Bernd Dombek

Ab dä Fisch


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einfach etwas überstrapaziert. Die Bilsch opfern nun jeden Tag in frommer Verzückung ihre kostbaren Ressourcen. Auch warten sie auf ein erneutes Zeichen des Herrn in Form einer kleinen anerkennenden Ansprache. Fräulein Regula wird von den Dorfbewohnern gebeten noch einmal ihren kleinen Hund zu beschwören. Trotz ihrer Bemühungen in den folgenden Tagen, kommen jedoch keine verwertbaren Informationen aus der kleinen Kreatur heraus. Sie versucht es sogar mit einer besonders leckeren Futterration um dem Tier wenigstens ein paar Worte zu entlocken. Doch 'Pittermann' schweigt und auch eine erneute telepathische Verbindung zu ihrem kleinen Hund kann sie nicht mehr herstellen. Schließlich nimmt man das Schweigen als 'Gottes Wille' hin und beschließt Fräulein Regula und ihren kleinen treuen Begleiter erst einmal nicht weiter zu behelligen. Nichtsdestotrotz wird aber für den Fall einer erneuten Mitteilung des Herrn, zur Sicherheit ein Botendienst eingerichtet. Man will ja schließlich auf dem Laufenden bleiben. Aber es vergeht Jahr um Jahr ohne das sich etwas Außergewöhnliches ereignet. Schließlich segnet 'Pittermann' das Zeitliche und bekommt daraufhin einen Ehrenplatz als 'Der heilig Hörende' im spirituellen Glauben der Bilsch. Als viele Jahre später dann auch Fräulein Regula ihr Dasein quittiert, wird sie posthum und einstimmig zur ersten Prophetin ihres Volkes gekürt. Über diesen Titel hätte sie sich zu Lebzeiten im Diesseits sicherlich sehr gefreut, aber im Jenseits kann man sich dafür einfach nichts kaufen. Letztendlich kommt es wie es kommen muss:

      Die Evolution übernimmt die Kontrolle!

      Die gesamte Population der Bilsch beginnt nun langsam, ja fast unmerklich, zu schrumpfen. Nicht das ihre Anzahl geringer wird, nein, aber im Verlauf einiger Generationen büßen sie ständig mehrere Millimeter ihrer Körpergröße ein. Anfänglich fällt diese Entwicklung auch nicht weiter auf, da sie sich in Zeitlupen Geschwindigkeit abspielt. Als jedoch nach zirka 300 Generationen der Erste aus der Gemeinschaft plötzlich nicht mehr in seine Wohnung hineinkommt, weil er mittlerweile so klein geworden ist, dass sich für ihn das Schlüsselloch nun in schwindelerregender Höhe befindet, da merkt selbst der Blödeste unter ihnen:

      ''Hier stimmt etwas nicht! Unsere Großeltern kamen noch an die Türklinke heran!''

      Anstatt nun über diese Entwicklung nachzudenken und eventuell die richtigen Schlüsse daraus zu folgern, ziehen es die Bilsch vor, nicht darüber nachzudenken. Statt dessen beschließt man im religiösen Wahn, noch mehr kostbare Lebensmittel dem Schöpfer zu opfern.

      ''Irgendwann wird unser Herr wieder alles ins rechte Lot rücken'', hoffen die Bilsch inbrünstig und voller Zuversicht.

      In der Zwischenzeit behilft man sich mit alten Apfelsinen- und Kartoffelkisten. Die werden kurzerhand vor die Eingangstüren gestellt und schon sind Schlüsselloch und Klinke keine Hindernisse mehr. Da es aber aufgrund der sowieso schon knappen Nahrungsmittel Ressourcen nicht genügend Obst- und Gemüsekisten gibt, nimmt man, um in Aufzügen die Knöpfe zu bedienen, der Einfachheit halber alte Kochlöffel. Es wird eh kaum noch etwas gegessen, daher kann auf Besteck und andere Küchenutensilien leicht verzichtet werden.

      Leider will der Augenblick des rechten Lotes einfach nicht kommen.

      Selbst als Wolke bei ihrem Bruder wieder einmal interveniert:

      ''Sag' mal Helge, willst du denen nicht ein bisschen helfen? Irgendwie stecken die in einer Sackgasse!''

      ''Geht nicht Wolke. Im Universum Vertrag steht ganz klar im Kleingedruckten, dass alle Bewohner volle Autorität über ihre Planeten haben. Mir sind sogar dann die Hände gebunden, wenn die ihren Dotz mutwillig im Arsch machen!''

      ''Helge, bitte, achte auf deine Wortwahl!''

      ''Ist ja gut, aber ich hab' einfach keinen Bock mehr mich von einem windigen Rechtsverdreher verklagen zu lassen und dann in feuchten Gerichtssälen meine Zeit zu verplempern. Einmal hat gereicht!''

