschieden sich auf nimmer Wiedersehen.

      ''OK, so funktioniert es überhaupt nicht'', grummelt der Alte, ''Wolke, willst du mal versuchen?''

      ''Nein!''

      ''Wieso nicht?!''

      ''Ich packe grade meinen Koffer. Es geht in den Urlaub!''

      ''Ja klar, hau jetzt einfach ganz entspannt ab und lass mich hier mit dem ganzen Mist alleine!''

      ''Mein lieber Helge. Anstatt deine Zeit mit Zielübungen zu vergeuden, solltest du dich besser mal um meine Wäscherei in Kleve kümmern!''

      ''Ruhig Blut Wolke, bin dabei. Ist in Arbeit!''

      Warum dem Alten bei Galon ständig die Galle überläuft, liegt in dessen evolutionärem Verlauf begründet. Nicht das mit dem Planeten etwas nicht in Ordnung wäre, nein, den hat der Alte wirklich gut hinbekommen. Die kalten Regionen sind auf ihm genau dort, wo eh niemand wohnt und die warmen Gegenden liegen auf Wolkes Anregung hin fast alle, abgesehen von ein paar Wüsten, in den Tropen. Ein Mond, hübsch anzuschauen und in ausreichender Größe zur Stabilisierung der Planetenachse, kreist ebenfalls gemächlich um Galon. In einem Anfall von großzügigem Wahn hat der Alte auch noch eine Neigung der Planetenachse zu dessen Ekliptik eingebaut.

      ''Damit es dort verschiedene Jahreszeiten gibt. Dann merken die Chaoten wenigstens, wenn es Sommer wird und sie ihren Urlaub nehmen können'', erklärt der Alte sein Vorgehen.

      ''Hast du schön hinbekommen Helge! Ich glaube, das schaue ich mir auch mal an.''

      ''Bekommst du eigentlich kein schlechtes Gewissen mich hier ständig alleine zu lassen?!''

      ''Nein. Und übrigens kann Urlaub nur der genießen, wer reinen Herzens ist'', bemerkt seine Schwester.

      ''Ach papperlapapp Wolke, das ist doch Kokolores!''

      Helge ist ständig leicht angesäuert von der Tatsache, dass seine Schwester mit ihren Kolleginnen vom Sternschnuppen-Klub jeden freien Moment nutzt, um 'mal eben' mit Eternity-Airways irgendwo hinzufliegen. Der Alte fühlt sich dadurch massiv übervorteilt, Wolke findet es hingegen große Klasse!

      Abgesehen von diesen unbedeutenden Meinungsunterschieden über Sinn und Zweck von Freizeitgestaltung, ist man sich dennoch über Galons gelungenes Design zweifelsfrei einig.

      Was da jedoch auf seiner Oberfläche so kreucht und fleucht ist jenseits jeglichen Wohlgefallens.

      Es ist auch nicht das 'was' sich dort bewegt, sondern eher das 'wie'.

      Dabei hat der Alte es so gut geplant.

      ''Sportlich und dynamisch sollen sie sein. Belastbar, widerstandsfähig, ausdauernd, zäh und trotzdem elastisch, bescheiden, demütig, aufrecht und ehrlich, gottesfürchtig und im Einklang mit der Natur sollen sie leben'', murmelt der Alte, während er das alles auf seine Agenda schreibt.

      ''Nun hau doch bitte nicht so übertrieben auf die Sahne, Helge. Das werden ja richtige Gutmenschen. Das bekommen die niemals hin'', mahnt Wolke zweifelnd ob all der Tugenden.

      ''Nein nein, die schaffen das schon'', erwidert der Alte überzeugt.

      Für die nächsten Jahrhunderttausende halten sich die Einheimischen auch buchstabengetreu daran. Sie haben eine voluminöse Lunge entwickelt, um die saubere Luft ihres Planeten zu genießen und zwei kräftige Beine ausgebildet auf denen sie sich problemlos von A nach B bewegen können. Eigentlich läuft alles wie am Schnürchen. Dann geschieht jedoch eines Tages etwas Seltsames. Nach einem ausgiebigen Trinkgelage anlässlich einer örtlichen Geburtstagsfeier, legt sich einer der Teilnehmer einfach auf die erstbeste Parkbank, zur kurzen Entspannung, wie er später behauptet.

      Und das ist glatt gelogen!

      Erstens:

      Der Typ braucht keine Entspannung, sondern muss sich ausnüchtern, weil er sturzbetrunken ist!

      Zweitens:

      Es gibt zu dieser Zeit noch gar keine Parks auf Galon!

      Drittens:

      Folglich kann er also auf gar keinen Fall auf einer Parkbank gelegen haben!