      Die Bilsch haben von all dem nicht die leiseste Ahnung. Daher ist es auch kein Wunder, dass ihre gesamte Population progressiv weiter schrumpft. Wiederum 300 Generationen später stehen dann letztendlich alle geschlossen auf der Straße. Niemand kommt mehr in seine Bude!

      Das bedeutet im Klartext, dass durch übertriebene Opferbereitschaft zum ersten Mal ein ganzer Planet obdachlos geworden ist. Obendrein kann nun keiner mehr von ihnen sein Klo benutzen.

      Womit sich den Bilsch sofort die Frage stellt: ''Wo machen wir denn jetzt hin?''

      Da es ein sehr pingeliges und reinliches Völkchen ist, behelfen sie sich mit alten Tageszeitungen auf die nun geschissen wird. Das alles geschieht aus einer vom tiefsten Herzen kommenden Liebe zur Natur. Es gilt als Sakrileg guten Mutterboden zu kontaminieren. Proportional zu ihrer schrumpfenden Körpergröße wird im Verlauf der Jahrtausende der Bedarf an Zeitungen natürlich immer geringer. Schließlich kommt der Tag an dem die Bilsch nur noch kleine Papierschnipsel abreißen auf denen sie dann ihr Geschäft platzieren.

      Aus Gründen der Hygiene und der gesellschaftlichen Kommunikation, benutzt man deshalb irgendwann nur noch eine einzige Stelle im Wald als gemeinschaftliche Latrine.

      Plötzlich, eines schönen Tages, verschwindet der erste Bilsch auf dem Weg dorthin!

      Da es sich um ein beliebtes Mitglied der Gemeinschaft handelt, ist die Bestürzung riesig groß. Sofort beginnt man intensiv nach seinem Verbleib zu forschen, doch selbst nach stundenlanger Suche ist keine Spur zu finden.

      ''Er ist wie vom Erdboden verschluckt'', stellen die Ermittler konsterniert fest.

      Sie haben zu diesem Zeitpunkt nicht die leiseste Ahnung wie unglaublich nahe ihre Aussage an der Wahrheit liegt.

      Und dann verschwindet der Zweite!

      Als ein paar Tage darauf auch Nummer Drei und Vier einfach weg sind ohne einen Abschiedsbrief zu hinterlassen oder wieder aufzutauchen, da breitet sich langsam so etwas wie Panik unter den Bilsch aus.

      ''Wir sollten besser unserem Schöpfer noch ein Opfer darbringen, auf das er uns verschone'', lautet die Devise der Hinterlassenen.

      Es ist im Dorf zwar kaum noch etwas übrig das man opfern kann, aber mit einem,

      ''Ich hab' noch 'ne Tüte Müsli zu Hause'',

      macht sich jedoch sofort jemand auf den Weg.

      Als er schließlich zurückkehrt sind alle verschwunden.

      Mutterseelenallein steht er nun auf dem Dorfplatz und fühlt sich zum ersten Mal in seinem Leben so richtig verlassen.

      Er ist zu spät gekommen!

      Mutlos schaut er auf die Tüte Müsli und sein letzter Gedanke ist: ''Hol's doch der Teufel!''

      Genau in diesem Moment öffnet sich urplötzlich der Boden unter ihm, es wird schwarz und er stürzt für eine Ewigkeit ihm unbekannten Gefilden entgegen -

      und dann sitzt er zwar arg derangiert, aber immerhin ohne größere Blessuren wieder im Kreise seines Völkchens!

      ''Hast dir ganz schön Zeit gelassen Alter'', wird er freudig begrüßt.

      Man liegt sich in den Armen und ist heilfroh nun endlich wieder komplett zu sein. Nach einer kurzen Analyse der Situation stellen die Bilsch fest, dass ihre ganze Population durch die Eingangsschächte von Regenwürmern in die Tiefe gerutscht ist.

      Da bekommt der Ausdruck ''Wurmloch'' gleich eine ganz andere Bedeutung!

      Leider ist die Geschichte hier noch nicht zu Ende, denn die Entwicklung, sprich die Schrumpfung, geht weiter. Nach mehreren zig tausenden von Jahren sind die Bilsch dann endlich auf der Ebene von Fadenwürmern und anderem mikroskopisch kleinen Leben angekommen. Auf der Oberfläche des Planeten ist derweil eine andere Spezies entstanden, hat Intelligenz entwickelt und den Ackerbau als eine gute Sache zur Nahrungsversorgung entwickelt. Auch die Nutzhaltung von domestizierten Tieren in sogenannter Stallhaltung wird als probates Mittel praktiziert und trägt maßgeblich zur Versorgung der Bevölkerung bei. Die anfallenden Fäkalien werden schließlich als hervorragender Dünger erkannt. Von da an gibt es kein Halten mehr. Ungebremst und mit wachsender Begeisterung wird nun täglich die Gülle auf die Felder ausgebracht. Bei einer dieser Aktionen wird just die Ackerfläche behandelt, unter der die gesamte Population der Bilsch friedlich